Dr.-Ing. Christoph Baum, Geschäftsführer beim Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, hält eine Bilanzierung einer Batterie in Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit grundsätzlich für schwierig, denn es gebe überhaupt keine Standards dazu. Dementsprechend müsse man auch sehr vorsichtig mit Vergleichen beispielsweise eines Batteriefahrzeugs mit einem Diesel-Fahrzeug sein. Mit einem Beispiel verdeutlicht er die Problematik: Eigentlich muss in die Bilanz eingehen, ob bei der Zellenfertigung elektrisch oder mit Gas getrocknet wird, und wenn elektrisch getrocknet wird, ob dafür regenerativer Strom verwendet wird. Selbst diese „Kleinigkeiten“ können schlussendlich zu ganz unterschiedlichen Endergebnissen führen.
Dr. Baum ist aber überzeugt, dass der Energieeinsatz, der für die Produktion einer Batterie benötigt wird, unter Umständen CO2-neutral herstellbar ist. Tja, und das ist beim Diesel von Natur aus nicht der Fall, denn Diesel ist ein fossiler Brennstoff. So oder so ist Baum davon überzeugt, dass die Bilanzierung der Umweltverträglichkeit verschiedener Antriebstechnologien extrem komplex ist und dass »eine einfache Übersetzung in gefahrene Kilometer gar nicht möglich ist. Zumindest müsste dann genau erläutert werden, unter welchen Annahmen bzw. Rahmenbedingungen diese Bilanzierung erfolgt ist«, so Baum weiter. Wobei Baum hinzufügt, dass ein Vergleich zwischen Dieselmotor und Batterie sowieso überflüssig ist. Denn ein Verbrennungsmotor schließe sich aufgrund der notwendigen Defossilisierung (Beendigung des Ausstoßes von Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe) von vornherein aus.
Dass die Batterietechnik derzeit im PKW-Segment die Nase vorn hat, stellt auch Baum nicht infrage. Allerdings müssen aus seiner Sicht noch Punkte jenseits der Gesamteffizienz beachtet werden, denn auch die Batterietechnik bringt Probleme mit sich. Dazu zählt er insbesondere die Mengen an Lithium und vor allem Kobalt. Baum weiter: »Wenn ich hier eine Ökobilanz aufsetzen würde, müsste dargelegt werden, wie der Wasserverbrauch beim Abbau des Kobalts im Kongo in die Ökobilanz eingerechnet wird. Dafür gibt es aber schlicht keine Standards.«
Doch zurück zu Batterietechnik versus Wasserstoff und synthetischem Kraftstoff. Baum: »Wenn eine gewisse Strommenge zur Verfügung steht, die in eine Batterie gesteckt wird, und dieser Strom der Batterie wieder entnommen wird, dann ist das derzeit die beste Methode, denn die Leistungsverluste sind in diesem Fall am geringsten«, so Baum.
Das heißt aber nicht, dass Wasserstoff komplett aus dem Rennen ist. Denn in einem Punkt hat er für Baum einen entscheidenden Vorteil: Strom zu transportieren ist nicht einfacher; je länger die Transportwege sind, desto höher sind die Verluste. Baum: »Heute importieren wir Öl, Gas, Kohle etc., um Energie zu erzeugen, und das wird sich auch nicht ändern, nur weil die Industrie und der Verkehr dekarbonisiert werden. Auch in Zukunft werden wir Energie importieren müssen, und das wird ganz sicher nicht allein über Strom funktionieren. Das wird über den Umweg Wasserstoff erfolgen. Hinzu kommt, dass wir in dem einen oder anderen Bereich Wasserstoff als Stoff benötigen, sei es in der Stahlgewinnung oder in chemischen Prozessen. Das heißt, wir werden Wasserstoff in jedem Fall in unseren Energiekreislauf einfließen lassen.«
Auch Baum verweist darauf, dass es sinnvoll ist, grünen Wasserstoff in Ländern herzustellen, in denen die Stromkosten deutlich günstiger sind als in Deutschland, denn schlussendlich sind ökonomische Faktoren entscheidend. In Deutschland liegt der Strompreis bei zirka 30 Cent, in Saudi-Arabien dank Sonnenenergie oder in Norwegen dank Wasserkraft liegen die Strompreise bei wenigen Cent. Kann der deutlich billigere Strom zur Herstellung von Wasserstoff im großen Stil genutzt werden, dann »kann es ökonomisch und ökologisch sinnvoller sein, Wasserstoff zu nutzen«, so Baum weiter.
Dennoch, aufgrund der geringeren Gesamteffizienz von Wasserstoff haben auch aus Baums Sicht die batteriebetriebenen Fahrzeuge Vorteile. »Für kleinere Energiemengen ist es in jedem Fall sinnvoll, auf eine Batterie zu setzen«, so Baum weiter. Die dafür notwendigen Akkus werden performanter, günstiger und sie können schnell geladen werden, da wird es für Wasserstoff schwierig, zu konkurrieren. Wenn die Energiemengen nicht so groß sind, dann ist auch die Ladeinfrastruktur kein großes Problem. Denn zum einen müssen solche Fahrzeuge nicht zwangsläufig schnell geladen werden (auch gewöhnliche Steckdosen am Haus reichen zur Not), zum anderen ist die Nutzungsdauer solcher Stadtautos relativ gering und es gibt keine Reichweitenprobleme. Bei einem größeren Auto, das weitere Strecken fahren soll, sieht die Sache schon anders aus. Denn hier ist die Ladeinfrastruktur noch nicht wirklich vorhanden und es stellt eine Einschränkung dar, dass das Laden solcher Fahrzeuge, auch wenn schnell geladen wird, einfach lange dauert. »Wasserstoff ist nicht für alle Bereiche der bessere Speicher, das würde ich auch als absoluter Wasserstoffverfechter nicht unterschreiben. Aber er in bestimmten Anwendungen hat er eindeutige Vorteile.«