Verkabelungssystem für die Industrie

Mit Köpfchen durch die Wand

24. August 2018, 11:44 Uhr | nach Unterlagen der Firma Harting

Harting erweiterte im Frühjahr 2018 sein Verkabelungssystem preLink. Neu hinzu kamen M12-Kabelbuchsen, die auch als Wanddurchführung zu nutzen sind, sowie eine Leiterplattenbuchse, die den Abschlussblock – das Herzstück des preLink-Systems – ­aufnehmen kann.

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Das Besondere am Funktionsprinzip des preLink-Systems ist die am Markt einmalige Trennung der bisher festen und unlösbaren Verbindung von Kabel und Steckverbinder in zwei getrennte Einheiten. Wo bisher Crimpkontakte oder Schneidklemmen einmalig verbunden werden konnten, ist preLink in zwei trennbare Einheiten geteilt. Die erste Einheit bilden Steckverbinder, Buchsen, Kupplungen und Leiterplattenanschlüsse, die über eine identische Aufnahme für den preLink Abschlussblock verfügen.

Dieser Abschlussblock (Bild 1, alle Bilder des Artikels in der Bildergalerie am Ende des Beitrags) bildet die zweite Einheit und das Herzstück des Systems. Er kann bis zu acht Litzen- oder Massivleiter aufnehmen, die mit der passenden Zange in nur einem einzigen Arbeitsgang gleichzeitig gekürzt und kontaktiert werden. Ein auf diese Weise absolut prozesssicher und vor Ort konfektioniertes Kabel passt nun in jedes preLink-Bauteil und kann dort jederzeit eingesetzt oder wieder herausgenommen und gewechselt werden. So können Kabel und Steckverbinder unabhängig voneinander getauscht oder nach Belieben getrennt verbaut werden.

Dies ist besonders angenehm, wenn man die Verkabelung mit fertig konfektionierten Kabeln durchführen kann. Die Datenkabel mit dem angeschlossenen preLink-Abschlussblock (Bild 2) passen dabei auch durch engste Räume und können nach dem Verlegen in Sekunden angeschlossen werden. Eine enorme Erleichterung und Zeitersparnis. Zudem können verschlissene Kabel an bewegten Geräten unabhängig und schnell vom jeweils benötigten Steckverbinder gewechselt werden, was
den Wartungsaufwand und damit die Betriebskosten senkt.

Ein großer Bonus dieser Technik ist die im Gegensatz zum Crimpen und zur Schneidklemme einfache Verarbeitung. Die Litzen werden lediglich einmal durch die markierten Öffnungen im Anschlussblock gefädelt und mit dem passenden Werkzeug in einem Arbeitsgang angeschlossen und montagefertig gekürzt. Auch das Einsetzen in den entsprechenden Steckverbinder ist so einfach, dass auch ungelerntes Montagepersonal nach kurzer Einweisung sicher und zuverlässig Verkabelungs­arbeiten durchführen kann.

Was bisher geschah

Im Bereich Automation und Robotik, wo in der Anschlusstechnik viele Steckzyklen erwartet werden, konnte sich die Anschlusstechnik als bewährte Push-Pull-Lösung mit dem Han-PushPull V14 etablieren und in gerader und gewinkelter Metallausführung eingesetzt werden. Mit den ebenfalls genormten Profinet-Steckverbindungen mit dem Han-3-A-Steckgesicht können feste und standhafte Verbindung für Ethernet realisiert werden, die im Sinne der Digitalisierung einen schnellen und sicheren Datentransfer gewährleisten.

Für die Bereiche Bahn und Industrie, welche höchste Ansprüche in Sachen Robustheit verlangen, hat Harting mit dem preLink-M12-Steckverbinder in D- und X-Kodierung einen Stecker ins Rennen gebracht, der Schock und Vibrationen nach Bahn Norm DIN EN 50155 standhält und neben Fast Ethernet auch Gigabit Ethernet ermöglicht.

Neue Familienmitglieder

Bis vor Kurzem gab es die preLink-M12-Steckverbinder als D-kodierte vierpo­lige sowie X-kodierte achtpolige Variante nur in den Stift-Ausführungen. Inzwischen enthält das vielfältige System die entsprechenden M12-Ausführungen als Buchse. Die Verriegelung von Stecker und Buchse erfolgt über das übliche M12-Gewinde oder alternativ mit dem neuen Push-Pull-Verriegelungssystem, welches das Stecken und Lösen der Verbindungen erleichtert.

