Drei sehr unterschiedliche Automotive-Themen – Predictive Maintenance, bessere Nutzung bestehender Sensoren und Driver-Monitoring im Fahrzeug – werden neuerdings mit Embedded-KI angegangen.
Dies hat direkte Auswirkungen auf die E/E-Architektur: Abstraktion und Sicherheit werden auf eine neue Stufe gehoben. Ein kurzer Überblick über aktuelle Entwicklungen.
Embedded-KI ermöglicht seit wenigen Jahren als techniknahe KI-Disziplin – nach Cloud-AI und der darauf folgenden Edge-AI (reine Daten-Vorverarbeitung am Sensorknoten) – die lokale Verarbeitung großer Datenmengen. Damit ist eine sichere Autarkie ohne Netzwerkanbindung gegeben. Embedded-KI agiert bezüglich der Stromversorgung sowie der Rechen- und Speicherleistung mit beschränkten Ressourcen. Entsprechende Komponenten erfassen und verarbeiten die Daten sofort und können darauf innerhalb von Millisekunden reagieren – ein absolutes Muss bei vielen Automotive-Anwendungen.
Nicht zuletzt trug die Möglichkeit, Embedded-KI auf günstigen Mikrocontrollern ab 0,40 Euro auszuführen, zur Realisierung in Automotive-Serienprodukten bei – zusammen mit den ebenfalls immer günstiger werdenden Halbleitersensoren. Ein Halbleitersensor in Kombination mit einer Recheneinheit auf der gleichen Platine macht also schon einen intelligenten Sensor mit einer vollwertigen und performanten KI darauf aus, in der Summe bereits für wenige Euro zu haben. Im Fahrzeug sind solche Komponenten meist auf den kleinen bis mittelgroßen Datenbussen per LIN, CAN oder bei größeren Anwendungen per Automotive Ethernet mit der jeweiligen ECU verbunden, so dass die Auswertungsergebnisse der KI direkt weitergegeben werden können.
Nachfolgend werden drei Use-Cases für den realen Einsatz vorgestellt, wobei die jeweilige Sensorart sowie die Chancen und Herausforderungen näher beschrieben werden.
Mit der Elektrifizierung des Fahrzeugantriebs wird der gesamte Antriebsstrang zwar etwas übersichtlicher, die verbliebenen Hauptkomponenten seitens Drehmoment-Dynamik aber deutlich stärker beansprucht. Dabei geht es nicht nur um den Verschleiß der E-Maschine selbst, sondern auch um Achsen, Lager, Gelenke, Bremsen und gegebenenfalls Zwischengetriebe.
Hierbei kann in der Praxis bereits mit einem oder mehreren Sensoren der »Gesundheitszustand« der überwachten Hauptverschleißkomponenten im Sinne einer vorausschauenden Wartung eingeschätzt werden. Dies dient nicht nur unmittelbar der Insassensicherheit oder dem planbaren Service, sondern kann auch über den jeweils aktuellen Wert des Fahrzeugs eine objektive Auskunft geben.
Die Embedded-KI-Sensoren, die hierbei zum Einsatz kommen, werten meist direkt Körperschall, Schall oder Ultraschall aus. Manchmal werden auch zwecks höherer Robustheit hochaufgelöste Temperatur- oder Infrarotwerte oder die Strom- und HAL-Werte des Antriebs hinzugezogen. In besonderen Fällen, beispielsweise bei eingeschränktem Bauraum, wo auf indirekte Methoden gesetzt werden muss, stehen mittlerweile im einstelligen Eurobereich Time-of-Flight-Laser- oder Radarsensoren zu Verfügung, die selbst aus der Entfernung noch mikrometerkleine Bewegungen eines Bauelements detektieren können.
Die Datenmengen, die für eine solch frühzeitige Verschleißüberwachung (Monate bis Betriebsminuten im Voraus) erforderlich sind, sind enorm: Es würde sich nie lohnen, hoch abgetastete Ultraschalldaten zur ECU zu senden und dort möglichst zentral mit viel Rechenressourcen zu verarbeiten – hierfür wären sowohl der Sensor als auch das Bussystem deutlich kostspieliger. Stattdessen werten günstige, autarke Embedded-KI-Sensoren einen Millisekunden-Datenabschnitt noch im Arbeitsspeicher (RAM) aus, und das Machine-Learning-Modell mitsamt Pre- und Postprocessing (Bild 1) ermittelt daraus ein probabilistisches Ergebnis, den sogenannten Score (ähnlich einer Benotung).
Dies wird in Echtzeit mit immer neuen Datenabschnitten wiederholt, wobei bereits ausgewertete Daten gelöscht werden. Nur die Scores bleiben erhalten und sorgen für eine regelmäßige Info an die zuständige ECU, beispielsweise bei einer häufig erkannten Verschleiß-Anomalie. Ob das Fahrzeugsystem dies dem Fahrer anzeigt oder nur dem Servicetechniker, obliegt der Entscheidung des Herstellers und hängt nicht vom Sensorknoten ab.
Das alte Pferd wird neu aufgezäumt: Man mag es nicht glauben, aber auch die heute eingesetzte Grundsensorik im Fahrzeug hat zumeist noch viel Potenzial nach oben. Egal ob es um den Ölstand, den Tankfüllstand oder die (zumeist induktiv-passiven) ABS-Sensoren geht: Alle stellen sich nach wie vor der Herausforderung, in hochvolatilen Umgebungen zu wirken. Um die Ölmenge in der Fahrdynamik und damit im Schmierumlauf zuverlässig zu überwachen, gibt es bisher keine präzise, robuste und zugleich günstige Serienlösung. Nicht viel anders verhält sich dies auch beim Kraftstofffüllstand.
Dabei kann Embedded-KI auf einer zusätzlich am herkömmlichen Sensor verbauten Halbleiter-Rechenkomponente – teilweise im Preisbereich unter einem Euro – Abhilfe schaffen. Wenn man der auf dieser Recheneinheit befindlichen KI in der Entwicklungsphase am Prüfstand und später bei Tests beibringt, durch komplexe Datenmuster desselben Sensors genauere Werte zu approximieren oder gar vorherzusagen – und das in Echtzeit –, bedeutet dies einen erheblichen Gewinn für die ganze involvierte bzw. nachfolgende Prozess- und Regelkette. Ziel solcher intelligenten Sensoren ist also folglich, die Werte robuster und dadurch qualitativ hochwertiger, das heißt latenzfreier und verlässlicher, zu machen sowie auch komplexe Anomalien wie beispielsweise Sensor- oder Teiledefekte durch Verschmutzung reaktiv zu detektieren.
Im Zusammenhang mit direkt sicherheitsrelevanten Sensoren wie beispielsweise dem ABS-Drehgeber sind die Sicherheitsanforderungen naturgemäß hoch. Die Antwort hierauf sind sogenannte KI-Hybridsysteme wie in Bild 2 beispielhaft dargestellt. Einerseits erreichen diese eine sehr hohe Robustheit durch das Scoring im Postprocessing; die KI muss also sehr konfident sein. Andererseits werden auch zwecks harter Redundanz herkömmliche Algorithmen parallelgeschaltet. Einfachste Beispiele solcher Funktionen sind die Differenz zwischen Real- und Vorhersagewert oder ein sogenanntes Framing von plausiblen Werten. Bei unplausiblen Ausgaben wird also der KI-Teil überstimmt.