Tiefe Einblicke in die reale Fertigung können die Besucher der SMTconnect auch dieses Jahr auf der Future Packaging Line des Fraunhofer IZM Berlin nehmen. Der Fokus liegt auf dem reibungslosem Zusammenspiel der Maschinen während der Produktion und den neusten Technologien, die dafür maßgeblich sind.
Fast jeder von uns kennt die Szene aus dem Film »Karate Kid«, in der Mr. Miyagi seinem Schüler die Bewegungen für das Auftragen mit der rechten Hand und das Polieren mit der linken Hand zeigt. Sein wichtiger Tipp dabei: »Atmen nicht vergessen.« Und was hat das nun mit der »Future Packaging«-Linie zu tun? Ganz einfach: Aus der Kontinuität der Ausführung der Bewegung erwächst die Perfektion und zusätzlich auch die innere Versenkung und Fokussierung auf die gerade ausgeführte Tätigkeit. In Zeiten ständiger Ablenkungen durch »Multichannel«-Erreichbarkeit und einer daraus resultierenden herabgesetzten Aufmerksamkeitsspanne ist dieser Zustand wahrlich eine Seltenheit geworden.
Seit 1997 gibt es die »Future Packaging«-Linie. Auch wenn sich der Name der Messe immer wieder wandelte, um dem veränderten Aussteller- und Besucherverhalten und den sich wandelnden Schwerpunktthemen Rechnung zu tragen – die Linie blieb der Fixpunkt. Um über einen so langen Zeitraum kontinuierlich auf der Höhe der Zeit zu bleiben und jedes Jahr immer wieder in neuen Konstellationen die einzige echte Produktionslinie auf der SMTconnect mit Geräten von verschiedenen Herstellern innerhalb von drei Tagen ab Anlieferung zum Laufen zu bringen, braucht es eben die oben beschriebene Konzentration auf das Wesentliche und die thematische Fokussierung.
Es gibt keinen Stillstand, denn nach der Messe ist auch wieder vor der Messe. Alles, was in der Vorbereitung und während der Messe als verbesserungswürdig aufgefallen ist, wird aufgearbeitet und das generierte Wissen und Gelernte direkt elektronisch abgelegt. Denn auch das Team der Future Packaging Line ist Veränderungen unterworfen, und auch bei den Ausstellern wechseln ab und an Mitarbeiter und Ansprechpartner. So müssen jedes Jahr verschiedene interne Wissensstände zur Durchführung unter einen Hut gebracht werden und zudem auch sich stetig wandelnde Anmelde- und Buchungsprozedere der Messeorganisatoren mit allen Akteuren besprochen und das gewonnene Wissen über die Handhabung im gesamten Team verstetigt werden.
Allein diese Aufgabe bedarf manchmal schon in viel kleineren Projektteams eines externen Beraterstamms für das »Change-Management«. Es sind aber nicht nur die organisatorischen Angelegenheiten der zu bespielenden Flächen, Werbung, Anlieferung, Catering, Ausstellerausweise, Besuchereinladungen, Deadlines für den Standbau zu beachten. Nein, der Fokus liegt ja insbesondere auf den gezeigten Maschinen und deren reibungslosem Zusammenspiel während der Produktion in der Future-Packaging-Linie. Die Organisatoren versuchen, an vielen Stellen alle derzeitig möglichen Technologien zu präsentieren, um den Besuchern den bestmöglichen Überblick über den Stand der Technik und die aktuell interessantesten Entwicklungstendenzen zu liefern.
Auf der SMTconnect 2024 will sich der Gemeinschaftsstand »Future Packaging«, organisiert durch das Fraunhofer IZM Berlin, inhaltlich der Aufgabe der Automatisierung und Digitalisierung für robuste Prozesse und Technologien widmen. Die meisten Prozess- und Arbeitsschritte sind wohl definiert und liegen auch gut dokumentiert vor. Nur, an welchen Stellschrauben lassen sich die Toleranzgrenzen gegenüber Schwankungen und Störungen so weit verbessern, um dem Ziel der Null-Fehler-Produktion bei höchster Qualität und höchstem Durchsatz stetig ein Stück näher zu kommen? Vor nicht allzu langer Zeit hieß das Allheilmittel Big Data. Ab jetzt wird es die künstliche oder artifizielle Intelligenz (meist würde schon eine Prise natürlicher reichen) sein, die der Meinungskanon für die nähere Zukunft als Trendthema in Stein meißelte. Gemäß unserem eigenen Anspruch will das Team aber die Sprache der Besucher sprechen, ihre echten Bedürfnisse herausfinden und auch alltäglichen Fragen versuchen zu klären.
