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KI in der Produktion: Zwischen Hype und Handlungsdruck

14. Oktober 2024, 14:00 Uhr | Lisa-Marie Waßmer / ak
Lisa-Marie Waßmer, Zoi: »Unternehmen sollten sich schon jetzt mit KI beschäftigen, um den Sprung in die Zukunft nicht zu verpassen.«
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KI ist nicht länger nur ein Hype, sondern eine Notwendigkeit. Unternehmen, die sich dem Thema nicht aktiv widmen, riskieren daher den Anschluss an den Wettbewerb. Doch wie gelingt ein Einstieg, der zielgerichtet ist und die zukünftigen Anwenderinnen und Anwender mit auf die Reise nimmt?

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Künstliche Intelligenz (KI) transformiert schon heute Branchen und Geschäftsmodelle. Doch Vorsicht: Anstatt sich kopflos selbst in die KI-Implementierung zu stürzen, ist ein systematischer Ansatz gefragt. Klar definierte Anwendungsfelder, passgenaues Enablement und Change Management, eine solide technische Integration sowie eine strategische Ausrichtung und Steuerung der KI-Initiativen bilden die ideale Basis.

Das Potenzial von KI und RAG verstehen und Anwendungsfälle identifizieren

Die KI von heute ist ein flexibles Multi-Tool: vielseitig in Prozessen, Produkten und Services einsetzbar und anpassbar an die individuellen Bedürfnisse. Ähnlich wie das Internet wird KI inzwischen einfach »bezogen«, ohne dass Unternehmen Zeit und Geld in den Aufbau und das Training eigener Modelle investieren müssen.

Der pragmatische Einstieg in die Welt der KI führt oft über interne Prozesse, bevor disruptive Produkte oder Services in den Fokus rücken. So gewinnen Mitarbeiter unmittelbar Erfahrung mit den Chancen und Grenzen von KI und erlangen das nötige Wissen für die weitere Anwendung. KI-Lösungen können beispielsweise Produktionsfehler mithilfe von Bilderkennung identifizieren, Wartungsintervalle voraussagen und automatisiert koordinieren oder die Planung von Produktions- oder Logistikprozessen optimieren.

Um erste Anwendungsfälle zu identifizieren, lohnt es sich, die derzeitigen Prozesse in den jeweiligen Fachbereichen unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, welche davon manuelle und repetitive Aufgaben umfassen. Diese Prozesse sind prädestiniert, um sie mithilfe von KI effizienter zu gestalten.

So lässt sich der Mangel an Fachkräften, beispielsweise in der technischen Dokumentation, teilweise kompensieren. Vordefinierte Bausteine ermöglichen es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Kunden im Transportwesen, Dokumente in der Hälfte der Zeit zu erstellen, so effizienter zu arbeiten und den Arbeitsaufwand effektiv zu bewältigen. Mechanismen zur Fehlerprüfung und -korrektur sichern dabei die Qualität.

Ein Maschinenbauer aus Baden-Württemberg bietet seinen Kunden direkten Fehler-Support an der Maschine. Niedrigschwellige Probleme können so ohne externe Hilfe durch einen Service-Techniker oder vorherige Schulungen gelöst werden.

Auch der interne Chatbot, der Wissen bei einem Kunden in der Automatisierungstechnik sicher und datenschutzkonform zugänglich macht, schafft Mehrwert und fördert das Verständnis der Chancen und Grenzen von KI. Er dient als Basis, um weitere, prozessgetriebene Anwendungsfälle zu identifizieren und mit KI zu verknüpfen.

Allen zuvor vorgestellten Anwendungsfällen liegt ein gemeinsamer technologischer Ansatz zugrunde: RAG, kurz für »Retrieval-Augmented Generation«. Dieses Verfahren ermöglicht es, interne Ressourcen wie Datenbanken oder Wikis anzuzapfen, die darin enthaltenen Daten zu strukturieren und in einer zwischengespeicherten Datenbank abzulegen.

Die größte Herausforderung bei diesem Ansatz liegt in der Schnittstelle zu den Datenquellen und der Bereitstellung der Daten in hoher Qualität. Ist diese Hürde jedoch gemeistert, kann die KI die Datenbank über einen Prompt durchsuchen und die relevanten Informationen im gewünschten Format zur Verfügung stellen.

Die Benutzeroberfläche, über die dies geschieht, ist häufig ein Chatbot, muss aber nicht zwingend darauf beschränkt sein. Die Interaktion mit dem Large Language Model (LLM) kann auch direkt an der Maschine, in Serviceformularen, bei der Stammdatenerfassung oder in Batch-Prozessen erfolgen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die KI-Reise mitnehmen

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen Antworten auf diese vier zentralen Fragen geben können, haben Sie erfolgreich die Grundlagen für den Einsatz von KI gelegt.
Wenn Sie in Ihrem Unternehmen Antworten auf diese vier zentralen Fragen geben können, haben Sie erfolgreich die Grundlagen für den Einsatz von KI gelegt.
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Um die Potenziale von KI im Unternehmen voll auszuschöpfen, muss ein zentraler Faktor im Fokus stehen: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als zukünftige Anwenderinnen und Anwender spielen sie eine entscheidende Rolle für den Erfolg der KI-Integration. KI fungiert zwar als Bindeglied zwischen digitalen Ecosystems und Prozessen der realen Welt, doch sie ersetzt keine digitale Innovation und ein gelungenes Change Management. Und dass die Implementierung von KI eine solche Transformation mit sich bringt, steht außer Frage.

