Der Einsatz von Laserscannern beim hochautomatisierten Fahren bietet also genaue Informationen zur Umfelderfassung und Umgebungserkennung: Statische und dynamische Objekte können zuverlässig erkannt und präzise Informationen über Freiräume bis in den mittleren Entfernungsbereich geliefert werden. Um Lidar-Systeme einem breiten Markt zur Verfügung zu stellen, wurde deren Entwicklung in den vergangenen Jahren aufgrund von Forderungen der Automobilindustrie immer weiter vorangetrieben. Dies hat dazu geführt, dass Lidar-Systeme immer kleiner, leichter und kompakter geworden sind.
Inzwischen ist die Technologie so weit vorangeschritten, dass eine vollständige Umgebungserkennung im Umkreis des Fahrzeugs möglich ist. Dies wird z.B. durch eine Sensorfusion von bis zu sechs Laserscannern gewährleistet, die eine 360°-Rundumsicht erzeugen. Dies dient der Objektverfolgung und -klassifizierung, der Kartenerstellung und Eigenpositionierung. Laserscanner müssen dabei präzise und diskret in das Fahrzeugdesign integriert werden können; allerdings darf dabei der Fokus der optimalen Positionierung zur Umgebungserkennung nicht verloren gehen.
Um für die Scanner-Sensorik eine optimale Einbauposition im Fahrzeug zu finden, sind insbesondere zwei Faktoren zu berücksichtigen:
Bei der Weiterentwicklung von Lidar-Systemen geht es u.a. um eine weitere Verbesserung der Auflösung der abzubildenden Umgebung, speziell vertikal, ohne dabei die optische Ausgangsleistung zu stark zu erhöhen. Denn die wird durch Grenzwerte für Augensicherheit und durch die technische Realisierbarkeit wirtschaftlich einsetzbarer Laserquellen limitiert. Weitere Anforderungen an künftige Geräte sind: erhöhte Reichweite, größerer vertikaler Sichtbereich, verbesserte Winkelauflösung, kleinere Baugröße sowie ein geringerer Preis, um speziell auch Klein- und Mittelklassefahrzeuge auszurüsten. Grundsätzlich ist die Preisentwicklung angesichts einer gerade erst beginnenden Serienproduktion zwar durchaus marktkompatibel, bleibt aber für die Zukunft eine Herausforderung.
Für die Gesamtsysteme zum automatisierten Fahren liegt die anspruchvollste Entwicklungsaufgabe darin, die Sensordatenfusion von Laserscannern im Zusammenspiel mit anderen heterogenen Sensortechnologien in bestehende Fusionssysteme zu integrieren.
Konkrete Lidar-Produkte
Aktuell befinden sich Lidar-Produkte noch im Prototypenstatus, und die Käufer solcher Systeme kommen vor allem aus der automobilen Forschung und Entwicklung. Die ersten Serienproduktionen werden voraussichtlich 2017 beginnen. Für den Einsatz vollintegrierter Laserscanner im Fahrzeug wurde der Scanner ScaLa (Bild 4) entwickelt, der im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen dem Automobilzulieferer Valeo und dem Laserscanner-Entwicklungsunternehmen Ibeo entstand [1].
Der ScaLa hat vier Laserstrahlebenen, die jeweils einen 0,8°-Winkel vertikal abdecken und dadurch insgesamt einen Fächer von 3,2° vor dem Fahrzeug bilden. Im Bereich dieses Fächers können statische und dynamische Objekte über eine Sender- und Empfangseinheit erkannt werden. In der horizontalen Ebene hat der Laserscanner mit 145° einen deutlich größeren Winkelbereich als Radarsensoren. Im Gegensatz zu Kameras benötigt das Gerät auch bei Nacht keine zusätzliche Beleuchtung. Eine Klassifizierung von Objekten in die vier dynamischen Gruppen Pkw, Lkw, Fußgänger und Zweiräder erfolgt ebenfalls über den Scanner. Zusätzlich kann mit den Laserscannern die statische Umgebung in Form einer genauen Konturbeschreibung ausgegeben werden. Aus diesen Informationen können für das automatisierte Fahren Aktionen z.B. für Bremsung und Lenkung abgeleitet werden, die zu einer Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr führen.
Für die kommenden Jahren werden Geräte mit einem größeren vertikalen Blickfeld erwartet. Dadurch soll die Erkennung von niedrigen, schwer erfassbaren Objekten, die sich in größerer Entfernung befinden, ermöglicht werden. Denn nur durch die Erkennung dieser Objekte ist automatisiertes Fahren ohne ein vorausfahrendes Fahrzeug bis in den mittleren Geschwindigkeitsbereich überhaupt erst möglich.
Lidar für Assistenzsysteme
Es zeichnet sich ab, dass für das automatisierte Fahren sowie für einzelne Teilapplikationen Fusionssysteme aus verschiedenen Sensortechnologien (Laserscanner, Radar, Kamera) eingesetzt werden. Eine Sensorfusion führt Messungen der einzelnen Sensoren und anderer Informationsquellen in einem einzelnen Modell der Umgebung zusammen. Dabei werden durch die verschiedenen Sensoren verschiedene Attribute der Umgebung detektiert und im Modell abgebildet.
Da einige Attribute nur von bestimmten Sensortechnologien detektiert werden können, ist es die Aufgabe der Sensorfusion, die Schwächen der einzelnen Sensoren in spezifischen Situationen zu kompensieren. Beispielsweise stellen sowohl Kamerasysteme als auch Laserscanner Informationen über andere Verkehrsteilnehmer zur Verfügung. Laserscanner bieten dabei einen deutlich höheren Detailgrad und eine bessere Positionierungsgenauigkeit. Der Kamerasensor zeichnet sich durch sein größeres vertikales Sichtfeld aus, welches bei der Objektklassifikation Vorteile bietet. Der Radarsensor zeichnet sich durch Robustheit bei Regen und schlechtem Wetter aus. Je nach Situation müssen alle Sensoren die Genauigkeit ihrer Messungen schätzen können. In der Fusion werden die Messungen dann anhand der geschätzten Genauigkeiten gewichtet und zusammengeführt.
Der Laserscanner bietet Informationen nicht nur zu anderen Verkehrsteilnehmern, sondern auch zu statischen Hintergrundobjekten. Diese können im Zusammenspiel mit einer digitalen Karte dazu genutzt werden, um das Fahrzeug genau zu verorten. Dazu wird der statische Hintergrund mit den Informationen aus der Karte verglichen und eine genaue Position bestimmt.
Aufgrund der kurz bevorstehenden Serienreife nimmt das Interesse an Lidar-Systemen weltweit stetig zu. Namhafte OEMs und Zulieferer beschäftigen sich in den Bereichen Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes/autonomes Fahren bereits sehr konkret mit diesen Systemen.
Literatur
[1] Ruff, Achim: Laser Scanner – A crucial step towards automated driving. München 2015, Vortrag, TÜV Süd, 7. Tagung Fahrerassistenz
Der Autor
Dr. Ulrich Lages |
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ist Mitgründer von Ibeo Automotive und leitet das Unternehmen seit 1998 als CEO. Er hat bei der Bundeswehr Maschinenbau studiert und im Bereich Collision Avoidance Systems (CAS) promoviert. Lages hat sich an 27 Patenten und Patentanmeldungen sowie an über 25 europäischen Förderprojekten beteiligt. |