Autonome Fahrzeuge benötigen ausgeklügelte Systeme zum Schutz vulnerabler Verkehrsteilnehmer. Bluetooth und UWB stellen in Bezug auf die Entfernungsmessung vielversprechende Technologien dar.
Ein Großteil der derzeitigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich des autonomen Fahrens und höherer Automatisierungsgrade konzentriert sich auf Autobahnfahrten. Relativ gesehen handelt es sich dabei um eines der einfachsten Verkehrsszenarien. Hierbei müssen keine komplexen Straßenführungen, wie zum Beispiel Kreisverkehre, bewältigt werden. Außerdem gibt es dort im Normalfall keine Fußgänger, Rollstuhl- oder Radfahrer – allesamt ungeschützte Verkehrsteilnehmer (Vulnerable Road User, VRU).
In Städten hingegen gestaltet sich die Situation ganz anders, zum einen wegen der komplexeren Straßenführung, zum anderen wegen der Anzahl und Vielfalt der ungeschützten Verkehrsteilnehmenden. Aus Sicht der Automobilhersteller ist der Schutz der VRU eine große Herausforderung. Die meisten VRU können sich plötzlich und unvorhersehbar bewegen und sind mit den Technologien, die aktuell in Fahrzeugen mit höherem Automatisierungsgrad eingesetzt werden, nur schwer zu erkennen. Kameras benötigen zum Beispiel direkte Sicht, so dass sie einen Fußgänger, der hinter einem geparkten Lieferwagen auf die Fahrbahn tritt, nicht erkennen können.
Damit Fahrzeuge mit Automatisierungsgraden ab Level 3 als sicher genug für den autonomen Betrieb in Städten erachtet werden können, muss sich die Erkennung der VRU noch erheblich weiterentwickeln.
Hierbei wird keine einzelne Technologie ausreichen. Vielmehr müssen mehrere, sich ergänzende Technologien eingesetzt werden. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von LiDAR zur Unterstützung von Fahrzeugkameras. Eine anderer Bereich, in dem es bisher noch keine nennenswerten Entwicklungen hinsichtlich des Schutzes von VRU gibt, ist die Verwendung von terrestrischen Funktechnologien, insbesondere Bluetooth und Ultrabreitband (Ultra-Wideband, UWB).
u-blox hat vor kurzem eine Studie durchgeführt, in der nachgewiesen wurde, dass die terrestrische Funkortung eine vielversprechende Ergänzung zu GNSS für die hochpräzise Positionsbestimmung von Fahrzeugen in städtischen Gebieten sein könnte. Eine natürliche Fortführung dieses Ansatzes wäre die Erforschung seiner Nutzung als Mittel zum Schutz von VRU. Bluetooth ist bereits in nahezu jedem neuen Fahrzeug, Smartphone und Wearable vorhanden, und durch die niedrigen Kosten der Komponenten könnte es auch problemlos in weitere Geräte integriert werden (z. B. in Mikromobile). UWB gewinnt ebenfalls an Bedeutung, da es bereits in Smartphones eingesetzt und von Automobilherstellern für Anwendungen wie den schlüssellosen Zugang genutzt wird.
Wie könnte also ein Bluetooth- oder UWB-Erkennungssystem für ungeschützte Verkehrsteilnehmer (VRU) funktionieren, und welche weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sind erforderlich, damit diese Technologien zukünftig Teil der autonomen Fahrfunktionen werden können?
Ein Bluetooth- oder UWB-fähiges Erkennungssystem würde voraussetzen, dass der VRU eine Art Sender am oder in der Nähe seines Körpers trägt – oder an dem Fahrzeug, das er benutzt. Dieser könnte sich in einem Smartphone oder einer Uhr befinden. Der Sender würde in regelmäßigen Abständen ein Signal abgeben, so dass autonome Fahrzeuge in der Nähe die Entfernung zum VRU und den Winkel, aus dem das Signal kommt, berechnen können. Die Lösung ist sehr vielversprechend, muss aber noch erheblich weiterentwickelt werden.
