Die Entscheidung, mit einer Vollbremsung vor dem Hindernis zum Stehen zu kommen oder daran vorbeizulenken, bleibt immer dem Fahrer überlassen. Er erhält vom Fahrerassistenzsystem eine Warnung, dass er sich auf eine gefährliche Situation zu bewegt. Diese kann über einen Warnton oder auch durch eine haptische Warnung erfolgen (zum Beispiel ein spürbares Anbremsen oder eine spürbare Gegenkraft des aktiven Gaspedals AFFP). Entscheidet sich der Fahrer zum Ausweichen, errechnet das System in wenigen Millisekunden, wie der optimale Ausweichvorgang, die so genannte Trajektorie der Fahrbewegung, aussehen könnte. Eine solche Ausweichkurve sollte mit einer harmonischen Lenkbewegung ausgeführt werden, damit das Fahrzeug stabil bleibt. Durch den Vergleich des Soll- und des tatsächlichen gewählten Lenkwinkels erkennt der Ausweichassistent, ob der Fahrer stark genug oder möglicherweise auch zu stark einlenkt und kann ihm durch eine leichte Kraft im Lenkrad unterstützen. "Auch in dieser Situation liegt aber die endgültige Entscheidung immer beim Fahrer, er kann sich über diese Hilfestellung des Ausweichassistenten hinwegsetzen, wenn es die Situation erfordert“, so Dr. Laier.
Alle Systeme, die für den Ausweichassistenten erforderlich sind, kommen derzeit schon in Serienfahrzeugen zum Einsatz: Radar- und Videosensoren und die elektronische Stabilitätskontrolle ESC ist ab 2011 für alle neuen Fahrzeugtypen und Ende 2014 für alle Neuwagen Pflicht. Darüber hinaus werden elektrische Lenkungen in immer mehr Fahrzeugen eingesetzt. Auch die aktiv lenkende Hinterachse findet zunehmend Verbreitung. Sie ermöglicht eine schnelle und stabile Ausweichbewegung, da die mitgelenkten Hinterräder das Notmanöver unterstützen. Hierfür verknüpft der Ausweichassistent alle Informationen der vorhandenen Systeme miteinander.
Ein gezieltes Ausweichmanöver bietet in bestimmten Gefahrensituationen auch dann noch Chancen, einen Unfall zu verhindern, wenn der Fahrer den letzten Entscheidungspunkt für eine Vollbremsung verpasst hat. So zeigen Simulationsrechnungen für ein heutiges Mittelklassefahrzeug, dass auf trockener Fahrbahn der Punkt, an dem der Fahrer aus Tempo 100 eine Vollbremsung vor einem stehenden Hindernis einleiten muss um eine Kollision zu vermeiden, bei circa 40 Meter liegt. Ein ungebremstes Ausweichmanöver hingegen kann noch bei einem um 30 Prozent verringertem Abstand zum Hindernis vollzogen werden. Verringert sich der Straßenreibwert bei nasser Fahrbahn auf die Hälfte, so liegt die letzte Möglichkeit zum Ausweichen sogar bei 50 Prozent des Wertes der für eine Kollisionsverhinderung durch reines Bremsen allein notwendig ist. Damit vergrößert sich auch die Zeitmarge zwischen dem Entscheidungspunkt "last point to steer" und "last point to brake". Grundlage dieser Berechnungen ist, dass für das Ausweichmanöver eine komplette Fahrspurbreite Ausweichraum zu Grunde gelegt wurde, wie sie etwa bei einem mitten in der Spur stehenden Hindernis notwendig ist.