TÜV-Verband

7-Punkte-Plan für sichere autonome Mobilität

22. Mai 2025, 9:19 Uhr | Irina Hübner
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Damit Robotaxis & Co. kein Sicherheitsrisiko sind, fordert der TÜV-Verband Regeln für KI, Datenzugang und Cybersicherheit. Ein entsprechendes Positionspapier liegt nun vor.

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Autonome Fahrzeuge, KI im Straßenverkehr und vernetzte Infrastruktursysteme treiben die Mobilitätswende rasant voran. Doch der technologische Fortschritt wird sein Potenzial nur dann entfalten, wenn auch Sicherheit und Regulierung Schritt halten. Innovation braucht verlässliche Regeln – und diese müssen sich ebenso dynamisch entwickeln wie die Technologie selbst.

Adaptive Regulierung gefordert

Der TÜV-Verband setzt sich daher für eine adaptive Regulierung ein, die Erkenntnisse aus Pilotprojekten und dem Realbetrieb systematisch auswertet und den Rechtsrahmen in schnellen Zyklen kontinuierlich weiterentwickelt. »Ziel muss es sein, Fahrzeuge mit höheren Automatisierungsgraden zügig, aber unter klaren Sicherheits- und Cybersecurity-Vorgaben in den Verkehr zu bringen«, betont Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband.

In einem neuen Positionspapier zeigt der TÜV-Verband auf, wie digitale Mobilität sicher gestaltet werden kann und legt einen Sieben-Punkte-Plan zu autonomen Fahrfunktionen, KI-Systeme im Fahrzeug, Software-Updates, Datenzugang und Cybersicherheit vor.

Autonome Mobilität gezielt ausbauen

Als pragmatischen Einstieg empfiehlt der TÜV-Verband, den Einsatz autonomer Fahrzeuge gezielt dort auszubauen, wo sie sich bereits bewähren, zum Beispiel in Pilotbetrieben in klar definierten Anwendungsfeldern des Logistikverkehrs – etwa auf Werksgeländen oder klar definierten Hub-to-Hub Routen zwischen Logistikzentren – perspektivisch ergänzt um sogenannte »Automated Driving Corridors«.

Diese ausgewiesenen Bereiche, in denen Fahrsituationen mit vergleichsweise geringerer Komplexität vorherrschen, bieten die Möglichkeit Systeme unter realen Bedingungen zu etablieren, Prüfprozesse zu standardisieren und regulatorische Anforderungen evidenzbasiert weiterzuentwickeln. So kann Vertrauen in autonome Technologie wachsen – ohne Sicherheitsrisiken für die Allgemeinheit.

Warnung vor regulatorischer Grauzone

Die jüngsten Robotaxi-Piloten in den USA belegen, wie schnell reine Marktimpulse ohne flankierende Transparenz- und Prüfvorgaben zu Sicherheitslücken und Akzeptanzproblemen führen – auch, weil eine unabhängige technische Überwachung fehlt und Behörden keinen Einblick in KI-Updates oder Notfallprotokolle erhalten.

»Wir sehen, dass fehlender Zugang der Aufsichtsstellen zu Echtzeitdaten und Software-Änderungen den Blick auf die tatsächliche Risikolage versperrt«, kommentiert Goebelt. Um in Europa solche regulatorischen Grauzonen zu vermeiden, pocht der TÜV-Verband auf verbindliche, EU-weit harmonisierte Regeln für fahrzeuggenerierte Daten, ein unabhängiges Third-Party-Prüfschema für sicherheitskritische KI-Systeme und eine leistungs¬fähige Prüfinfrastruktur über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus.
»Der Regelbetrieb von Level-4-Fahrzeugen wird nur dann Realität, wenn Rechtsrahmen, technische Standards und unabhängige Prüfstellen dieselbe Sprache sprechen«, so Goebelt.

Vertrauen entsteht durch Sicherheit

Damit die Gesellschaft autonome Systeme akzeptiert, müssen diese nachprüfbar sicher sein. »Ohne Sicherheit kein Vertrauen – und ohne Vertrauen keine Akzeptanz für autonome Mobilität«, betont Goebelt. »Die Menschen erwarten zurecht, dass neue Technologien nicht nur funktionieren, sondern auch sicher sind. Dafür braucht es verbindliche Regeln und unabhängige Prüfungen.«

In Deutschland liefert die Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs- und Betriebsverordnung (AFGBV) bereits den kompletten Rechtsrahmen: Sie regelt die zweistufige Genehmigung aus Fahrzeugtyp und Betriebsbereich. Was noch fehlt: Serienfahrzeuge und Praxiserfahrungen, um das System im Alltag zu etablieren. Auch auf EU-Ebene sind mit dem Cyber Resilience Act, dem AI Act und dem Data Act alle wesentlichen Bausteine vorhanden. Entscheidend sei es nun, diese Vorgaben in konkreten Projekten anzuwenden und die dort gewonnenen Daten schnell in Standards und Prüfverfahren zu überführen.

Europa braucht einheitliche Verfahren

Der TÜV-Verband fordert eine stärkere europäische Koordinierung, etwa durch einheitliche Genehmigungsverfahren, verbindliche Sicherheitsanforderungen und den Aufbau grenzüberschreitender Testkorridore. »Deutschland und Europa müssen die Einführung autonomer Fahrzeuge aktiv gestalten – mit klaren Regeln, verlässlichen Prüfprozessen und einer innovationsfreundlichen Verwaltung«, sagt Goebelt.

Das vollständige Positionspapier »Digital Car – Sicherheit, effiziente Regulierung und unabhängige Prüfung« ist auf der Website des TÜV-Verbands abrufbar.


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