Die neuen preLink-M12-Kabelbuchsen können als fliegende Kopplungen oder auch als Wanddurchführung (Bild 3) verwendet werden. So realisieren sie immer eine IP65/67-geschützte Verbindung und bieten zwei Lösungen in einem Bauteil. Damit ist die preLink-Anschlusstechnik (Bild 4) nun neben den verschiedenen RJ45-Produkten auch für M12 durchgängig verfügbar.

Bis auf die Leiterkarte

Komplettiert wird die preLink-Familie mit einer Leiterplattenbuchse. Mit dieser können Gerätehersteller die praktische Anschlusstechnik lückenlos von der Rechenzentrale bis auf die Leiterkarte im Gerät verwenden. Auf diese Weise können Datenschnittstellen für Anwendungen, die nur selten gesteckt, aber die trotzdem beliebig oft und einfach austauschbar sein sollen, realisiert werden. Dies können beispielsweise Türsprechstellen, Ticketautomaten, Displays oder Kamerasysteme sein.

Auch Geräte für die Gebäudeautomatisierung – beispielsweise Heizungs- und Klimasteuerungen, Beleuchtungssysteme und Brandmeldesysteme – lassen sich mit der preLink-Buchse ausrüsten und so einfacher und fehlerfrei vernetzen. Vorkonfektionierte Kabel können in die Leiterplattenbuchse einfach eingesteckt werden und das Gerät ist fertig vernetzt.

Ohne Standards geht nichts

Neue und innovative Lösungen sind die eine Sache, eine stetig begleitende Normung und Standardisierung für eine durchgängige Verkabelung die ande­re Seite. Nur Standards und Normen gewährleisten den Anwendern eine herstellerübergreifende Kompatibilität und damit Investitionssicherheit. Wachsende Anwendungsmöglichkeiten von Ethernet, auch in der Industrie, be­einflussen massiv die internationale Standardisierung.

Anders als bei Rechenzentren und Cloud Computing, geht es in der Industrie nicht so sehr um große Datenmengen und Übertragungsgeschwindigkeit, sondern vielmehr um robuste und siche­re Datenübertragung, Echtzeit-Datenübertragung und größere Distanzen – z.B. in der Prozessautomatisierung.

Für die notwendige internationale Standardisierung im Bereich Verkabelung für Industrievernetzung und Automatisierung gibt es im Wesentlichen zwei tragende Gremien. Das IEC SC 65C/JWG 10 ist für die Beschreibung der Automatisierungsprofile gerade auch auf der Basis von Ethernet zuständig. Hier entstehen die IEC-61784-5-x-Serie (Communication Profile Families, CPF) und die dazu kommunizierende Installationsrichtlinie IEC 61918 in der Edition 4.

Das zweite Gremium ISO/IEC JTC 1/SC 25/WG 3 ist eher aus der IT heraus getrieben und liefert mit der ISO/IEC 11801-x Edition 3 die wichtigen Grundlagen zu Topologie, Verkabelungsstrecken und Grenzwerten. Ebenso liefert sie, zumindest teilweise, die nötige Messtechnik von Verkabelungsanlagen.

Der große internationale Erfolg der unter dem Kürzel „Strukturierte Verkabelung“ bekannten Norm ISO/IEC 11801 hat zu deren Erweiterung und Aktua­lisierung geführt, die als Edition 3 im Frühjahr 2018 erschienen ist.

Eine der gravierendsten Neuerungen in diesem Normenwerk ist die Struktur, die wie folgt aussieht:

  • ISO/IEC 11801-1 Generelles
  • ISO/IEC 11801-2 Bürogebäude
  • ISO/IEC 11801-3 Industrie
  • ISO/IEC 11801-4 Rechenzentren
  • ISO/IEC 11801-5 Wohnungen
  • ISO/IEC 11801-6 Gebäudeauto­matisierung

Im »Teil 1 Generelles« sind all die Festlegungen getroffen, auf die alle anderen Teile quasi als Basis zurückgreifen. Hier werden Verkabelungsstrecken – wie der Permanent Link mit max. 90 m – definiert; ferner der Channel (max. 100 m), aber auch die wichtigen übertragungstechnischen Basiswerte der Verkabelungskomponenten von Kategorie 5 (100 MHz) bis Kategorie 8.2 (2.000 MHz).

Neu ist auch die Liste der zugelassenen Steckgesichter, die auf Druck der Industrie z.B. um den M12-X-kodierten Steckverbinder erweitert wurden. Somit sind jetzt in der ISO/IEC 11801-1 neben den RJ45-Typen der Reihe IEC 60603-7-x und der zugehörigen IP65/67-Variante »PushPull RJ45 Variante 4« (IEC 61076-3-106) auch M12-X (achtpolig nach IEC 61076-2-109) und der M12-D (vierpolig nach IEC 61076-2-101) für die strukturierte Verkabelung normativ fixiert.

