Innovationstag der SmartFactory

Die vierte Revolution in der Produktion

21. Oktober 2022, 5:50 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

"Es fehlen die Use-Cases für 5G..."

Das liegt daran, dass, wie oben schon angedeutet, viele Elemente zusammenspielen müssen, um PL4 in die Realität umsetzen zu können. Fehlt ein Element, funktioniert das Gesamtsystem nicht. Doch wie es grundsätzlich umgesetzt werden kann, das hat die SmartFactory-KL auf dem Innovationstag gezeigt, auch wie sich die verschiedenen Elemente verknüpfen lassen und wie die Entwicklung weitergehen wird.

Beispielsweise mit 5G. »Das war bisher das große Hype-Thema, allerdings fehlen bis heute die Use Cases, deshalb ist 5G trotz aller Euphorie noch nicht in die Fertigungshallen der Industrie vorgedrungen«, erklärt Ruskowski. »Wir haben auf dem Innovationstag bereits einige Use Cases demonstriert!« So war in Kaiserslautern zu sehen, wie die AGVs, die beispielsweise den Roboter von »Milos« versorgen, über 5G sicher umherfahren, sowohl in den Außenbereichen als auch innerhalb von Gebäuden, und etwa das Tor in die Produktionsinsel des Roboters sicher passieren konnten. Nebenbei: Auch wie das AVG fährt und dass sich im richtigen Moment die Tore öffnen, steuern die Skills. »Die umfangreichen, dafür erforderlichen Sicherheitsvorgaben können mit klassischer WLAN-Technologie nicht erfüllt werden, das geht nur mit 5G«, so Ruskowski.

Dass sich sicherheitsrelevante Anwendungsfälle mit 5G umsetzen lassen – eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg im industriellen Umfeld –, zeigte SmartFactory-KL am Beispiel eines Notausschalters. Solche 5G-Notausschalter gibt es heute noch nicht. Ruskowski: »Wir haben einen Prototyp entwickelt, für dessen Aufbau wir Standard-Komponenten herangezogen haben; hier auf dem Innovationstag konnten wir demonstrieren, dass er sicher funktioniert.«

In einer weiteren Demonstration macht SmartFactory-KL auf ein gerade hochaktuelles Thema aufmerksam: die Möglichkeit, mithilfe von PL4 ganze Produkte oder zumindest Teile eines Produktes wiederverwenden zu können. Dazu werden die Daten über die gesamte Lebensdauer eines Produktes gesammelt und in einer sogenannten Lebenszyklus-Akte gespeichert. Dann ist bekannt, in welchem Zustand die einzelnen Teile und das Produkt insgesamt sind, sodass entschieden werden kann, was noch einmal verwendet werden kann und was dafür nicht infrage kommt. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Auch macht nur die genaue Kenntnis über die Zusammensetzung von Produkten ein echtes Recycling möglich. Darüber hinaus ergeben sich weitere interessante Vorteile: So erfährt der Service beispielsweise, wann wo welche Teile ausgetauscht werden müssen und wie ein Produkt zu reparieren ist.

Ein ganz wesentlicher Aspekt der Shared Poduction ist bisher noch gar nicht zur Sprache gekommen: die Softwareplattform, auf der Unternehmen die Skills ihrer Maschinen hinterlegen können und über die sie weltweit verfügbar sind. Die Vision: Ein Unternehmen will ein bestimmtes Produkt fertigen lassen. Statt jetzt mühsam bei verschiedenen Herstellern anzufragen, ob sie in der Lage sind, den Auftrag anzunehmen und auf die Antwort zu warten, sucht das Unternehmen einfach auf der Plattform nach den entsprechenden Skills.

Um im Beispiel der Modell-LKW-Fertigung zu bleiben: Ein fiktives Unternehmen sucht einen Hersteller, der einen bestimmten Aufliegertyp fertigen soll. Er gibt die Suchanfrage in die Plattform ein und es meldet sich die Produktionsinsel »Milos«. Sie erklärt, den Auftrag übernehmen zu können, und nennt sofort Produktionsdauer, CO2-Ausstoß, Preis und Energieverbrauch. Das fiktive Unternehmen vergibt dann den Auftrag an »Milos«, die das Produkt in der realen Welt fertigt und an den Auftraggeber liefert. »Als Backbone setzen wir hier auf GAIA-X, aus unserer Sicht ein Meilenstein. Der europäische Datenraum bildet das Ökosystem für die digitalen Zwillinge der Maschinen ab.« Der besondere Vorteil: Alles läuft sehr sicher ab; die Nutzer müssen nicht befürchten, dass Unbefugte auf einfachem Weg an Firmengeheimnisse kommen.
In den digitalen Zwillingen der Produkte sind die Informationen enthalten, welche Skills für die Arbeitsabläufe gebraucht werden, die sie schlussendlich steuern. Ruskowski: »Das ist das, was wir unbedingt brauchen, da kommt GAIA-X zur rechten Zeit. Das ist das Backbone des gesamten Demonstrators, den wir in Kaiserslautern aufgebaut haben.«

Ein Unternehmen könnte sogar ein Teil auf den Maschinen des direkten Wettbewerbers fertigen lassen, ohne dass dieser Zugriff auf die konkreten Produktionsdaten bekommt. Das ist laut Ruskowski eine Vision und die Realität ist meist viel zu komplex, um sie wirklich immer komplett implementieren zu können: »Aber das Prinzip der gekapselten Skills, die die Modularisierung der Prozesse erlaubt, die Informatik mit dem Shopfloor verheiraten, sehe ich als den großen Game Changer in der Automatisierungstechnik an, die vierte industrielle Revolution, darauf sollten sich die Unternehmen jetzt schon vorbereiten.«


  1. Die vierte Revolution in der Produktion
  2. Die "Intelligenz" ist in den Skills gekapselt
  3. "Es fehlen die Use-Cases für 5G..."

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