Sensorik

Kapazitive Sicherheitssensoren für Industrie 4.0

20. August 2014, 14:21 Uhr | Von Dr.-Ing. Luer Luetkens
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Walzwerke, Kalander, Coil-Wickler

Bei Walzwerken kann ein wesentliches Konstruktionsmerkmal des Sensors nicht benutzt werden: die Abschirmung. Walzwerke bestehen aus zwei Walzen, die sich gegeneinander drehen. Das tun sie mit einer Zugkraft von 8000 kp und mehr. Walzwerke mischen die Materialien, die auf die Walzen gelegt wurden.

Gefahr für den Bediener besteht an der Einzugsstelle, wo das Material auf die Walze gelegt wird. Bisher gibt es als Sicherheitsvorkehrungen neben den Nothalt-Tastern Nothaltschalter, die ausgelöst werden, wenn der Bediener z.B. mit dem Knie gegen die Verkleidung des Walzwerks stößt, oder Stangen über den Walzen, die bei Berührung den Nothalt auslösen. Die Sicherheit durch diese Maßnahmen gilt als ausreichend. Problematisch bei den Stangen ist, dass sie auch vom umlaufenden Material, dem sogenannten Fell, berührt werden können, und dadurch die Maschine zum Stillstand bringen. Mischungen, die zu Faltenbildung des Fells neigen, lassen sich mit so gesicherten Maschinen also nicht oder nur erschwert herstellen.

Kapazitive Schaltstange für Walzwerk
Bild 5. Kapazitive Schaltstange für Walzwerke.
© BG RCI, Fachausschuss Chemie

Die BG Chemie sieht deshalb vor, die mechanisch arbeitenden Stangen durch kapazitive Schaltstangen zu ersetzen (Bild 5). Die Veröffentlichung „Sicherheitskonzepte für Walzeneinzugstellen“ [1] gilt für Walzwerke mit Walzen bis 400 mm Durchmesser. Bis zu dieser Größe können die Walzen schnell genug angehalten und auseinander gefahren werden. Die Sensoren müssen rundum gleichmäßig empfindlich sein; der geforderte Schutzbereich beträgt 10 mm.

Die Sensoren können also keine Abschirmung haben, die die Empfindlichkeit in einer Richtung auf Kosten der Empfindlichkeit in einer anderen Richtung steigert. Der Vorteil der kapazitiven Schaltstange liegt darin, dass übliche Mischungen (auch Kautschuk) kapazitiv wesentlich weniger stark wirken als der menschliche Arm. Dadurch kann die Produktivität der Maschine bei gleicher Sicherheit deutlich erhöht werden. Kalander wiederum enthalten mehrere Walzen in Folge. Sie dienen z.B. der Egalisierung einer Folie. Hier können kapazitive Sensoren mit Abschirmung eingesetzt werden, da sie mit dem Rücken ganz nah an eine Walze gebaut werden können.

Bei Coil-Wicklern ist die Variantenvielfalt extrem: Es gibt Umwickler, bei denen Folien bedruckt oder beschichtet werden, Aufwickler von Blasfolien und viele andere. Wir sprechen hier nur von Maschinen, die elektrisch nicht leitende Materialien verarbeiten. Dazu gehören typisch Kunststoffe und Papier. Vielen dieser Maschinen ist es gemein, dass ihre Inbetriebnahme ein langsames Hochfahren über Stunden erfordert. Außerdem sind oft die bewegten Massen und die Geschwindigkeiten so groß, dass ein genügend schnelles Abschalten nicht möglich ist. Außerdem hat der kapazitive Sensor ein Problem, wenn er aus der Entfernung des maximalen Durchmessers des Coil eine Hand sicher entdecken soll, die um den Wickel gelegt wird, wenn dieser noch sehr klein ist. Bei Wicklern, die die bekannten Haushaltsfolien aufwickeln, bleiben die Durchmesser der Coils und ihre Massen aber in einem beherrschbaren Bereich.

Die Schwierigkeit des Abstandes tritt nicht auf bei Wicklern mit einer Andruckrolle: Hier besteht die Verletzungsgefahr direkt an der Andruckrolle, und man kann einen kapazitiven Sensor mit einer Abschirmung gegen diese Rolle montieren. Bei Wicklern, deren Wickel mit dem Arbeitsfortschritt stark zunimmt und die bei Arbeitsgeschwindigkeit nicht in einer sicheren Zeit gestoppt werden können, kann man kapazitive Sensoren während des Anfahrbetriebs benutzen, während man den Zutritt zur Gefahrenstelle bei höheren Geschwindigkeiten durch andere Mittel ausschließt.

Der Einsatz von Lichtschranken liegt eigentlich nahe. Allerdings sprechen diese auch dann an, wenn die verarbeitete Folie Falten wirft, was gerade im Anfahrbetrieb oft vorkommt. Bisher werden die gefährlichen Maschinen häufig so in ihre Umgebung gebracht, dass Menschen während der Produktion nicht an die Maschinen herankommen können. Kapazitive Sensoren schaffen hier neue konstruktive Freiräume.


  1. Kapazitive Sicherheitssensoren für Industrie 4.0
  2. Stabile und genau dosierbare Rückkopplung
  3. Sensoren in einer vernetzten Welt
  4. Walzwerke, Kalander, Coil-Wickler
  5. Informationslieferant für Airbagauslösegeräte in Kraftfahrzeugen

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