AUTOSAR aus Halbleiterhersteller-Sicht

Das alte Dilemma: Wer soll das bezahlen?

2. Juni 2016, 14:34 Uhr | Iris Stroh
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Software kostet Geld – Tendenz steigend

STMicroelectronics
Michael Anfang, STMicroelectronics »Wenn man ein Differenzierungsargument hat, werden auch die Aufwände für Software bezahlt. Das gilt für AUTOSAR, aber auch für den Infotainment- oder Tuner-Bereich.«
© STMicroelectronics

Dass es immer noch Leute gibt, die glauben, dass Software keine Kosten verursacht, mag man kaum glauben. Die Halbleiterhersteller sind denn auch überzeugt, dass sich diese Einstellung ändern wird. Weyer: »Es ist heute überall klar, dass die R&D-Kosten letztendlich überwiegend in der Software liegen.« Und das mit steigender Tendenz, so Adlkofer.

Das heißt aber nicht nur, dass die Software als Produkt mit eigenem Preis verkauft werden muss, sondern dass auch für die Wartung der richtige Rahmen geschaffen werden muss. Weyer glaubt, dass die Halbleiterhersteller Modelle einführen müssen, die in der Software-Branche durchaus üblich sind. Ob das funktioniert, wird man sehen.

Dabei ist die Halbleiterindustrie im Vergleich zu vor ein paar Jahren schon einen kleinen Schritt weiter. Ob das allerdings kostendeckend ist, darf durchaus bezweifelt werden. Aber mittlerweile hat das eine oder andere Unternehmen bestimmte Software-Pakete als eigenständiges Produkt mit eigenem Preis und Wartungsvertrag definiert. Adlkofer: »Bei neuen differenzierenden Themen sehen wir schon die Bereitschaft, hier Geld zu investieren. Jetzt müssen wir als Halbleiterindustrie konsequent sein und Software nicht mehr kostenlos anbieten, weil dort Engineering-Leistung drinsteckt.«

Auch bei AUTOSAR gibt es die eine oder andere Möglichkeit, mit der Software Geld zu verdienen, laut Anfang genau da, wo der Halbleiterhersteller sich differenzieren kann. Anfang: »AUTOSAR hat nämlich die Eigenschaft, dass es viele Funktionen wegfiltert, die die Hardware zwar liefert, aber der Standard-AUTOSAR nicht unterstützt. Und da sehen wir schon einen Bereich, wo wir uns differenzieren können.« Wobei Adlkofer in diesem Punkt sogar eher eine Gefahr sieht, denn er befürchtet, dass dieses Wegfiltern dazu führen könnte, dass es in Zukunft noch mehr AUTOSAR-Varianten geben könnte.

Dass die Automotive-Industrie aber noch weit davon entfernt ist, generell Software als Produkt von einem Halbleiterhersteller zu kaufen, macht Geiselhart deutlich, indem er fragt, ob sich die Hersteller sicher seien, aus der Software-Entwicklung ein Geschäft machen zu können?

Alle müssen umdenken

Es ist seit Jahren zu hören, dass bei den Halbleiterherstellern- wie in fast allen anderen Industrien auch - immer mehr Software-Ingenieure arbeiten. Wird für diese Leistungen nicht bezahlt, »überlegt sich jeder irgendwann, ob es sich noch lohnt, in diesem Segment tätig zu sein. Wir alle sind in der Situation, dass wir mehr Projekte haben als Forschungsgelder. Wir müssen also Entscheidungen treffen«, mahnt Weyer.

Was das Problem mit den Software-Kosten noch etwas absurder macht, ist die Tatsache, dass Drittunternehmen, die Software anbieten, überhaupt kein Problem damit haben, ihre Software bezahlt zu bekommen. Wenn die Automotive-Industrie gefragt wird, wo denn hier der Unterschied läge, heiße es lapidar: »That are the cost of doing semiconductor business.« Weyer erklärt, dass ein Halbleiterhersteller Software-Kosten im Bereich von 5 Prozent noch abfangen kann, »aber wenn es sich in Richtung 50 Prozent verschiebt, geht das nicht mehr, dann muss es auch bezahlt werden.« Der Halbleiterhersteller hat theoretisch natürlich auch die Möglichkeit, den SW-Support in ein separates Unternehmen auszulagern, dann wäre das Problem vielleicht gelöst.

Dieser Weg würde auch ein anderes Problem lösen. Denn als Stefan Kouba, European Marketing Manager bei Microchip Technology, fragt, wer in diesem Fall die Haftung für die Software übernehmen würde und erklärt: »Reine Software-Unternehmen übernehmen typischerweise die Haftung für ihre Software«, widerspricht Weyer entschieden. Typischerweise sehen die Verträge vor, dass ein Haftungsausschluss dann in Kraft tritt, sobald die Haftung den Preis der Software übersteigt, sprich Maximalhaftung bis zum Wert der verkauften Software. Weyer: »Beachtlich, dass die meisten Software-Hersteller mit dieser Klausel durchkommen. Dementsprechend wäre es nur fair, wenn für unsere Software auch andere Haftungsklauseln gelten würden.« Ob sich die Halbleiterindustrie hier auch durchsetzen kann, muss sich ebenfalls noch zeigen.


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