Wie die Unternehmensberatung PwC in ihren AI Business Predictions 2024 richtig aufzeigt, kann Generative KI nicht alle Aufgaben übernehmen. Unternehmen müssen ihre Geschäftsprozesse weiterhin digitalisieren und in die Cloud heben, um die prozessuale und technologische Grundlage für die Integration von KI zu schaffen. Anschließend sind vier Dimensionen entscheidend, um die durch KI entstehende Veränderung erfolgreich und nachhaltig bei den Anwenderinnen und Anwendern im Unternehmen zu etablieren:

- Motivation (Ich will): Erfolgsgeschichten und Workshops zeigen den Mitarbeitern den Nutzen von KI auf. Offene Kommunikation schafft Vertrauen.

- Kompetenz (Ich kann): Trainings und Weiterbildungen vermitteln das nötige Know-how und neue Fähigkeiten, etwa Prompt Engineering oder Problemlösungskompetenzen.

- Ermächtigung (Ich darf): Führungskräfte gehen mit gutem Beispiel voran und schaffen eine Unternehmenskultur, die den Einsatz von KI fördert.

- Prozesse & Strukturen (Ich soll): KI wird in Prozesse integriert und Strukturen passen sich an die neuen Anforderungen an.

So lässt sich die Produktivität im Unternehmen bereits mit geringem Aufwand um bis zu 50 Prozent steigern (Predictions 2024, Forrester, 2023). Dies lässt sich beispielsweise durch die Automatisierung wiederkehrender Aufgaben, personalisierte Kundenansprache und optimierte Prozesse erreichen, die zu effizienterem Datenmanagement und weiteren Quick Wins wie Kosteneinsparungen und Flexibilität führen.

Existierende KI-Tools integrieren oder selbst passgenaue Lösungen entwickeln?

Der Einsatz von KI erfordert eine Weiterentwicklung der IT- und der Prozesslandschaft in Unternehmen.
Der Einsatz von KI erfordert eine Weiterentwicklung der IT- und der Prozesslandschaft in Unternehmen.
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Die schlechteste KI, mit der Unternehmen arbeiten werden, ist die KI von heute. Gestern noch mit sieben Fingern ausgestattet, generiert sie morgen schon täuschend echte Ergebnisse. Ähnlich verhält es sich mit KI-Anwendungen. Unternehmen sollten daher keine eigenen Modelle entwickeln, sondern auf erprobte Tools und Modelle setzen, die kontinuierlich verbessert werden. Eine hybride »Make-or-Buy«-Strategie ist ratsam.

Die Einsatzszenarien von KI in der Produktion sind vielfältig, die Anwendungsfälle jedoch oft so spezifisch, dass nicht mit industriellen Standard-KI-Lösungen auf dem Markt zu rechnen ist – auch nicht in den nächsten fünf Jahren.

Für Kernwertschöpfungsprozesse – wie die Entwicklung innovativer Produkte oder ergänzender digitaler Angebote – ist die eigene Entwicklung maßgeschneiderter KI-Lösungen der Königsweg. So lässt sich das volle Potenzial heben und KI optimal auf die individuellen Bedürfnisse und Strategien des Unternehmens abstimmen.

Anders sieht es bei Querschnittsfunktionen wie Finance oder Marketing aus. Hier kann der Rückgriff auf bereits existierende KI-Lösungen effizienter sein. Dies spart Zeit und Ressourcen und ermöglicht Unternehmen, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Der Wettbewerb unter KI-Anbietern wie OpenAI, Amazon, Google, Microsoft, Anthropic, Mistral oder Aleph Alpha befeuert die Entwicklung und bietet Unternehmen eine breite Auswahl an Lösungen. So können sie die passende KI-Lösung wählen, ohne sich langfristig an einen Anbieter zu binden.

Die Entscheidung, ob man KI selbst entwickelt (»Make«), zukauft (»Buy«) oder zunächst abwartet, ist für Unternehmen komplex und erfordert fundierte Expertise. Eine unabhängige Technologieberatung kann hier wertvolle Unterstützung leisten, weil sie über einen breiten Erfahrungsschatz aus Kundenprojekten und tiefgreifendes KI-Wissen verfügt. Auf dieser Grundlage kann sie Orientierungshilfe bei der Implementierung von KI im Unternehmen bieten, und zwar auf allen Ebenen – von der Führungsebene bis hin zur Produktion. Sie begleitet den gesamten Prozess, von der Strategieentwicklung bis zur Implementierung und organisatorischen Etablierung. Im Fokus steht dabei die Ausrichtung aller Aktivitäten und Entscheidungen auf messbare Geschäftsziele.

Governance spielt hierbei eine ebenso tragende Rolle, um sicherzustellen, dass die Nutzung von KI verantwortungsvoll, konform und nachhaltig erfolgt – in Form einheitlicher Standards für die Entwicklung, die Implementierung und den Betrieb von KI-Lösungen, einer übergeordneten Technologie-Governance und der Einhaltung ethischer Grundsätze und nationaler wie internationaler Gesetze.

Strategisch und zielgerichtet in die Zukunft der Produktion

KI hat das Potenzial, die Produktionsprozesse von Unternehmen zu revolutionieren. Durch die intelligente Vernetzung von Maschinen und Anlagen, die Automatisierung von Aufgaben und die Optimierung von Prozessen können Unternehmen ihre Effizienz deutlich steigern, Kosten senken und die Qualität ihrer Produkte verbessern.

Im Moment liegt der Fokus vieler Unternehmen noch auf der Integration in interne Prozesse. Zukünftig wird die Technologie jedoch die gesamte Wertschöpfungskette durchdringen und auch in externe Produkte und Services Einzug halten. Spätestens hier wird deutlich, wieso sich Unternehmen schon jetzt mit KI beschäftigen sollten: um den Sprung in die Zukunft nicht zu verpassen.


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