Grenzenlose Automatisierungstechnologien – Basis der Maschinenverkettung
Maschinen von zwölf verschiedenen Herstellern wurden 2024 in der Linie aufgenommen. Für die grundlegende Verkettung aller Maschinen und die Beschickung des Eingangs mit AGV ist der Partner IPTE verantwortlich. Doch nicht nur Transport- und Speichermodule aller denkbaren Konfigurationen sind Teil ihres Portfolios, IPTE strebt ständig danach, die Grenzen der Automatisierungstechnologie zu erweitern, um ihren Kunden modernste Möglichkeiten zu bieten. Aufgrund der Nachfrage ihrer Kunden hat IPTE ab sofort auch Siemens-Komponenten in ihre Automatisierungsprodukte integriert. Bereits auf dem Markt erhältlich sind beispielsweise die Testhandler (MFT & ETH) und die Easyline-Ausrüstung. Diese Geräte sind das Ergebnis umfangreicher Forschung und Entwicklung und bieten nahtlose Integration sowie erstklassige Leistung. Da Flexibilität und Auswahl für die Anwender entscheidend sind, bietet IPTE neben ihren Siemens-integrierten Produkten weiterhin Systeme mit anderen Marken an. Dies gewährleistet, dass die Kunden die Freiheit haben, die Lösung auszuwählen, die ihren Anforderungen und Vorlieben am besten entspricht.
Fast am Anfang steht die Kontaktreinigungstechnologie …
A propos Freiheit: Natürlich sollte der einlaufende Schaltungsträger auch frei von Verunreinigungen und sonstigen Kontaminationen sein. Der IZM-Partner Teknek bietet genau hierfür Lösungen zur Verringerung von Fremdkörpern im SMT- und PCBA-Sektor durch die Integration der Kontaktreinigungstechnologie am Anfang der Fertigungslinie. Weil die Industrie mit immer komplexeren und kompakteren elektronischen Geräten und einer immer weiter greifenden Miniaturisierung konfrontiert ist, wird stetig nach innovativen Lösungen gesucht, um die mit Fremdpartikeln verbundenen Herausforderungen zu entschärfen und zuverlässige Produktionsprozesse zu gewährleisten. Der Teknek-Platinenreiniger setzt präzise Kontaktmethoden ein, um mikroskopisch kleine Verunreinigungen von blanken Platinen nach dem Einlauf in die Linie, nach der Lasermarkierung und vor dem Lotpastendruck zu entfernen, um optimale Sauberkeit zu gewährleisten und Probleme zu verhindern. Diese Plattenreiniger verwenden innovative Kontaktreinigungswalzen, die effektiv Partikel von Oberflächen erfassen und entfernen, ohne Rückstände zu hinterlassen oder empfindliche Komponenten zu beschädigen.
… doch zuvor kommen noch die Etiketten
Vor der produktionsvorbereitenden Reinigung werden die Leiterplatten aber zuerst mit Etiketten versehen. Hierfür ist Brady mit dem A8500-FlexCell-Etiketten-Druckapplikator verantwortlich.
Mehrere Etiketten können innerhalb von 3 Sekunden bedruckt und an jeder beliebigen Stelle mit einer Genauigkeit von 100 µm appliziert werden. Die etikettierte und saubere Leiterplatte läuft dann in den Schablonendruckprozess ein.
Für rund 60 Prozent der Fehler in der Produktion ist immer noch der Bereich Pastendruck und die Paste verantwortlich. Wie diese Fehler erheblich minimiert werden können, zeigt die Future-Packaging-Linie durch das Zusammenspiel des Drucksystems Serio 5000 von Ekra und der Lotpasten von Solder Chemistry.
Hochflexible Bestückung mit hohem Durchsatz
Ein wichtiger Punkt ist die Bestückung. In der Smart Factory von Fuji ist Automatisierung zur Befreiung von manuellen Bedienaufgaben sowie zur Vereinfachung und Beschleunigung von Prozessen das übergeordnete Ziel. Dies trägt auch zur Flexibilisierung der SMT-Fertigung bei. Diese Aufgabenstellungen unterstützen die neuen RH-Bestückköpfe, die Fuji auf der Messe vorstellt. Sie bieten unter anderem die Möglichkeit, die Überfahrhöhe der Bestückköpfe mithilfe einer sogenannten Sub-Z-Achse anzupassen. Mithilfe des Kontaktsensors am Kopf wird geprüft, ob das Teil die Leiterkarte berührt hat. Diese neuen RH-Bestückungsköpfe spielen mit der R-Maschinenreihe (NXTR-A/-S sowie AIMEXR) zusammen. Durch die Kombination eines neu entwickelten 2RV-Moduls mit RH28-Köpfen, W08t-Zuführungen und MFU-63-Zuführungswagen liefert die NXTR einen Durchsatz von 120.000 Bt/h (auf 795 mm Modullänge). Dies ist eine Verbesserung von 39 Prozent im Vergleich zum Bestückungsautomaten NXT III.
