Bei Steer-by-Wire-Lenksystemen fehlt das natürliche Lenkgefühl. Ein Team der Hochschule München will mit magnetorheologischen Feedback-Aktuatoren dennoch für ein gutes Lenkgefühl sorgen.
Steer-by-Wire (SbW) ist eine Lenktechnologie, bei der die mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern durch eine rein elektronische Signalübertragung ersetzt wird. Dies ermöglicht eine flexiblere Fahrzeugarchitektur, eine präzisere Steuerung sowie die Integration fortschrittlicher Assistenzsysteme. Da jedoch das natürliche Lenkgefühl entfällt, entwickelt ein Forschungsteam der Hochschule München unter der Leitung von Professor Dr. Peter Pfeffer ein Steer-by-Wire-System mit magnetorheologischen Feedback-Aktuatoren, um ein gutes Lenkgefühl zu gewährleisten.
Gemeinsam mit Leadpartner Matthias Niegl vom An-Institut MdynamiX der Hochschule München sowie den Projektpartnern Inventus Development und Stiwa Advanced Products kombiniert das Forschungsteam die Stärken eines Elektromotors mit einem kraftvollen, parallel geschalteten magnetorheologischen Aktuator. Das Ergebnis ist eine kosteneffiziente, flexible und energiearme Alternative zu herkömmlichen Lenksystemen für autonome Fahrzeuge.
»Der Megatrend automatisiertes Fahren erfordert eine neue Lenkungstechnologie. In künftigen Fahrzeugen werden daher Steer-by-Wire-(SbW)-Lenksysteme konventionelle Lenkungen ablösen«, erklärt Prof. Pfeffer. »Diese Systeme müssen dem Fahrer ein haptisches Feedback bieten – insbesondere im On-Center-Bereich ist dafür ein hochpräzise geregelter Feedback-Aktuator unverzichtbar.«
Die Hochschule München entwickelte diesen Ansatz im Rahmen eines Forschungsprojekts. »Unsere neuartige Technologie ermöglicht eine exakte Lenkungsrückmeldung für den Fahrer, während der Elektromotor deutlich kleiner und energieeffizienter ausfallen kann. Hohe Momente – vor allem in den Endanschlägen von über 25 Nm – übernimmt die magnetorheologische Bremse mit weniger als 100 Watt Leistung«, erläutert Matthias Becker, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Kombination von Direktantrieb und magnetorheologischem Aktuator eine natürliche Simulation vom Lenkgefühl ermöglicht. »Gerade für autonome Fahrzeuge ist dies entscheidend, um ein vertrautes und sicheres Fahrerlebnis zu schaffen«, betont Becker. Typische Nachteile klassischer Lenksysteme – etwa Spiel, Reibung oder Überhitzung – werden dabei vermieden.
»Das macht unsere Technologie besonders attraktiv für den Einsatz in künftigen Steer-by-Wire-Lenksystemen«, ergänzt Matthias Niegl vom HM-An-Institut MdynamiX. »Mit minimalem Materialeinsatz und geringem Energiebedarf können schnell hohe Kräfte bereitgestellt werden, während die Grundreibung sehr niedrig bleibt. So entsteht ein nahezu ‚klassisch-mechanisches‘ Lenkgefühl, das ein hohes Vertrauen in das System schafft.«
Das Ziel des Projekts bestand darin, eine haptische Qualität zu erzielen, die mit der von direktangetriebenen Force-Feedback-Motoren vergleichbar ist – jedoch unter deutlich besseren Bedingungen hinsichtlich Effizienz und Nachhaltigkeit. Erste Tests bestätigen bereits eine besonders harmonische Regelung des Systems.
Anschließende Optimierungsmaßnahmen sollen die Technologie zur Serienreife führen und neue Anwendungsfelder erschließen. Auch der Einsatz des magnetorheologischen Aktuators als mechatronisches Element in weiteren Fahrwerkskomponenten, beispielsweise in semi-aktiven Wankstabilisatoren, wird derzeit untersucht.
Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen des Interreg-Bayern-Österreich-Programms gefördert.