Elektromagnetische Verträglichkeit

RS-485-Übertragung vor EMV-Einflüssen schützen

5. Juni 2013, 14:16 Uhr | Von James Scanlon und Koenraad Rutgers
Analog-/Mixed-Signal-Anwendungen
© Analog Devices

In Industrie- und Messtechnik-Anwendungen müssen RS-485-Schnittstellen unter rauen Umgebungsbedingungen mit elektromagnetischen Interferenzen (EMI) arbeiten. Die Einhaltung von EMV-Vorschriften stellt sicher, dass sie in der späteren Installation intakt bleiben.

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Drei Hauptkomponenten gefährden die Datenübertragung: elektrostatische Entladung, schnelle elektrische Spannungstransienten und Überspannung. Drei verschiedene EMV-konforme Lösungen für drei unterschiedliche Kosten-/Schutzklassen zum Schutz von RS-485-Kommunikationsschnittstellen werden im Folgenden gezeigt.

Analog Devices und Bourns haben gemeinsam das erste EMV-konforme RS-485-Schnittstellen-Entwicklungs-Tool realisiert. Dieses bietet Schutzebenen bis zu Level 4 für IEC61000-4-2 ESD, IEC61000-4-4 EFT und IEC61000-4-5 Überspannung. Entwickler erhalten mit dem Tool verschiedene Optionen, um Schutz-Level entsprechend Wirksamkeit und Kostenbudgets zu realisieren. Außerdem können Entwickler beim Einsatz des Tools Projektrisiken in Folge von EMV-Problemen reduzieren, indem sie diese Problematik bereits zu Beginn der Entwicklung berücksichtigen.

Elektromagnetische Verträglichkeit

In praktischen Applikationen können Blitze, Schwankungen der Netzspannung, induktive Schaltvorgänge und elektrostatische Entladung RS-485-Transceiver durch hohe transiente Spannungen beschädigen. Entwickler müssen sicherstellen, dass ihre Geräte nicht nur unter idealen, sondern auch unter realen Bedingungen arbeiten. Um zu gewährleisten, dass diese Schaltungen in elektrisch rauen Umgebungen überleben, haben verschiedene staatliche Einrichtungen und Regulierungsbehörden EMC-Bestimmungen ins Leben gerufen. Durch Konformität zu diesen Vorschriften erhalten Endverbraucher Gewissheit, dass die Schaltungen wie gewünscht unter diesen rauen Umgebungsbedingungen arbeiten.

Die IEC (International Electrotechnical Commission) ist die weltweit führende Organisation, welche internationale Normen für elektrische, elektronische und damit verbundene Technologien vorbereitet und veröffentlicht. Seit 1996 müssen alle elektronischen Geräte, die in der EU verkauft werden, EMV-Level nach der Norm IEC 61000-4-x erfüllen.

In den IEC-61000-Spezifikationen sind die EMV-Immunitätsanforderungen definiert, die für elektrische und elektronische Geräte für den Einsatz im Haushalt sowie in kommerziellen und einfachen Industrie- anwendungen gelten. Die Spezifikationen umfassen drei Typen von Hochvolt-Transienten, die Entwickler beim Entwurf von Datenkommunikationsverbindungen berücksichtigen müssen:

IEC 61000-4-2 Electrostatic Discharge (ESD)
IEC 61000-4-4 Electrical Fast Transients (EFT)
IEC 61000-4-5 Surge Immunity

Jede dieser Spezifikationen definiert eine Testmethode zur Ermittlung der Immunität der Ausrüstung gegenüber dem definierten Phänomen. Es ist zu beachten, dass ein ESD- und ein einfacher EFT-Impuls ähnliche Spannungsverläufe und damit ähnlichen Energieinhalt haben. Überspannungsimpulse jedoch haben um drei bis vier Größenordnungen höhere Energieinhalte als ESD- und EFT-Impulse und sind daher von allen drei Typen am gefährlichsten.

Netzwerke zur Unterdrückung von Transienten auf RS485-Schnittstellen

EMV-Transienten verlaufen über die Zeit mit unterschiedlich hohen Spannungen. Somit lassen sich aufgrund des dynamischen Verhaltens und der Anpassung des dynamischen Verhaltens der Schutzbauteile an die Ein/Ausgangsstufe der zu schützenden Komponente wirksame EMV-Schaltungen realisieren. Datenblätter von Bauteilen enthalten normalerweise nur statische Daten. Diese sind nur von begrenztem Wert, wenn man berücksichtigt, dass die dynamischen Durchbruch- und I/U-Charakteristika sehr stark von den DC-Werten abweichen können. Ein sorgfältiges Design, eine optimale Bausteinauswahl und ein gutes Verständnis des dynamischen Verhaltens der Ein/Ausgangsstufe des zu schützenden Bauteils sowie der Schutzkomponenten sind erforderlich, damit die Schaltung die relevanten EMV-Standards erfüllt.

