Interview mit Dr. Ray Ridley

» Es ist keine schwarze Magie! «

20. November 2017, 15:00 Uhr | Ralf Higgelke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

»Der Traum von GaN ist geplatzt — vorerst«

Dr. Deboy, einer der Väter von CoolMOS, meinte mir gegenüber, man müsste auf SiC und GaN wechseln, wenn man bei den einfachen Topologien bleiben wolle. Aber wenn man komplexere Topologien und Ansteueralgorithmen verwendet, dann könne man bei Silizium bleiben. 

Dem stimme ich voll und ganz zu. Dies ist die Schlussfolgerung, die ich gerade gezogen habe. Aber wenn Sie GaN in diesen anspruchsvolleren Topologien verwenden, können Sie den nächsten Ein- oder Zwei-Prozent-Schritt beim Wirkungsgrad nehmen. Es gibt schon gute Gründe für GaN.

Der Traum von GaN war, von einigen hundert Kilohertz Schaltfrequenzen auf bis zu zehn Megahertz zu gehen. Aber das war der verkehrte Ansatz. Wenn Sie zehn Megahertz erreichen wollen, brauchen Sie eine Soft-Switching-Topologie, um die Störabstrahlung zu senken. Aber dann brauchen Sie auch keine Schalter, die so schnell ein- und ausschalten, wie es GaN-HEMTs können! Also können Sie auch wieder Silizium einsetzen. Für die GaN-Leute ist dies aus Marketingsicht eine schwierige Situation. 

Das erinnert mich an das, was Bob Dobkin, der CTO von Linear Technology, mir erzählte. Deren Silent Switchers laufen bei bis zu fünf Megahertz – und zwar in Silizium. 

Das glaube ich sofort! Das Versprechen von GaN war ja, uns an einen Ort zu versetzen, der hundertmal kleiner ist. Aber das ist nicht geschehen. Sie wollen hundertmal kleiner sein? Ja, das ist möglich, wenn sehr fortgeschrittene teure Techniken zum Einsatz kommen. Und die haben wir bereits – auch ohne den Einsatz von GaN.

Aber Sie müssen für die Komplexität zahlen; es wird mehr kosten. Es gibt nichts umsonst. Wenn Sie hundertmal kleiner sein wollen, müssen Sie Soft-Switching einsetzen, aber dann brauchen Sie GaN nicht mehr. Wenn wir diesen Schritt eines Tages gegangen sind – und alle sind sich einig, dieser Tag wird kommen – und wir haben 95 Prozent Wirkungsgrad erreicht, wenn wir ihn dann auf 97 Prozent steigern wollen, dann kommt GaN ins Spiel. Aber es ist eben nur zwei Prozent Unterschied. Ich hörte gestern jemand sagen, der Schritt vom Silizium-MOSFET zum GaN-HEMT sei genauso bedeutend wie der vom Bipolartransistor zum MOSFET. Dem stimme ich nicht zu. 

Lassen Sie uns auf die Effizienzsteigerung von 95 auf 97 Prozent mithilfe von GaN zurückkommen. Aus der Verlustperspektive gesehen reduzieren Sie diese um 40 Prozent. Ich denke das ist überaus signifikant, oder? 

Für einige der technologisch herausragenden Unternehmen bestimmt. Aber die meisten Leute sind nicht einmal bereit, für den Schritt von 88 bis 94 Prozent Wirkungsgrad mehr zu bezahlen. Also werden sie auch nicht für 97 Prozent deutlich mehr zahlen. Sind die Leute jedoch dafür bereit zu zahlen, kann die Stromversorgungsindustrie auch liefern – und zwar heute schon!

Ich sehe den Tag jedoch kommen, an dem sie bereit sind zu zahlen. Die Betreiber von Serverfarmen haben in der Vergangenheit verschiedene Effizienzstandards aufgestellt, angetrieben durch die steigenden Kühlkosten. Und wenn Sie diese Entwicklung extrapolieren, werden Sie den Tag erleben, an dem 97 Prozent Wirkungsgrad obligatorisch sein wird. Und dann wird GaN seinen großen Auftritt haben. 

Herr Dr. Ridley, vielen Dank für das Gespräch. 

Das Interview führte Ralf Higgelke.


  1. » Es ist keine schwarze Magie! «
  2. Versäumnisse der Kern- und Bauelementehersteller
  3. »Der Traum von GaN ist geplatzt — vorerst«

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