Wie viel Einfluss sollten die einzelnen Daten der Bluetooth- oder UWB-Entfernungsmessung auf die Entscheidungsfindung des Fahrzeugs haben? Angesichts der Tatsache, dass VRU in Bewegung sein können, ist es wichtig, dass das Entscheidungsfindungssystem weiß, wie aktuell die vom VRU stammenden Daten sind und wie groß die entsprechende Unsicherheit ist. Wie lassen sich diese Daten dann mit denen aus anderen Systemen zusammenbringen, die sich möglicherweise widersprechen?
Es müssen robuste Prozesse und Metriken eingeführt werden, die die Zuverlässigkeit der Bluetooth- und UWB-Entfernungsdaten bewerten. Dazu ist es nötig, wir ein viel umfassenderes statistisches Verständnis dafür entwickeln, wie die Funksignale in verschiedenen Situationen aussehen. Anhand dieser Modelle können die Systeme Ausreißer erkennen und jedem Messwert, den sie erfassen, eine Sicherheits- oder Vertrauenswürdigkeitsbewertung zuweisen. So können die Kontrollsysteme des Fahrzeugs besser beurteilen, welchen Einfluss der jeweilige Wert haben sollte.
Leider wird es immer wieder böswillige Akteure geben, die Kollisionen verursachen möchten, indem sie die Sicherheitssysteme von autonomen Fahrzeugen stören. Daher ist es unerlässlich, dass diese wichtigen Funktionen zur Kollisionsvermeidung robust genug sind, um die Menschen zu schützen - sowohl im Fahrzeug als auch außerhalb. UWB hat in dieser Hinsicht eine inhärente Stärke, da es eine sichere Entfernungsmessung ermöglicht, die nicht für Man-in-the-Middle-Angriffe anfällig ist. Das Vertrauen in die gemessene Entfernung ist daher naturgemäß größer als bei Bluetooth und anderen Technologien.
Unabhängig davon, welche Technologien letztendlich eingesetzt werden, ist der Schutz vor den Machenschaften böswilliger Akteure von zentraler Bedeutung. Sicherheitsmaßnahmen wie Authentifizierung, Plausibilitätskontrollen und die Erkennung von böswilligem Verhalten gehören dazu. Außerdem müssen die Merkmale der zu befürchtenden Ereignisse in die oben erwähnten Signalmodelle integriert werden, damit die Fahrzeugsteuerungssysteme Angriffe besser erkennen und darauf reagieren können.
Der andere wichtige Aspekt einer Verteidigung gegen Störversuche von Kollisionsvermeidungssystemen ist der von u-blox vorgeschlagene parallele Einsatz mehrerer Technologien. Einen Angriff auf mehrere Fahrzeugsysteme gleichzeitig zu organisieren, ist wesentlich komplexer als der Angriff auf nur ein System, so dass diese Redundanz das Sicherheitsniveau enorm erhöht.
Alles, was die Bewegungen von Personen verfolgt, wirft Fragen bezüglich des Datenschutzes auf – wie auch während der Pandemie zu sehen war, als die Regierungen die Covid-19-Kontaktverfolgung über Smartphones einführen wollten. Es gibt technologische Lösungen zur Dezentralisierung und Anonymisierung der Daten, aber es muss noch mehr getan werden, um die Daten der Menschen zu schützen und sicherzustellen, dass der Einzelne die Kontrolle darüber behält, was er mit wem und zu welchem Zweck teilt.
Zwar tragen die meisten Jugendlichen und Erwachsenen immer ein Smartphone oder eine Smartwatch bei sich, die eine Bluetooth- oder UWB-Erkennbarkeit ermöglichen. Dennoch wird es immer VRU geben, die dies nicht tun, darunter kleine Kinder und ältere Menschen.
Dies unterstreicht einmal mehr, wie wichtig es ist, mehrere Technologien zur Kollisionsvermeidung einzusetzen. Es könnte sich auch ein Markt für persönliche Schutzsender entwickeln: Low Power Bluetooth- und UWB-Wearables, die ausschließlich dazu dienen, autonome Fahrzeuge in der Nähe über die Anwesenheit einer Person zu informieren.
Zu guter Letzt müssen sowohl Bluetooth als auch UWB weiterentwickelt werden. Dabei muss der Fokus auf diesen speziellen Aspekten liegen. Die wichtigsten Anforderungen sind die Kostensenkung, ein einfacher Einsatz, die Verbesserung der Bedienerfreundlichkeit sowie eine bessere Integrierbarkeit in andere Systemumgebungen.