LTCC-Bauteile (Low Temperature Cofired Ceramic) bestehen aus mehrschichtigen Keramikstrukturen, die Induktivitäten und Kapazitäten zu einem kompakten Bauteil kombinieren. Einsatz finden sie in der drahtlosen HF-Kommunikation – besonders Smartphones profitieren von den Vorteilen der LTCC-Technik.
Mit der Einführung des Mobilfunkstandards der 3. Generation (UMTS) zur Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts wurden Mobiltelefone dank zunehmenden Datenübertragungsraten bis zu 384 kBit/s zunehmend smarter. Die 4. Generation (LTE+) mit Datenraten von 1.200 Mit/s brachte die Einführung von zahleichen Streamingdiensten, zuverlässiger Online-Navigation oder auch mobiler Videotelefonie.
LTE steht für Long Term Evolution und sieht die kontinuierliche Weiterentwicklung der Mobilfunkstandards vor, was eine weitere Verbesserung der Datenübertragungsraten beinhaltet. Im Jahr 2019 wurde dann der Standard der 5. Generation (5G) mit theoretischen Datenraten bis zu 20 Gbit/s vorgestellt. Die höheren Datenraten erfordern allerdings immer höhere Übertragungsfrequenzen, was erweiterte Anforderungen an die Bauelemente mit sich bringt.
Hersteller von Elektronik und Software für moderne Geräte, die mit der kontinuierlichen Entwicklung Schritt halten und auf die jeweils neuestens Standards zurückgreifen wollen, sind meist gezwungen, eine Abwärtskompatibilität zu älteren Standards herzustellen. Arbeitete ein Mobiltelefon des 4G-Standards typischerweise mit bis zu 15 Frequenzbändern, beansprucht ein Mobiltelefon des 5G-Standards bereits bis zu 30 Bänder. Für diese Herausforderung werden auch weitere elektronische Komponenten etwa zum Filtern benötigt. Die Hersteller entsprechender Module haben HF-SiP-Produkte (System in Package) im Portfolio, jedoch können nicht alle Funktionen sinnvoll integriert werden, was den Einsatz externer Filterbauelemente nötig macht.
Derzeit basieren etwa 70 bis 80 Prozent der auf dem Markt befindlichen Filtertechnologien auf akustischen Oberflächenwellenfiltern (Surface Acoustic Wave, SAW), die eine sehr ausgereifte Technologie darstellen. Der Nachteil von SAW ist jedoch, dass sie nur in den mittleren und niedrigen Frequenzbändern eingesetzt werden können. Für die 5G-Technik werden sich akustische Volumenwellenfilter (Bulk Acoustic Wave, BAW) und keramische Filter (Low Temperature Cofired Ceramics, LTCC) (Bild 1 und 2), die in hohen Frequenzbändern eingesetzt werden können, in Zukunft behaupten.
Nimmt man 5G-Sub-6 und WiFi 7 als aktuelle Beispiele, so hat das verwendete 6-GHz-Frequenzband die Obergrenze von SAW überschritten und der kritische Punkt von BAW ist erreicht (Bild 3). Wenn 5G in Zukunft die 24-GHz-Millimeterwelle nutzt, können nur noch LTCC-Filter verwendet werden, sodass die Nachfrage nach LTCC-Filtern voraussichtlich weiter steigen wird.
Die größten Herausforderungen bei der Entwicklung und Herstellung solcher LTCC-Filter-Bauteile ergeben sich aus den ständig neuen Standards, der Integration neuer Frequenzbänder sowie der damit einhergehenden Abwärtskompatibilität und den anwendungsspezifischen Anforderungen an eine kompakte beziehungsweise flache Bauform, insbesondere im Bereich der tragbaren Geräte. Diese Anforderungen wirken sich auch auf den Herstellungsprozess, die Fertigungsausbeute, die Wärmeableitung, die Empfindlichkeit und den Stromverbrauch aus.
