Kommentar

Assembly und Test in Europa? Kaum einer wills!

29. September 2023, 9:15 Uhr | Heinz Arnold
Heinz Arnold, stv. Chefredakteur Markt&Technik, HArnold@weka-fachmedien.de
© Componeers GmbH

Die Wertschöpfungskette im Chipsektor besteht nicht nur aus Front-End-Fabs, auch Packaging und Test gehören dazu. Doch solche Werke hier aufbauen? Grundsätzlich wäre das schön – nur höhere Preise bezahlen, das will keiner.

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Gerade mal 9 Prozent beträgt der Anteil der europäischen IC-Fertigung (Front-End) am Weltmarkt. Im Bereich Assembly und Test (Back-End) sieht es sogar noch düsterer aus: Hier liegt der Anteil bei lediglich 3 Prozent. Die USA dürften sogar auf einen noch leicht geringeren Anteil kommen. Das bedeutet: Packaging und Test finden heute fast ausschließlich in Asien statt. Also wäre es angesichts der Erfahrungen aus den Störungen in den Lieferketten über die letzten Jahre und der voranschreitenden Deglobalisierung nur folgerichtig, nicht nur neue Front-End-Fabs sondern auch das Back-End in Europa aufzubauen. Die EU überlegt sich deshalb gerade, ob nicht ein Teil des für den EU Chips Act vorgesehenen Geldes dafür verwendet werden sollte, Back-End-Kapazitäten in Europa aufzubauen. Der Souveränität und Liefersicherheit würde es nutzen.

Doch wer will diese Kapazitäten überhaupt? Wäre es sinnvoll, Steuergelder dafür zu verwenden? Denn eines dürfte klar sein: Assembly und Test in Europa durchzuführen kostet deutlich mehr als auf den Philippinen oder in Malaysia. Es hat ja seinen Grund, warum nicht nur die OSATs (Outsourced Semiconductor-Assembly and Test) dort zu finden sind, sondern auch die IDMs dieser Welt – einschließlich der europäischen.

Wer also die Steuergelder der europäischen Bürger vernünftig ausgeben will, der muss sich fragen, ob der Kapazität eines mit großzügigen Subventionen aufgebauten Back-End-Werks dann auch die entsprechende Nachfrage gegenüberstehen würde. Genau das versucht die EU derzeit zu eruieren und hat dazu »Pack4EU« ins Leben gerufen, die am 30. Juni die Genehmigung bekommen hat und bereits am 1. Juli, also in Rekordzeit, mit dem Projekt starten konnte. Innerhalb des Projekts wird analysiert, was es in Europa gibt, was die Kunden in Europa benötigen – und vor allem, was sie für die Dienstleistungen in Europa zu bezahlen bereit wären. Ein höherer Preis für höhere Versorgungssicherheit?

Wer sich in der Industrie ein wenig umhört, der wird – kaum überraschend – auf wenig Begeisterung unter den Anwendern stoßen. Denn sie müssen mit ihren Produkten auf dem Weltmarkt in Wettbewerb treten, hier zählt nun mal der Preis. Und die Sicherheit der Lieferkette? Die OSATs seien ja über viele asiatischen Länder verteilt und nicht so stark von den geopolitischen Spannungen betroffen. Die Lieferketten würden funktionieren – so heißt es. Sollte also alles beim Alten bleiben: Das Packaging findet überwiegend in Asien statt?


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