5G und DSRC V2X in autonomen Fahrzeugen

Drahtlos unterwegs in zwei Frequenzbändern

15. Mai 2023, 10:00 Uhr | Autoren: Danish Aziz, Chris Böhm und Fionn Hurley, Redaktion: Irina Hübner
© Blue Planet Studio|stock.adobe.com

Fahrzeugkommunikation ist eine wesentliche Voraussetzung für autonomes Fahren. Doch sollte der erforderliche drahtlose Zugang auf Mobilfunktechnik in Form C-V2X oder auf direkter Zugangstechnik, Dedicated Short-Range Communication, basieren?

Moderne Geräte mit Multi-Wireless-Standard verwenden einzelne Module für verschiedene Technologien. In Ermangelung einer drahtlosen Standardschnittstelle scheint die Realisierung eines solchen kooperativen Systems schwierig zu sein. Analog Devices hat kürzlich eine Ein-Chip-Lösung für die Implementierung eines Dual-Band- und Dual-Wireless-Standard-Kommunikationssystems für Fahrzeuge veröffentlicht.

Mit diesem einen Chip kann gleichzeitig in mehreren Bändern gesendet und empfangen werden. Obwohl dieses System nicht für die Automobilindustrie qualifiziert ist, könnte die verwendete Technologie zur Unterstützung von Automobilherstellern eingesetzt werden, indem sie eine Produktdifferenzierung und eine bessere Kontrolle zur Verbesserung der Servicequalität ermöglicht.

Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt auf der Entwicklung von Geräten für die Fahrzeugkommunikation (V2X). V2X steht für Vehicle-to-Everything-Kommunikation, was im Wesentlichen die Bereiche Vehicle to Vehicle (V2V), Vehicle to Pedestrian (V2P) und Vehicle to Infrastructure/Network (V2I/V2N) umfasst.

Eine kurze Einführung in V2X soll zeigen, dass der durch das Mobilfunknetz gesteuerte drahtlose Zugang für die V2X-Kommunikation (C-V2X) andere Kandidaten für den drahtlosen Zugang in unlizenzierten und dedizierten Frequenzbereichen, wie beispielsweise Dedicated Short-Range Communication (DSRC) oder IEEE 802.11p, ergänzen kann. Zu diesem Zweck müssen die Anforderungen der Anwendungsfälle und die Notwendigkeit der Nutzung der Vorteile von Mehrfachzugangstechnologien miteinander verknüpft werden.

Für die Realisierung eines Multistandard-V2X-Geräts kommen derzeit mehrere Module mit individueller Software/Firmware-Implementierung infrage. Dies schränkt jedoch das Potenzial der kooperativen/koordinierten Funktion der Zugangstechnologien ein. Die Einschränkungen werden im Abschnitt »Ein einzelner HF-IC für V2X-Systeme« erörtert. Der hierbei zum Einsatz kommende ADRV9026 ist ein Hochfrequenz-Transceiver (TRx) aus dem RadioVerse-Portfolio von Analog Devices, der den Frequenzbereich unter 6 GHz abdeckt. Diese Mehrkanal- und Multiband-Transceiver-Technologie könnte die Entwicklung eines Multiband-V2X-Kommunikationsgeräts ermöglichen.

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Drahtlose Zugangstechnologien für V2X

Ein in Form von Kommunikations-schichten dargestelltes Intelligent Transportation System, kurz ITS
Bild 1. Ein in Form von Kommunikations-schichten dargestelltes Intelligent Transportation System, kurz ITS.
© Analog Devices

Bild 1 zeigt die mehrschichtige Architektur eines vollständigen IST (Intelligent Transportation System). Die oberste Anwendungsschicht enthält die Definition von Anwendungsfällen wie zum Beispiel Notbremswarnungen, Kollisionsvermeidung an Kreuzungen und Ampelphasen. Andere Schichten bieten unterstützende Informations- und Kommunikationsdienste wie Positions- und Standortinformationen, Sensibilisierungsmeldungen und sonstige Benachrichtigungen. Diese Protokollnachrichten sollen anschließend mithilfe einer drahtlosen Technologie übertragen werden.