Komponenten für höhere Leistung bei gleichzeitig kompakter Bauform auszulegen, steht im Widerspruch zueinander. Während herkömmliche Multi-Layer-Filter lediglich eine Funktion pro Bauteil enthalten, ermöglicht es die LTCC-Technologie bis zu zehn passive Komponenten in einem Produkt zu integrieren und damit die gewünschte Filterwirkung, Baugröße und Leistung optimal auf die Anwendung abzustimmen. Durch Simulationen bietet die LTCC-Technologie neben zahlreichen Standardartikeln optimale Grundlagen für die Produktion kundenspezifisch beziehungsweise anwendungsspezifisch optimierter Bauteile (Bild 4).
Standardprodukte des Herstellers ABC-ATEC aus Taiwan sind Filter (Bandpassfilter, Tiefpassfilter, Diplexer), Baluns, Koppler und Leistungsteiler. Typische Bauformen sind 0603 (1,6 mm x 0,8 mm) und 0402 (1 mm x 0,5 mm). Es gibt die Bauelemente mit herkömmlicher Anschlussmetallisierung oder alternativ mit LGA (Land Grid Array), was durch Lötstellen an der Unterseite des Bauteils einen Einbau mit noch größerer Packungsdichte auf der Leiterkarte ermöglicht (Bild 5).
Diese Produkte finden allgemein Anwendung in Applikationen mit drahtlosen Kommunikationssystemen wie GPS/GNSS, WiFi, Bluetooth, Kabelmodems und Mobiltelefonen. Ein typisches drahtloses Kommunikationssystem besteht hauptsächlich aus vier Teilen: Modem, Transceiver/Empfänger, HF-Teil und Antennen. Im Allgemeinen werden alle Komponenten, die sich zwischen der Antenne und dem HF- Transceiver befinden, dem HF-Teil zugeordnet.
Das HF-Teil ist die Kernkomponente des Kommunikationssystems. Es hat die Aufgabe, Hochfrequenzsignale zu empfangen und zu senden und kann wiederum in Leistungsverstärker, Duplexer, Hochfrequenzschalter, Filter und LNA (Low Noise Amplifier) unterteilt werden. Realisieren lassen sich damit Netzwerk-, Dateiübertragungs-, Kommunikations-, Kartenlese-, Positionierungs-, Abstands- sowie Geschwindigkeitsmessung und andere Funktionen. Seine Leistung und Qualität sind die Schlüsselfaktoren, die die Signalleistung, die Geschwindigkeit der Netzwerkverbindung, die Signalbandbreite, die Kommunikationsqualität und andere Kommunikationsindikatoren bestimmen.
Im Allgemeinen gilt: Je höher die Frequenz und die Bandbreite, desto größer die übertragene Informationsmenge und desto höher die Geschwindigkeit. In der Vergangenheit nutzten die 4G-Mobilfunktechnologie sowie verschiedene Technologien wie WiFi und Bluetooth meist mittlere bis niedrige Frequenzbänder unter 3,5 GHz. Um die Geschwindigkeit und damit die Nutzbarkeit zum Beispiel von Streamingdiensten auf Mobilfunktelefonen zu erhöhen, kann sich 5G nur in hohe Frequenzbänder über 3,5 GHz entwickeln.
Nachdem das Mobiltelefon die Signale über die Antenne empfangen hat, müssen die jeweils relevanten Frequenzen herausgefiltert werden. Dies geschieht in der Regel in zwei Schritten: Zuerst mit einem Diplexer, der zunächst die Signale im High- und Low-Band glättet, und danach mit einem Bandpassfilter für das GPS-Signal 1,575 GHz (Bild 6).
LTCC-Bauteile können komplexe Designs unterstützen, haben mehr interne Komponenten und sind dadurch platzsparend, was insbesondere für tragbare Geräte wichtig ist. Der Aufbau mit bis zu 28 Lagen aus keramischer Folie – der durch Siebdruck die internen leitenden Strukturen erhält, geschichtet, gepresst und gesintert wird – kann auch die höheren Frequenzbereiche über 6 GHz abdecken, welche aktuelle SAW- und BAW-Technologien nicht erreichen.
Verfügbar sind sowohl Standardkomponenten wie auch modifizierte, angepasste Lösungen nach Kundenwunsch oder Applikationsanforderung. Insbesondere dem Trend zu immer dünneren und leichteren Smartphones trägt die LTCC-Technologie Rechnung.
Der Autor
Tobias Jung ist Product Line Manager Passive Components bei Endrich Bauelemente.