Grundsätzlich können somit alle anderen Anwendungsbereiche vom Büro bis zur Gebäudeautomatisierung auf diese Steckverbindertechniken zurückgreifen und finden dafür auch Grenzwerte zur Überprüfung von Funktion und Leistungsfähigkeit der Verkabelung nach der Installation vor.

Ein gewaltiger Schritt vorwärts

Primär werden gerade auch die M12-X- und M12-D-Varianten im industriellen Umfeld eingesetzt und im Teil 3 der ISO/IEC-11801-Reihe entsprechend
referenziert. Damit sind hier Verka­belungslösungen erfasst, die die vier­adrige Verkabelung (fast alle heute eingesetzten Automatisierungsprofile arbeiten momentan noch auf Fast-Ethernet-Basis mit 100 MHz und bis zu 100 MBit/s) genauso beschreibt, wie die achtadrige für Datengeschwindigkeiten von 1 bzw. 10 GBit/s.

Gleichzeitig wird damit auch das Problem der Anbindung von Maschinen und Anlagen (Automation Island = AI) an die IT-In­frastruktur (Strukturierte Gebäudeverkabelung) des produzierenden Unternehmens gelöst. Das wiederum erlaubt den Firmen eine durchgängige Kommunikation von SAP bis hinunter an den Prozess oder die Logistik dazu. Dies ist ein wichtiger Schritt Richtung Industrie 4.0!

In der ISO/IEC 11801-3 sind dann aber auch alle Spezifika der Industrieverkabelung berücksichtigt. Besonders im normativen Anhang A „Industrial Cabling System“ wird der Aufbau und der Funktionsumfang der möglichen Verkabelungen für industrielle Anwendungen im Detail beschrieben. Dabei spielt dann auch wieder die Nähe zur IEC 61918 eine wichtige Rolle, die besonders die hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit der Dienste nach PCMA – Process Control, Monitoring and Automation (data) – widerspiegelt.

Weitere Neuerungen sind die Einführung des End-to-End-Links (E2E) in die ISO/IEC-11801-Reihe, die ebenso die hohen Qualitäts- und Sicherheitsansprüche der Industrie an die Verkabelung reflektiert. Der E2E-Link ist eine komplette Verkabelungsstrecke bis zu 100 m, die im Unterschied zum Channel (s. ISO/IEC 11801-1) die jeweils letzte Verbindung an den Geräten mit einbezieht. Dafür wurden Grenzwerte und Messmethodik zusätzlich neu festgelegt. Der E2E-Link ist im Technical Report ISO/IEC 11801 9902 beschrieben, und die dazu kommunizierenden Teststandards sind in ISO/IEC 14763-4 zu finden. Damit ist es jetzt möglich, eine Verkabelung beispielsweise zwischen einer SPS und einem Anlagenteil, die nur aus einem Kabel und zwei vor Ort installierten Steckverbindern besteht, im Feld mittels Handheld-Tester zu überprüfen.

Die Integration der einpaarigen Verkabelung »SPE – Single Pair Ethernet« in die ISO/IEC 11801-3 erfolgt ab 2018 mittels Ergänzungen.

Das Zusammenspiel aller ­Komponenten

Für die Anwender bietet das Zusammenspiel aus einem modularen Verkabelungssystem wie preLink mit all seinen Steckverbinder-, Buchsen- und Wanddurchführungs-Komponenten und einer aktuellen Normung eine investitionssichere Lösung aus einer Hand. Gerade mit den neuen Komponenten M12-Buchse beziehungsweise Wanddurchführung und PCB-Leiterplattenbuchse spricht Harting Gerätehersteller an, die nun auch den in der Normung integrierten E2E-Link mit einem durchgängigen System realisieren können. Die Ergänzungen hat der Hersteller im ersten Quartal in sein Portfolio eingepflegt.

Die Bilder des Artikels im Überblick

Der neue Abschlussblock kann bis zu acht Litzen- oder Massivleiter aufnehmen.
© Harting
Datenkabel mit dem angeschlossenen preLink-Abschlussblock können nach dem Verlegen in Sekunden angeschlossen werden.
© Harting
Die neuen preLink-M12-Kabelbuchsen können als fliegende Kopplungen oder – wie hier gezeigt – als Wanddurchführung verwendet werden.
© Harting

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