Als Vertreter des Edge-Cloud-Konzepts hat sich Kuka nicht von ungefähr gemeinsam mit TTTech an dem Edge-Cloud-Controller-Hersteller Nebbiolo Technologies beteiligt. Edge Computing, auch Fog Computing genannt, beruht auf ähnlichen Konzepten wie Cloud Computing, ist aber in kompakten und robusten Embedded-Systemen direkt in Produktionsstätten angesiedelt. Bei Nebbiolos Edge Cloud Controller handelt es sich um einen Server an der Maschine als lokale Kommunikations- und Datenübertragungs-Instanz.
Das von Kuka favorisierte Cloud-Konzept umfasst jedoch nicht nur zwei, sondern sogar drei Stufen: »Nach der Edge Cloud kommt die Private Cloud und dann die Public Cloud«, verdeutlicht Heinrich Munz. »Für uns ist die Cloud dreigeteilt. Dies bringt die Flexibilität, alles auf die Wünsche und Anforderungen der Kunden zuzuschneiden und zu sagen, wo was läuft und wo die Daten physikalisch sind. Wenn ein Kunde sagt, ich will das nur auf dem Plant Floor, ich gebe Euch kein Kabel in mein Rechenzen-trum, dann machen wir das auf der Edge, kein Problem. Dann muss er halt mit seinem Mobile Device in die Halle hinunter, wenn er sich einklinken will und es keinen anderen Zugang gibt. Wenn er aber sagt, ich lasse Dich in mein Rechenzentrum, dann sind wir in der Private Cloud, die sich mit der Edge abstimmt. Der Clou an unserer Beteiligung an Nebbiolo Technologies ist nämlich, dass das Unternehmen eine verteilte Cloud-Architektur hat.«
Auch IBM bietet seinen Kunden eine dreigeteilte Cloud an, hat jedoch selbst keine Edge Devices im Programm, so dass das Unternehmen in der Edge mit Partnern zusammenarbeitet. »Wir haben Angebote, bei denen der Kunde sagt, ich will mich um die Hardware nicht kümmern, nimm Du sie zu Dir ins Rechenzentrum – ich sage jetzt mal nicht Cloud«, erläutert Ralf Bucksch, Manager Specialty Sales and Technical Manager bei IBM. »Und wir machen dann den Service. Es gibt den umgekehrten Weg: Meine Hardware bleibt hier, und Ihr macht trotzdem den Service. Und es gibt die ganz nackte Variante: Stell mir einfach nur die Hardware hin, und was ich damit mache, ist meine Angelegenheit. Bis hin zu full-managed in der Cloud.«
Abgesehen von den verfügbaren Service-Modellen lautet eine gängige Prognose, dass Steuerungsfunktionen in die Cloud wandern würden. Doch in welche der drei Stufen? Die Edge Cloud könnte schon heute Steuerungsfunktionen durchführen, dank der Edge Cloud Controller von Unternehmen wie Nebbiolo Technologies. Aber weiter nach oben dürften Steuerungsfunktionen erst einmal nicht vordringen, denn: »Harte Echtzeit geht Stand heute nur in der Edge«, wie Heinrich Munz klarstellt. Und die industrielle Steuerungstechnik erfordert in vielen Anwendungen nun mal harte Echtzeit.
Industrie 4.0 = Flexibilität
Wo auch immer die Steuerungsfunktionen letztlich sitzen: Industrie 4.0 muss bewirken, dass die produzierenden Unternehmen den Anforderungen des Marktes gerecht werden – und das bedeutet vor allem: immer flexibler agieren. »In der Automobilindustrie beispielsweise können Kunden mittlerweile drei, vier Tage vor dem Produktionszeitraum noch alles ändern«, formuliert Johann Weber, Vorstandsvorsitzender von Zollner Elektronik. »Das war früher undenkbar. Aber das ist Flexibilität. Hierzu muss ich meine Prozesse und Maschinen miteinander verknüpfen. Ich darf nicht nur an den Produkt-entstehungsprozess denken, sondern muss auch den Informationsprozess im Griff haben – nicht nur innerhalb der Fabrik, sondern auch verknüpft mit den Kunden und den Lieferanten. Das ist Industrie 4.0.«
Je eher ein Unternehmen den Anspruch hat, spontane Kundenwünsche auch kurzfristig zu erfüllen, desto eher muss seine Produktion zu Losgröße 1 fähig sein. Dies klappt am besten mit Robotern: »Bis eine Woche vor der Produktion kann der Kunde die Farben an seinem Automobil ändern – jetzt dehnen die Automobilhersteller dieses Prinzip auf die Cockpits aus«, erläutert Dieter Meuser. »Die Folge ist, dass sie dann die Cockpits nicht mehr in hohen Stückzahlen auf Halde produzieren können, weil manche Kunden eventuell noch die Farben ändern wollen. Sie können dann keine hoch automatisierten Anlagen bestellen, sondern müssen Roboter einsetzen, um die für Fertigung in Losgröße 1 nötige Flexibilität zu bekommen. Der Roboter muss aber auf Losgröße 1 reagieren. Und wer dann kein entsprechendes SDK hat, um mit dem Ding zu kommunizieren, hat ein Problem.«