Nutzung von Mobilfunk-Frequenzressourcen für V2X-Kommunikation mit oder ohne Mobilfunkabdeckung. Für die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Funk-Basisstation wird die Uu-Schnittstelle verwendet
Bild 2. Nutzung von Mobilfunk-Frequenzressourcen für V2X-Kommunikation mit oder ohne Mobilfunkabdeckung. Für die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Funk-Basisstation wird die Uu-Schnittstelle verwendet, während zwischen den Fahrzeugen die PC5-Schnittstelle genutzt wird.
© Analog Devices

DSRC wurde in den USA bereits für die Fahrzeugkommunikation eingeführt, und Europa hat für den gleichen Zweck einen auf IEEE 802.11p basierenden drahtlosen Zugang eingerichtet. Diese drahtlosen Technologien wurden jedoch auf der Grundlage des IEEE-802.11x-Wi-Fi-Standards für die Ad-hoc-Kommunikation entwickelt. Daher ist ihre Reichweite begrenzt, und sie weisen ähnliche Probleme in Bezug auf Überlastung und Dienstgüte (QoS) auf wie andere Wi-Fi-basierte Systeme.

Der Begriff Cellular V2X (C-V2X) wird für den vom Mobilnetz bereitgestellten V2X-Dienst verwendet, sei es über 4G LTE oder 5G. Aus diesem Grund verfügt C-V2X über erweiterte Funktionen, mit denen der Betrieb auch bei fehlender Netzabdeckung möglich ist. In Bild 2a ist ein Szenario dargestellt, in dem die Fahrzeuge bei vorhandener Netzabdeckung kommunizieren. In Bild 2b ist die Netzabdeckung nicht vorhanden. Über die PC5-Schnittstelle können die V2X-Knoten jedoch weiterhin kommunizieren. Im Abdeckungsszenario kann das Netz jedes zugewiesene Mobilfunkband nutzen. Doch welches Frequenzband lässt sich bei nicht vorhandener Netzabdeckung nutzen?

Dual-Band und Dual-RAT- V2X-Systeme

In Europa wurde für die Fahrzeugkommunikation im 5,9-GHz-Band ein spezielles Spektrum mit einer Bandbreite von 70 MHz zugewiesen. Die Bemühungen um eine weltweite Zuweisung sind derzeit im Gange. Im Rahmen des Mobilfunkstandards wird der gleichzeitige Betrieb von zwei Bändern für V2X untersucht. Auf Grundlage der 3GPP-Spezifikationen wurde die Tabelle erstellt, um einige Beispielkombinationen von Frequenzbändern für den gleichzeitigen Betrieb von V2X-Diensten unter Verwendung von 4G LTE bzw. der 5G-New-Radio(5G-NR)-Schnittstelle für zelluläre Funkzugangstechnologien zusammenzufassen. Die unteren sechs Zeilen gelten ausschließlich für 5G NR.

In Anbetracht des Vorhandenseins mehrerer Funkzugangstechnologien, Radio Access Technologys (RATs), und der Möglichkeit der Kommunikation in mehreren Frequenzbändern müssen die Automobilhersteller entscheiden, welche sie einsetzen wollen. In den USA tendiert die FCC (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels) zur Verwendung von DSRC, während die asiatisch-pazifische Region die Entwicklung und den Einsatz von C-V2X begrüßt.

In Europa soll die drahtlose Zugangstechnologie neutral bleiben. In diesem Zusammenhang wurden einige Studien vorgelegt, die die Vorteile von ITS-G5/DSRC gegenüber C-V2X aufzeigen. Ähnliche Studien sprechen für den Vorteil von C-V2X gegenüber ITS-G5. Daher arbeiten Partner aus der Automobil- und Telekommunikationsbranche an der Entwicklung einer Lösung, bei der V2X-Dienste die Vorteile drahtloser Zugangstechnologien sowohl im lizenzierten als auch im unlizenzierten Spektrum nutzen können.

