Der Hot Spot der Fälschungen ist nach wie vor Asien mit Schwerpunkt China, wie nach Aussage von Wagner zum Beispiel in Shenzen deutlich zu sehen ist: »Dort gibt es ein Kaufhaus, in dem man Fälschungen ganz offiziell kaufen kann; und das sogar mit polizeilicher Unterstützung. Die Behörden sichern zu, dass das rechtlich alles völlig in Ordnung ist. Das ist ein lukratives Geschäft, und hier spielt auch die chinesische Mentalität eine große Rolle, dass Fälschungen als ehrwürdig gesehen werden, ganz nach dem Motto „Seien Sie stolz darauf, dass wir Ihr Bauteil fälschen“.«
Gib es im COG-Leitfaden auch eine Forderung an die Hersteller? »Der Wuncsh wäre, dass die Hersteller ihre Fabs und was dort passiert besser, im Griff haben. Auch den Bauteile-Müll muss ordentlich entsorgt werden, sonst landet er wieder in der Kette«, antwortet Zeiss. Jede Bauteile-Fab produziert auch Ausschussware, das liegt in der Natur der Sache. Allerdings kümmert sich nicht jeder Hersteller um eine ordnungsgemäße Entsorgung, sprich eine Vernichtung der schlechten Ware. Das wiederum kann dazu führen, dass solche Ware vor allem in Fernost über graue Kanäle vom Fabrik-Müll wieder der Lieferkette zugeführt wird, z.B. über Fabrikmitarbeiter, die dadurch ihr schlechtes Gehalt aufbessern. Vorbildlich in dieser Hinsicht agiert zum Beispiel Infineon. Dort gibt es ein umfassendes Scrapping-Konzept für Ausschussware oder alte Produkte: Dabei werden die Bauteile bei eigens auditierten Dienstleistern zermahlen oder verbrannt, so dass eine „Re-Aktivierung“ unmöglich ist.
Auch Würth Elektronik eiSos hat Konsequenzen gezogen, die das Fälschungsproblem an der Wurzel packen sollen: Es gab bislang für Fernost eine Freigabe, dass Versand-Etiketten für die Bauteile vor Ort bei einem Lieferanten gekauft werden konnten. »Das werden wir in Zukunft zentral steuern«, betont Wagner „Wir werden unsere Warenetiketten in Zukunft mit einer fälschungssicheren Information kennzeichnen und nur restriktiv zur Verfügung stellen.« Der Grund für diese Maßnahme waren quasi »hervorragend gefälschte Etiketten«, die nur kleine Fehler hatten: Der 2D Code ließ sich nicht auslesen, und im Schriftzug von Würth haben die Punkte auf dem Ü gefehlt. »Vom äußeren Erscheinungsbild war die Fälschung aber exzellent«, gibt Wagner zu bedenken. »Wir arbeiten in Asien auch mit den Zollbehörden vor Ort enger zusammen, indem wir ihnen Erkennungsmerkmale zur Verfügung stellen und sie schulen.“
Sehr interessant ist auch eine neuartige Methode, die vergleichbar ist mit einem genetishcen Fingerabdruck: »Wir arbeiten für einen Gerätehersteller, der mit einem sehr hoch auflösenden Spektrometer die optische Signatur ausliest. Die Fälschungssicherheit erfolgt auf molekularer Ebene im Kunststoffgranulat oder in der Glasschmelze«, berichtet Ralf Hasler, Geschäftsführer und Gesellschafter der Lacon Gruppe. Für die Erkennung der optischen Signatur ist nur ein kleines Handgerät erforderlich.