Chinesische Exportbeschränkungen für Seltene Erden zwangen EU-Hersteller zu Innovationen. Sie reduzierten den Materialeinsatz oder fanden Ersatzstoffe, steigerten ihre Wettbewerbsfähigkeit und erzielten höhere Exporte. Laut EPoS-Studie wuchsen Patente um 7,4 Prozent.
Chinesische Exportbeschränkungen bei Seltenen Erden haben Hersteller in der Europäischen Union dazu veranlasst, Produkte neu zu entwickeln, die weniger oder keine dieser Elemente benötigen. Mit solchen technologischen Anpassungen verbesserten die Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit, was sich in steigenden Exportzahlen niederschlug. Chinesische Hersteller, die weiterhin unbeschränkten Zugang zu Seltenen Erden hatten, waren im Vergleich weniger innovativ und verzeichneten ein geringeres Exportwachstum.
Das sind Forschungsergebnisse des EPoS Economic Research Centers der Universitäten Bonn und Mannheim. Die Ökonomen untersuchten die Auswirkungen des Handelskonflikts um Seltene Erden zwischen 2010 und 2015 und veröffentlichen ihre Erkenntnisse im Diskussionspapier »Trade and Industrial Policy in Supply Chains: Directed Technological Change in Rare Earths«.
»In unserem Untersuchungszeitraum beschränkte China die Ausfuhr von Seltenen Erden, die für viele Hightech-Produkte wichtig sind«, sagt Jan Schymik vom EPoS Economic Research Center. »Die Preise für diese chemischen Elemente stiegen darauf in der Spitze um das 45-fache – von dieser Kostenexplosion waren die EU-Hersteller zunächst unmittelbar betroffen. Den Unternehmen gelang es aber, sich an die erschwerten Bedingungen anzupassen und mit der Entwicklung neuer Technologien zu reagieren. Die Autobauer reduzierten beispielsweise den Anteil Seltener Erden in Permanentmagneten oder Katalysatoren. Diese Innovationen halfen dabei, die Nachteile durch gestiegene Rohstoffpreise auszugleichen und teilweise sogar das Branchenwachstum anzukurbeln.«
EU-Hersteller, die ursprünglich stark auf Seltene Erden angewiesen waren, verzeichneten einen Innovationsschub. In der Folge lagen ihre Ausfuhren jährlich um 0,3 Prozentpunkte höher als bei Produzenten, die nicht von den Lieferengpässen betroffen waren. Dagegen konnten chinesische Hersteller, die uneingeschränkt Zugang behielten, ihre Exporte nicht im selben Maße steigern.
Um die Innovationsaktivität zu untersuchen, erstellte das EPoS-Team zunächst eine Übersicht der Nutzung Seltener Erden in Form einer Input-Output-Tabelle und analysierte dann die Patente, die für Optimierungen beim Einsatz Seltener Erden erteilt wurden. »Dabei stellten wir fest, dass die Unternehmen Seltene Erden entweder weniger intensiv nutzten oder Ersatzmaterialien fanden. Die entsprechenden Patentaktivitäten in der EU stiegen um mehr als 7,4 Prozent«, sagt Schymik. Branchen, die vor der Krise die meisten kritischen Elemente verwendet hatten, waren besonders innovativ.
Außerdem erlitt die Gesamtwirtschaft der EU nach Verhängung der Restriktionen keine wesentlichen Einbußen beim realen Bruttoinlandsprodukt (BIP). »Technologischer Fortschritt glich die negativen Folgen weitgehend aus«, sagt Schymik. Ohne innovative Anpassungen wären die Belastungen deutlich größer gewesen, betont der Ökonom.
In ihrer Größenordnung entsprechen die potenziellen Verluste aus seiner Sicht den Vorteilen für das BIP-Wachstum durch ein großes Freihandelsabkommen, wie das aktuell diskutierte Mercosur-Abkommen.
»Technologischer Fortschritt spielt eine zentrale Rolle, um negative Auswirkungen von Ausfuhrrestriktionen für Seltene Erden abzufedern«, sagt Schymik. »Wir stellen fest, dass die betroffenen EU-Unternehmen unterm Strich dadurch wettbewerbsfähiger wurden. Die Politik kann Herstellern helfen, mit Lieferengpässen umzugehen, indem sie ein innovationsfreundliches Umfeld schafft, das sie auf Dauer widerstandsfähiger macht.«