Das Link-Budget von 10GBASE-SR ist zu gering für die Anforderungen im Automobilbereich. Verschiedene Anbieter von Faseroptik-Komponenten empfehlen den OEMs Lösungen wie Muffen und Aderendhülsen. Hinsichtlich der Leistung funktionieren sie.
Aber wie hoch sind die Kosten, und wie groß die Ausbeute? Aus den genannten Gründen und angesichts der Tatsache, dass der Strombedarf und vor allem die Kosten bei Automobilanwendungen eine entscheidende Rolle spielen, kann nur ein neues Kommunikationsschema größere Gewinnspannen ermöglichen und sich automatisch an wechselnde Umgebungsbedingungen und Schwankungen im Herstellungsprozess anpassen.
Die weltweit führenden Hersteller von Optoelektronik, Steckverbindern und Kabelbäumen sind vorbereitet und bieten bereits einen gut versorgten und wettbewerbsfähigen Markt mit allen neuen Komponenten, die Multigigabit-Netzwerke im Auto benötigen: Physical Layer (PHY), Fiber Optic Transceiver (FOT), Fasern, Steckverbinder und Lichtquellen.
Die Technologie soll skalierbar sein, um in Zukunft noch höhere Datenraten wie 50 und 100 Gbit/s zu ermöglichen. Sind alle Bereiche des neuen Standards optimiert und kombiniert man diese, lässt sich ein gutes Gleichgewicht an Komplexität und Kosten zwischen allen Teilen, wie CMOS-IC, VCSEL, PD, Aderendhülsen, Hülsen, Kabeln, Inline-Verbindungstechnik, Optik und Linsen, erreichen. Der Automobilmarkt erhält damit die kostengünstigste, zuverlässigste und am besten skalierbare Lösung.
Mit Zustimmung der IEEE-802.3-Arbeitsgruppe hat ein Team aus Mitstreitern mit beträchtlicher Unterstützung an der Standardisierung eines optischen IEEE-802.3-Automotive-Multigigabit-Standards gearbeitet. Der 802.3 Task Force gehören zahlreiche Personen an, die mit wichtigen Automobilherstellern wie PSA, Toyota, BMW, Ford, GM und Volvo, Tier-1-Lieferanten und Komponentenlieferanten in Verbindung stehen.
Die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Carlos Pardo (KDPOF) hat einen IEEE-Ethernet-Standard für die Automobilindustrie mit Geschwindigkeiten von 2,5 bis 25 oder 50 Gbit/s evaluiert. Als Ergebnis hat die IEEE Standards Association (IEEE SA) im Frühjahr 2023 den finalen IEEE 802.3cz-Standard »IEEE Standard for Ethernet Amendment 7: Physical Layer Specifications and Management Parameters for multi-gigabit glass optical fiber automotive Ethernet« veröffentlicht. Diese Ergänzung zum IEEE-Standard 802.3-2022 fügt Physical-Layer-Spezifikationen und Management-Parameter für den Betrieb in der Automobilumgebung hinzu.
Die optischen Standardspezifikationen ermöglichen den Einsatz zuverlässiger Lichtquellen, die auf bewährter Technologie basieren. Die Norm sieht die Multigigabit-Fähigkeiten vor, die auch für die weitere Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen und schließlich den autonomen Betrieb von Fahrzeugen maßgeblich sind. Ein spezieller Betriebs-, Verwaltungs- und Wartungs-Seitenkanal (Operations, Administration, Maintenance, OAM) sorgt für Zuverlässigkeit und Link-Management.
Die Norm umfasst zudem Fehlerkorrekturfunktionen, um Bitfehlerraten von mehr als 10-12 zu erreichen, was aufgrund der rauen elektromagnetischen Umgebung in Fahrzeugen von entscheidender Bedeutung – aber auch herausfordernd – ist. Das Fehlen von Weiterübertragungen sorgt für eine kontrollierte Latenzzeit bei der Videoverteilung. Die IEEE-802.3cz-Standardtechnologie ist derzeit die einzige existierende Lösung für 25- und 50-Gbit/s-Single-Lane-Verbindungen mit vier Inline- Steckern und einer maximalen Länge von 40 Metern im Auto über OM3-Multimode-Faser.
Die Branchenführer arbeiten gemeinsam an einem entsprechenden optischen Multigigabit-System für Automotive Ethernet, das die Anforderungen zukünftiger vernetzter und automatisierter Fahrzeuge erfüllt. Die Lösung ist zu relativ niedrigen Kosten erhältlich, da das höhere optische Leistungsbudget einfachere und billigere Steckverbinder ermöglicht. Das vorgeschlagene Multigigabit-System wacht in weniger als 100 ms auf. Auch die anspruchsvolle EMV-Konformität ist erfüllt.
Ein nahezu idealer Kommunikationskanal ermöglicht eine viel einfachere physikalische Schicht mit einer geringeren DSP/Equalization-Komplexität und ohne Echokompensation, was zu einem geringeren Strombedarf, einer geringeren Latenzzeit, einer kleineren Siliziumfläche und einer kostengünstigeren Lösung führt.
Die in der Entwicklung befindliche Technologie basiert auf einer fortschrittlichen digitalen Signalverarbeitung, bei der Hochgeschwindigkeits-DAC und -ADC eingesetzt werden, um alle erforderlichen Algorithmen wie Entzerrung oder Vorcodierung zu implementieren. KDPOF hat unter der Leitung von OEMs in Europa, Asien und Nordamerika mit der Entwicklung von Prototypen für den Proof-of-Concept (POC) von optischen 10GBASE-AU-Verbindungen für Backbone-, Kamera-, Radarsensor- und Display-Anwendungsfälle begonnen.
Literatur
[1] New IEEE 802.cz Standard: multi-gigabit links for automotive: https://www.kdpof.com/wp-content/uploads/2023/05/IEEE.802.3cz-Koonstel-Reduce-V1.1.pdf
[2] IEEE 802.3cz-2023 Standard: https://standards.ieee.org/ieee/802.3cz/10918/
Der Autor
Rubén Pérez de Aranda ist CTO und Mitgründer von KDPOF sowie IEEE-Seniormitglied und aktiver Teilnehmer der IEEE-802.3-Arbeitsgruppe.