Drei EMC-konforme ADM3485E-Schaltkreise (vereinfachte Blockschaltung)
Bild 1. Drei EMC-konforme ADM3485E-Schaltkreise (vereinfachte Blockschaltung)
© Analog Devices

Die Schaltungen in Bild 1 zeigen drei verschiedene, komplett EMV-konforme Lösungen. Alle drei Lösungen wurden von einem unabhängigen externen Testhaus zertifiziert. Sie bieten verschiedene Kosten-/Schutz-Klassen für den 3,3-V-RS-485-Transceiver ADM3485E mit optimiertem ESD-Schutz durch externe Schutzbauteile von Bourns.

Die eingesetzten Schutzbauteile sind die Transienten-Unterdrücker CDSOT23-SM712, die „Transient Blocking Unit“ TBU-CA065-200-WH, der Thyristor-Überspannungsschutz TISP4240M3BJR-S und Gasentladungs- röhren (2038-15-SM-RPLF).

Jede der Lösungen wurde charakterisiert, um mit dem dynamischen I/U-Verhalten der Schutzkomponenten die RS-485-Bus-Pins des ADM3485E zu schützen. Es ist das Zusammenspiel zwischen der Ein-/Ausgangsstufe des ADM3485E und den externen Schutzkomponenten, welches den Schutz vor Transienten ermöglicht.

Schutzlösung 1

Aufgrund ähnlicher Energiepegel erfolgt der Schutz vor ESD und EFT auf ähnliche Weise. Zum Schutz vor hohen Überspannungen sind jedoch komplexere Lösungen erforderlich. Die erste hier beschriebene Lösung bietet Schutz bis Level 4 ESD und EFT sowie Level 2 bei Überspannung.

 
ESO (-4-2)  
EFT (-4-4) Überspannung (-4-5)
 Lösung  Level  Spannung  Level Spannung Level  Spannung
1 - TVS 4 8kW/15 kV 4 2 kV 2 1 kV
2 - TVS/TBU/TISP   8kW/15 kV 4 2 kV 4 4 kV
3 - TVS/TBU/GDT
   8kW/15 kV  4 2 kV XL  8 KV

Tabelle. Schutz-Level der drei Lösungen 1,2 und 3.


Diese Lösung nutzt das TVS-Array CDSOT23-SM712 von Bourns. Es besteht aus zwei bidirektionalen TVS-Dioden. Die Tabelle gibt eine Übersicht über die Spannungspegel, die beim Schutz vor ESD, EFT und Überspannungstransienten erreicht werden.

Ein TVS ist ein Siliziumbauteil. Unter normalen Betriebsbedingungen weist ein TVS eine hohe Impedanz gegenüber Masse auf. Der Schutz wird durch Begrenzen der Überspannung einer transienten Spannung an eine bestimmte Spannungsgrenze erreicht.

I/U-Kennlinie des CDSOT23-SM712
Bild 2. I/U-Kennlinie des CDSOT23-SM712.
© Analog Devices

Dies erfolgt durch den Niederimpedanz-Lawinendurchbruch einer PN-Sperrschicht. Sobald eine transiente Spannung erzeugt wird, die höher als die Durchbruchspannung des TVs ist, begrenzt das TVS-Array die transiente Spannung auf einen vorher definierten Pegel, der unterhalb der Durchbruchspannung der Bauteile liegt, die zu schützen sind. Die Transienten werden sofort begrenzt (<1 ns) und der Transientenstrom vom geschützten Bauteil nach Masse abgeleitet.

Es ist unbedingt sicherzustellen, dass diese Durchbruchspannung des TVS außerhalb des normalen Betriebsbereiches an den Pins des zu schützenden Bauteils liegt. Wie Bild 2 zeigt, weist der CDSOT23-SM712 asymmetrische Durchbruchspannungen von +13,3 V und -7,5 V auf, um zum Gleichtaktbereich des RS-485-Transceivers von +12 V bis -7 V zu passen. Deshalb wird ein optimaler Schutz bei Minimierung von Überspannungsbelastungen am Transceiver ADM3485E erreicht.


  1. RS-485-Übertragung vor EMV-Einflüssen schützen
  2. Schutzlösung 2

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