Jeweils nach dem Pastendruck, der Bestückung und dem Reflow erfolgen natürlich weitere Inspektionsschritte. SPI, AOI und AXI werden durch ATEcare gewährleistet, die seit Jahren als Vertriebspartner von Omron die jeweils aktuellsten Geräte für die jeweiligen Szenarien in der Linie ausstellen.
Für den Bereich Underfill von Bauelementen ist Nordson Asymtek mit der schnellen und präzisen Vantage-Flüssigkeitsdosierplattform mit dem IntelliJet-Spritzsystem, das den Underfill aufträgt, vertreten. Die Plattform wurde für High-End-Halbleiterverpackungen und Mikroelektronikmontage entwickelt und kann, wenn sie mit zwei IntelliJet-Ventilen konfiguriert wird, in Lücken von weniger als 200 µm und bis zu 90.000 Punkte pro Stunde applizieren.
Prüfzelle für In-Circuit-, Funktions- und Endtests sowie Flashing
Natürlich müssen die gefertigten Baugruppen auch getestet werden. Die Prüfung von Leiterplatten in der Halbleiterindustrie erfordert präzise Prüfzellen, die eine zuverlässige Durchführung verschiedener Tests ermöglichen. Der Engmatec-Testhandler ETH ist dafür ein leistungsstarkes und hochflexibles Gerät. Die robuste und universelle Prüfzelle wurde speziell für In-Circuit-, Funktions- und Endtests sowie das Programmieren von Controllern (Flashing) in der Halbleiterindustrie entwickelt und bietet eine Vielzahl von Merkmalen und Optionen, die den Anforderungen der modernen Fertigung gerecht werden. Die Testhandler sind als Standalone-Anlagen oder integriert in Montage- und Testlinien einsetzbar und werden über Schnittstellen an übergeordnete Datensysteme wie MES oder ITAC angebunden.
Nutzentrennung mit Cobot-Unterstützung
Der letzte Arbeitsschritt in der Linie ist das Nutzentrennen. Mit dem CuttingMaster Cx stellt LPKF ein kompaktes, kosteneffizientes und flexibel automatisierbares Lasersystem zum Nutzentrennen von PCBs vor. Es kann optional mit einem Cobot vollständig automatisiert werden. Bezüglich Performance und Qualität ist das Laser-Nutzentrennen vielen anderen Verfahren weit überlegen: Es arbeitet berührungslos und staubfrei, trennt Stege oder beliebige Konturen und benötigt nur minimale Schnittkanäle.
Die neue Variante ist insbesondere für High-Volume-Anwendungen von starren Leiterplatten optimiert. Am Ein- und Ausgang kann ein optionaler Roboterarm, zum Beispiel als Cobot, das Entladen der separierten PCBs übernehmen und neue Nutzen zur Bearbeitung einlegen. Der LPKF CuttingMaster 2000 Cx ist dank SMEMA- und einer optionalen OPC-UA-Schnittstelle auch für die Zusammenarbeit mit anderen Automatisierungskomponenten und die Integration in eine Produktionslinie gut vorbereitet. Dank der kosteneffizienten Automatisierung wird das Laser-Nutzentrennen noch attraktiver und reduziert die manuellen Eingriffe. Die speziell entwickelte Systemsoftware LPKF CircuitPro bereitet die Produktionsdaten so auf, dass optimale Prozesszeiten und Prozessqualität die Anforderungen erfüllen.
Die hier genannten Maschinen und Geräte können nur einen ganz kleinen Ausblick geben. Das gesamte Portfolio ist um ein Mehrfaches größer und hält für jeden Besucher interessante Aspekte bereit. Ein Besuch lohnt sich also für jeden! Die Linienführungen finden täglich um 10, 13 und 15 Uhr statt. (ha)
Future Packaging Line, Halle 4, Stand 305
Die Aussteller 2024