Wie können System-on-Modules Skalierbarkeit und Investitionssicherheit ermöglichen und gleichzeitig alle Features komplexer Embedded-Prozessoren nutzen? Als Antwort auf diese Frage präsentiert Phytec auf der embedded world erstmals den Modulstandard FPSC.
Embedded-Systeme sind perfekt angepasst an ihre jeweiligen Anwendungen: Sie kombinieren die benötigte Rechenleistung, Schnittstellen und Funktionen auf einer kleinstmöglichen Elektronik und verzichten auf überschüssige Leistung und Bauteile. Das ermöglicht eine flexible Integration, reduziert Leistungsaufnahme und Wärmeentwicklung. Geringe Serienkosten, hohe Robustheit und Zuverlässigkeit sind weitere Vorteile für den Einsatz in der Industrie. Über diese Eigenschaften hinaus müssen Embedded-Systeme für professionelle Anwendungen oft über viele Jahre hinweg verfügbar sein.
In der Vergangenheit war damit in erster Linie gemeint, dass Embedded-Komponenten einmal entwickelt und dann so lange wie möglich unverändert produziert werden sollen. Das gilt nach wie vor, insbesondere in Branchen wie der Medizintechnik, wo jede Änderung eines Bauteils aufwendige und teure Rezertifizierungen nach sich ziehen kann. Parallel dazu sind die Entwicklungszyklen vieler Produkte in der Industrie heute aber deutlich kürzer als früher – dem Trend der Consumer-Elektronik folgend. Einen Marktvorteil verschafft sich, wer neue Funktionen schneller in die nächste Produktgeneration integriert und den Lebenszyklus durch Upgrades und Produktvarianten verlängert. Langlebigkeit heißt dann, dass eine einmalige Entwicklung mit möglichst geringem Aufwand gepflegt und weiterentwickelt werden kann. Beiden Aspekten von Langzeitverfügbarkeit trägt Phytec mit dem neuen Standard für Lötmodule FPSC – Future Proof Solder Core – Rechnung.
Der von Phytec patentierte Standard basiert auf festgelegten Feature-Sets für Prozessoren mit ähnlichen Eigenschaften. Entsprechende Feature-Sets werden für eine Reihe an Prozessoren – auch von unterschiedlichen Herstellern – definiert, und neue Prozessoren jeweils integriert, sofern sie in weiten Teilen zur ursprünglichen Definition passen. (Bild 1)
Das Feature-Set findet sich auf den System-on-Modules (SoMs) in Form eines besonderen Pinouts wieder, das in drei Zonen eingeteilt ist:
Im Ergebnis schafft Phytec so eine Standardisierung mit umfassender Kompatibilität, auch für sehr komplexe Prozessoren wie den i.MX 8M Plus und den i.MX 95 von NXP Semiconductors. Gleichzeitig ermöglicht FPSC, alle Features eines Prozessors am Footprint verfügbar zu machen. Das ist insbesondere für Embedded-Anwendungen wichtig, weil sich die Prozessoren der verschiedenen Hersteller und Produktserien gerade durch spezielle Features und Eigenschaften unterscheiden. Diese Funktionen nutzbar zu machen trägt entscheidend zur eingangs beschriebenen idealen Anpassung an die End-Applikation bei. Unternehmen können beim Design Ihres Carrier Boards wählen, welche Zone des Footprints sie nutzen. Bei der Beschränkung auf die innerste Zone erreichen sie eine maximale Langzeitverfügbarkeit ohne Änderungen an der Basisplatine, selbst wenn ein Prozessor einmal nicht verfügbar sein sollte. Bei einem Wechsel der Prozessorfamilie ist dann maximal eine Stücklistenanpassung erforderlich. Unter Ausnutzen aller Zonen werden dagegen alle Prozessorfeature unterstützt. Für ein Upgrade oder eine Produktvariante sind, wenn man sich auf »Preferred Signals« beschränkt, die Signale in jedem Fall elektrisch kompatibel.
