Abkündigungen forcieren Plagiate

»Seien Sie stolz, dass wir Ihr Bauteil fälschen«

4. November 2014, 8:34 Uhr | Karin Zühlke
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Einige Hersteller ziehen sich aus der Affäre

Selbst der eine oder andere Hersteller tut sich laut Zeiss schwer damit, Produkte eindeutig als Original oder Fälschung zu identifizieren: »Das geht so weit, dass Hersteller ihre Produkte nicht  erkennen oder der Hersteller für ein Bauteil, das älter als 10 Jahre ist, keine Informationen mehr zur Verfügung hat. Nur für besondere Bereiche, wie dem Automotive-Segment, gibt es eine deutlich längere Aufbewahrungspflicht. Nach den Worten von Zeiss komme es auch manchmal vor, dass ein Hersteller postuliert, dass alle Bauteile, die nicht über die autorisierte Distribution laufen, per se als Fälschung zu betrachten seien.

Aber auch für Ware aus so genannten autorisierten Quellen ist es oft nicht einfach, eine Aussage vom Hersteller zu bekommen. Detaillierte Informationen und konkrete Aussagen, ob beispielsweise ein Date Code gefälscht ist, sind oft Fehlanzeige. Viele Hersteller reagieren laut Aussagen der Diskussionsteilnehmer erst gar nicht auf solche Anfragen und wälzen das Risiko damit in der Lieferkette ab.

Würth eiSos zählt hier zu den positiven Beispielen. Nach Auskunft von Axel Wagner, Leiter Consulting Legal & Compliance von Würth Elektronik eiSos, wird Anfragen und Fälschungsverdachten sehr wohl nachgegangen: »Wir stellen anhand des Date Codes fest, ob wir die Ware gefertigt haben. Wenn nicht, dann müssen wir die Ware beim Kunden beschlagnahmen. Das tut ihm natürlich finanziell weh, aber markenrechtlich habe ich als Hersteller das Recht dazu. Anschließend gehen wir in die Analyse in Fernost, um zu sehen, wo die Ware herkommt.«

Ähnlich akribisch geht auch Semikron vor. Als Modulhersteller ist das Unternehmen auf beiden Seiten der Lieferkette mit den Herausforderungen konfrontiert, die gefälschte Ware mit sich bringt. Die Nachbauten der eigenen Produkte tauchen laut Frank Nolte, Einkaufsleiter von Semikron, mit ähnlichen oder gleichen Logos auf, und eine in Allokationszeiten beliebte Methode ist es, Bauteile aufzuwerten, also zum Beispiel auf einem 200-A-Modul die Beschriftung zu ändern. »Hier ist die Seriennummer – der Data Matrix Code - das wichtige Indiz für uns. Anhand dessen können wir feststellen, was manipuliert wurde, und können den ersten Kunden in der Supply Chain herausfinden.« Auf Lieferantenseite sieht Nolte das Problem vor allem in Engpasszeiten: »In solchen Zeiten wird alles gefälscht: vom Kupferdraht, dem mehr Eisen beigemischt ist, bis hin zu Kunststoffen oder passiven Bauteilen. Eine beliebte Methode bei passiven Bauelementen ist es, die Werte der Widerstände zu verändern, also zum Beispiel von einem 0,1-Prozenter auf einen 1-Prozenter.  

Insgesamt aber werden nach Auskunft der Diskussionsteilnehmer aktive Bauteile am häufigsten gefälscht. Das Problem ist, dass die passiven Bauteile nicht die große Aufmerksamkeit genießen. »Im IC-Bereich schaut man meist viel genauer hin, im passiven Bereich sind Fälschungen zudem schwerer festzustellen«, so Ankel Bartel, Kundenteamleiterin von BMK.  

Wer genauer wissen möchte welche Bauteile wie oft gefälscht werden, kann das mit Hilfe einer Datenbank wie SiliconExpert in Erfahrung bringen: »Wir haben einen prozentuellen Indikator, wie hoch die Fälschungswahrscheinlichkeit beim Wareneingang ist. Wir stellen in diesem Kontext über drei Ebenen eine Übersicht über bisher wahrgenommene Fälschungsberichte her. Hier fließen alle Herstellungsberichte zu diesem Hersteller, die Materialnunmer und die Produktkategorie ein. Aus Teilenummer, Hersteller, Kategorie, errechnen wir einen Wert«, beschreibt Oliver Hoffmann, Sales Director DACH von SiliconExpert. Für den Wareneingang gibt es im Fälschungsbericht außerdem die Information, welche Fälschungsmethode für welches Produkt verwendet wurde und wie das von wem wann nachgeprüft worden ist. »Dieses Vorgehen kann man dann verhältnismäßig leicht adaptieren.« Einen statistischen Anstieg sieht Hoffmann ab Last Time Buy eines Produktes, was die vorherrschende Meinug untermauert, wann Fälschungen verstärkt auftreten. 


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