Die Realisierung der Zusammenarbeit und Koordination zwischen mehreren Funktechnologien in der ITS-Zugangsschicht
Bild 3. Die Realisierung der Zusammenarbeit und Koordination zwischen mehreren Funktechnologien in der ITS-Zugangsschicht
© Analog Devices


Bild 3 ist eine modifizierte Version von Bild 1, bei der die Zugangsschicht durch Einführung einer neuen Zwischenschicht zwischen dem Funkzugang und dem Paketzugang erweitert wurde. Diese Zwischenschicht wird als Wireless Access Management (WAM) bezeichnet. Die Aufgabe der Zwischenschicht besteht darin, die optimierte Bereitstellung von V2X-Diensten vom Netz bis zur Funkebene zu gewährleisten.

Je nach Anwendungsfall (Latenzanforderungen, QoS usw.), Verkehrsbedingungen (Überlastung) und Verbindungsbedingungen (Funkqualität) könnte sie verschiedene drahtlose Zugangstechnologien koordiniert (Diversität) oder gemeinsam (höherer Durchsatz) auswählen. Wird beispielsweise eine Überlastung auf der ITS-G5-Schnittstelle festgestellt, kann die gleiche Nachricht über PC5 mit C-V2X gesendet werden. Dies führt zu einem Diversitätsgewinn und gewährleistet die Zuverlässigkeit. Bei einem Anwendungsfall, in dem Fahrzeuge Kartendaten in hoher Auflösung austauschen, könnte die Uu-Schnittstelle in Zusammenarbeit mit PC5 oder ITS-G5 verwendet werden, um den erforderlichen hohen Durchsatz zu erreichen.

In IEEE-Beiträgen werden die Vorteile ähnlicher Konzepte, wie sie in Bild 3 dargestellt sind, mithilfe von analytischen und Simulationsmethoden ausführlich dargestellt und diskutiert.

 Uu-PC5-Frequenzbänder für den gleichzeitigen Betrieb von V2X-Diensten unter Verwendung von 4G LTE bzw. 5GNR
Tabelle. Uu-PC5-Frequenzbänder für den gleichzeitigen Betrieb von V2X-Diensten unter Verwendung von 4G LTE bzw. 5GNR.
© Analog Devices

Wie bereits in Tabelle 1 beschrieben, untersuchen die Standardisierungsgremien für Mobilfunksysteme im Rahmen von C-V2X bereits den gleichzeitigen Betrieb von 4G-LTE-Uu- und 5G-NR-Uu-Bändern mit PC5 und ITS-G5 im 5,9-GHz-Band. Mit dem gleichzeitigen Betrieb von Bändern und den zuvor erläuterten Konzepten lässt sich somit sagen, dass von den Normungsgremien und der angewandten industriellen Forschungsgemeinschaft die Grundlagen für ein Dual-Band- und sogar Dual-RAT-V2X-System geschaffen wurden. Nun liegt es an der Automobilindustrie, die optimalen Hardware-Implementierungen zu finden, mit denen sie die Vorteile von Dual-Band- und Dual-RAT-V2X-Konzepten nutzen kann.

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Kurz und knapp: Kommunikation in zwei Funkbändern
 
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der V2X-Kommunikation sind eine wesentliche Voraussetzung für das autonome Fahren. In diesem Bereich gibt es zwei drahtlose Technologien, die sich gegenseitig ergänzen könnten, um die kritischen Anforderungen von V2X-Diensten zu erfüllen: Die Technologien C-V2X und DSRC/ITS-G5, die in lizenzierten und nicht lizenzierten Frequenzbändern betrieben werden können. Für die Realisierung eines koordinierten/kooperativen V2X-Systems gibt es verschiedene Möglichkeiten. Analog Devices verfügt über die Technologie zur Unterstützung von Dual-Band- und Dual-Wireless-Standards mit hoher HF-Leistung, geringer Latenz, hoher Datenrate und hoher Zuverlässigkeit. Darauf basierend lässt sich mit einem einzelnen HF-IC ein V2X-Kommunikationssystem entwerfen, das gleichzeitig drahtlosen Zugang zu den beiden V2X-Technolgien in zwei verschiedenen Frequenzbändern bieten könnte.

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  1. Drahtlos unterwegs in zwei Frequenzbändern
  2. Ein einzelner HF-IC für V2X-Systeme

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