Gängige Standards sind im Gegensatz zu FPSC oft auf Features beschränkt, die als kleinster gemeinsamer Nenner von allen Prozessoren unterstützt werden. Das mag im x86-Bereich mit weitgehender Standardisierung der Schnittstellen und Feature durchaus funktionieren – im Embedded-Bereich werden die Prozessoren dadurch aber oftmals um genau die Funktionen beschnitten, die sie für eine bestimmte Anwendung auszeichnen. FPSC schafft hier eine Brücke und bietet weitgehende Standardisierung, mit der Option, besondere Prozessor-Features und Innovationen einfach und kostengünstig in Upgrades und Produktvarianten zu integrieren. Gleichzeitig haben Kunden, die keine Standardisierung benötigen, mit den FPSC-Modulen keinerlei Nachteile; de Facto sind die neuen »phyCORE«-Module, die alle Prozessorfeatures unterstützen, schlicht gemäß FPSC-Standard kompatibel. Sie profitieren darüber hinaus von der verbesserten Löttechnik und Robustheit des neuen Footprints.
Auf der embedded world zeigt Phytec die ersten beiden Module gemäß dem Standard FPSC 24A.0. Die System-on-Modules »phyCORE-i.MX 95« und »phyCORE-i.MX 8M Plus« teilen sich ein Feature-Set und sind der Beweis für die einfache Skalierbarkeit der Prozessorleistung. Das FPSC-Feature-Set-24A.0 zeichnet sich aus durch sein kompaktes Format, mit dem, bei Beschränkung auf Must-have-Signale, Modulgrößen von lediglich 27 mm x 30 mm sowie bei Ausnutzung aller Zonen von 41 mm x 44 mm möglich sind.
Dennoch wurde das Design der FPSC-Module im Hinblick auf optimale Verarbeitbarkeit und hochfeste Lötverbindungen optimiert: Hierzu verfügen die Module an den Ecken über Flächen für die Lötverbindung, die durch ihre Geometrie eine maximale Robustheit und Kraftverteilung gewährleisten. Die Aufteilung in konzentrische Zonen ermöglicht bei Bedarf auch größere Module für künftige Prozessoren, die dennoch dieselben Must-have-Signale bieten. Prüfungen auf Schwingungen und Schock gemäß Normenreihe EN 60068-2 bestätigen die hohe Festigkeit der Lötverbindung, die andere Lötmodul-Standards übertrifft. Die Pins der SoMs werden mittels Fused Tin Grid Array (FTGA)-Technik verlötet. Das Verfahren eignet sich ideal für die Verbindung zweier PCBs, auch bei Abweichungen in der Koplanarität der Platinen. Mit beidseitigen Lötzinn-Reservoirs vereinfacht Phytec die Verarbeitbarkeit und minimiert das Risiko fehlerhafter Lötstellen.
Die Entwicklung des FPSC-Standards wurde neben der einfachen Verarbeitbarkeit für die Serienproduktion und der Festigkeit der Board-to-Board-Verbindung auch im Hinblick auf ein möglichst einfaches Design der Basisplatine optimiert. Hierzu liegen die einzelnen Pins zueinander versetzt. Zudem wurden die Größe der Pads und ihr Abstand so gewählt, dass jeweils zwei Signalleitungen zwischen den Pads mit Line/Space 120 hindurchgeführt werden können. Dies und das auf das Routing optimierte Pinout ermöglichen die Verwendung von Basisplatinen mit lediglich sechs Lagen. Außerdem können gebohrte Vias statt gelaserter Vias verwendet werden. Beides sorgt für eine deutliche Preisersparnis von rund 50 bis 70 Prozent für das PCB. Gleichzeitig reduziert sich hierdurch der Aufwand für das Layout des Carrier Boards, das Routing wird vereinfacht und die Signalqualität verbessert, weil weniger Lagenwechsel der Signalleitungen erforderlich sind.
Mit dem Standard FPSC (Patent pending) schafft Phytec eine Basis für skalierbare SoMs für Prozessoren mit gleichem Feature-Set bei unterschiedlicher Rechenleistung. Das ermöglicht Produktserien mit abgestuftem Funktionsumfang, basierend auf einer gemeinsamen Basisplatine. So lassen sich zum Beispiel Varianten mit oder ohne Nutzung einer KI-Einheit realisieren. Im Lebenszyklus eines Produkts können neue Varianten und Upgrades schnell und einfach auf den Markt gebracht werden. Diese profitieren dann beispielsweise von der höheren Rechenleistung eines neuen Prozessors. Außerdem können Entwickler mit geringem Aufwand bis dato nicht bekannte oder nicht verwendete Prozessor-Features integrieren. In der Summe führt das zu einer Verlängerung des Produkt-Lebenszyklus, reduziert den Aufwand für Produktpflege und Weiterentwicklung und ermöglicht die Integration innovativer Funktionen.