70 Jahre Elektronik: Ein Anlass zum Feiern, aber auch zum Innehalten, denn so wie bisher kann es nicht weitergehen. Diese Erkenntnis setzt sich auch bei mehr und mehr Unternehmen durch.
Runde Geburtstage waren und sind für die Elektronik ein Anlass, zusammen mit Partnern aus der Branche innezuhalten, Fortschritte der Technik zu resümieren und in die Zukunft zu blicken. In guter Tradition hat das in der Jubiläumsausgabe der Elektronik seinen Platz. Die in letzter Zeit immer schneller aufeinanderfolgenden Krisen führen aber dazu, dass wir uns auch mit einigen anderen Themen auseinandersetzen müssen.
Die Corona-Krise hat noch gezeigt, wie gut Internet, elektronische Medien und Geräte dazu beitragen, die Folgen dieser Krise zumindest abzumildern. Auch die Lieferengpässe dürften ein Problem sein, das sich mit der Zeit wieder einspielt. Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine ist Industrie und Gesellschaft aber plötzlich bewusst geworden, was es bedeutet, dass unser Wohlstand von billiger Energie aus Russland, billiger Arbeitskraft aus China und hochsubventionierten Halbleitern aus Taiwan abhängt. Gleichzeitig wächst eine junge Generation heran, die zwar einerseits die Technik in ihr Leben integriert, uns aber auch vor Augen führt, wohin die Folgen des technischen Fortschritts führen. Georg Steinberger skizziert. was ich meine.
Sehe ich das zu schwarz? – Ich glaube, dass sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es nicht länger darum gehen kann, den scheinbar ewigen Kreislauf aus Konsumieren und Entsorgen immer weiter zu beschleunigen. Selbst Larry Fink, CEO von Blackrock und damit einer der mächtigsten Lenker von Investorenkapital auf der Welt, sagt: »Unternehmen müssen sich heute in ganz anderem Maße politischen und gesellschaftlichen Fragen stellen.«
Dieser Druck führt dazu, dass die Industrie ihren Kompass neu ausrichtet. Ging es bisher darum, wie alles immer besser optimiert, schneller, preiswerter werden kann, gewinnen nun andere Prioritäten an Bedeutung: Wie kann meine Produktion zuverlässiger statt billiger werden? Welche Rohstoffe stecken in meinem Produkt und wo kommen diese her? Unter welchen Arbeitsbedingungen entstehen meine Zulieferprodukte? Was passiert mit den Produkten am Ende ihrer Lebenszeit?
Die Elektronikindustrie hat hier noch einige Aufgaben vor sich, ist aber gleichzeitig unverzichtbar zur Lösung der Probleme für die gesamte Industrie. Letztes wird auch aus den Statements des Vorstandsvorsitzenden des VDE, Ansgar Hinz und des Präsidenten des ZVEI, Dr. Gunther Kegel, deutlich.
Angesichts der aktuellen Herausforderungen mag der Eindruck entstehen, dass früher immer alles besser war. Aber mal ehrlich: Gab es je eine Zeit, in der alle Probleme gelöst waren?