Was ist künstliche Intelligenz überhaupt, wo wird sie eingesetzt, und welche Herausforderungen und Ansätze gibt es beim Testen von KI-Systemen? Der folgende Beitrag gibt Antworten.
Was ruft der Begriff künstliche Intelligenz (KI) an Gefühlen hervor? Für die einen ist eine Zukunft ohne künstlich intelligente Systeme gar nicht mehr vorstellbar. In dieser Welt verhilft die KI dem autonomen Fahren zum Durchbruch, erstellt zuverlässig medizinische Diagnosen und es pflegen autonome Roboter unsere Senioren.
Für viele andere Menschen sind genau dies Horrorvorstellungen von der Zukunft. Sie fürchten sich, dass die KI uns Menschen überflüssig macht, Mil- lionen Arbeitslose verursacht und Macht über uns gewinnt.
Dieser Beitrag nähert sich von einem neutralen Standpunkt dem Thema KI. Zunächst ist KI nicht gut oder böse, sondern einfach nur eine Technologie, mit deren Hilfe man gewisse Fragestellungen lösen kann.
In ISO/IEC 2382:2015 findet sich folgende Definition: »Artificial Intelligence (AI) is a branch of computer science devoted to developing data processing systems that perform functions normally associated with human intelligence, such as reasoning, learning, and self‐improvement.«
Wikipedia liefert folgende Erklärung: »Künstliche Intelligenz ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem maschinellen Lernen befasst.«
Ganz wichtig ist dabei folgende Einschränkung: »Der Begriff ist schwer definierbar, da es bereits an einer genauen Definition von ›Intelligenz‹ mangelt. Dennoch wird er in Forschung und Entwicklung verwendet.«
Weil der Obergriff »künstliche Intelligenz« schon nicht eindeutig definierbar ist, wird es bei weiteren Kategorien noch schwammiger. Zur besseren Orientierung sind in Bild 1 die Begriffe kompakt zusammengefasst.
Starke KI
Eine starke KI kann in ähnlicher Form wie ein Mensch denken. Das würde strategische und emotionale Intelligenz einschließen. Hier kann man klar sagen, dass es solche Systeme heute und in absehbarer Zukunft nicht gibt. Sie regen aber schon seit Jahrzehnten die Fantasie der Menschen an. Dementsprechend gibt es dazu viele Bücher, Filme und entsprechende Grundlagenforschung, aber nicht mehr.
Schwache KI
Alle KI-Systeme, die heute real eingesetzt und konkret entwickelt werden, entsprechen einer schwachen KI. Das bedeutet, dass eine Maschine eine genau festgelegte Aufgabe schneller, besser und effizienter erledigt. Praktisch umgesetzt wird dies mit maschinellem Lernen. Die meisten aktuell im Einsatz befindlichen KI-Systeme beruhen auf maschinellem Lernen. Andere Technologien zur schwachen KI befinden sich noch im Stadium der Forschung.
Wikipedia erklärt maschinelles Lernen wie folgt: »Dies ist ein Oberbegriff für die ›künstliche‹ Generierung von Wissen aus Erfahrung: Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann sie nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Dazu bauen Algorithmen beim maschinellen Lernen ein statistisches Modell auf, das auf Trainingsdaten beruht. Das heißt, es werden nicht einfach die Beispiele auswendig gelernt, sondern Muster und Gesetzmäßigkeiten in den Lerndaten erkannt. So kann das System auch unbekannte Daten beurteilen.«
Innerhalb des maschinellen Lernens unterscheidet man folgende drei Arten:
➔ Überwachtes maschinelles Lernen (Supervised Machine-Learning)
➔ Unüberwachtes maschinelles Lernen (Unsupervised Machine-Learning)
➔ Bestärkendes maschinelles Lernen (Reinforcement-Machine-Learning)
Überwachtes maschinelles Lernen
Bild 2 zeigt die Grundelemente des überwachten Lernens. Ein Modell wird mit bekannten Trainingsdaten so lange trainiert, bis eine akzeptable Qualität der Ergebnisse des KI-Systems erreicht wird. Das Hauptanwendungsgebiet für überwachtes Lernen sind Vorhersagen und Empfehlungen. Beispiele aus dem IT-Software-Bereich sind:
➔ die Vorhersage spezifischen Kundenverhaltens, etwa um einen Kredit zu vergeben
➔ die Prognose, welche Produkte von wem gekauft werden
➔ die Kategorisierung, ob eine Mail eine Spam-Mail ist oder nicht
➔ Online-Leseempfehlungen oder das Einblenden der richtigen Werbung für Internetnutzer
Im Bereich Embedded-Software wird mit dieser Technologie schon vielerorts in der Automobilindustrie experimentiert. Eine qualitativ hochwertige und korrekte Umfelderkennung eines Autos ist ein Schlüsselelement für weitere Schritte in Richtung hochautomatisiertes und autonomes Fahren. Das Ergebnis von überwachtem maschinellem Lernen sind schon heute sehr präzise Vorhersagen für fast endlos viele Anwendungsfälle.
Unüberwachtes maschinelles Lernen
Dieses Verfahren wird hauptsächlich eingesetzt, wenn es darum geht, Daten hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit in Cluster einzuteilen. Verwendet werden unbekannte Daten, und der Algorithmus teilt die Daten eigenständig in eine vorgegebene Anzahl von Clustern ein. Bild 3 illustriert dies.
Körper mit drei Ecken, mit vier Ecken und sonstige werden in Cluster eingeteilt. Die unbekannten Daten werden dann nach diesen Kriterien gruppiert. Konkrete aktuelle Anwendungsfälle im IT-Software-Bereich sind:
➔ Marketing: Ähnliche Kunden werden bestimmten Zielgruppen zugewiesen.
➔ Medizin: Krankheitsbilder werden gruppiert zur Anwendung passender Therapien.
➔ Generische Anwendung in der Bildverarbeitung: Bilder werden in vorgegebene Cluster eingeteilt.
Bestärkendes maschinelles Lernen
Sowohl das überwachte als auch das unüberwachte maschinelle Lernen haben in der Lösung unbekannter komplexer Fragestellungen ihre Grenzen. Die gelernten Zielgrößen sind statisch.
Als Voraussetzung dafür, dass Ma- schinen komplexe, eigenständige Entscheidungen treffen können, wird vermutlich das bestärkende maschinelle Lernen eher ein Lösungsansatz sein. Beim bestärkenden maschinellen Lernen werden die Ergebnisse eines Algorithmus über eine in der Praxis komplexe Bewertungsmatrix zurückgemeldet.
In einer neuen Situation greift dann der Algorithmus bei der Entscheidungs-findung auf die Erfahrung aus der vorgehenden Aktion zurück. Über mehrere Anwendungszyklen hinweg lassen sich somit die Entscheidungen verbessern bzw. auch fundierte Entscheidungen für zunächst unbekannte Szenarien treffen. Bild 4 zeigt schematisch den Aufbau für bestärkendes maschinelles Lernen.
Das wohl bekannteste Anwendungsbeispiel dafür ist Googles KI-Algorithmus, der gegen die besten Go-Spieler gewonnen hat. Allerdings ist anzumerken, dass bestärkendes maschinelles Lernen außerhalb des Spielesektors kaum echte Anwendung findet, die über die Implementierung klassischer Regelalgorithmen hinausgeht.