Schutz vor unautorisierten Drohnen

Die Technik dazu ist weitgehend einsatzbereit

13. Februar 2023, 13:30 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

"Kein System ist bei uns wie das andere"

Großen Wert legt er darauf, dass die ESG gegenüber der Hardware neutral ist. Denn es käme auf die jeweiligen Einsatzbedingungen und die jeweiligen Szenarien an, um entscheiden zu können, welche Sensoren in welchen Kombinationen am besten geeignet sind. Ein (G7-)Gipfel, die Sicherheit von Stadien, in denen Bundesligaspiele stattfinden, große Festivals und andere Events, ein AKW oder ein Flughafen – jeder dieser Einsatzfälle ist mit vollkommen anderen technischen und operativen Herausforderungen verbunden. Zudem kommt es darauf an, gegen was sich ein Auftraggeber genau schützen will und wie groß das verfügbare Budget dafür ist. Oder andersherum gefragt: Was genügt, damit das jeweilige System seinen Zweck erfüllt?

Ergebnis ist: »Kein System sieht bei uns aus wie das andere, wir stimmen alles kundenspezifisch und anwendungsspezifisch aufeinander ab.« Eine weitere Kernkompetenz der ESG liege in der Sensorfusion. Denn es sei alles andere als eine triviale Aufgabe, die Sensoren – und nicht zu vergessen die Effektoren, die die Drohnen abwehren – sowie das Command-Control-System zu verbinden und alle erforderlichen Informationen den für die Sicherheit verantwortlichen Operateuren bereitzustellen: »Auch diesbezüglich haben wir echte Pionierarbeit geleistet, seit wir 2015 damit beauftragt wurden, den G7-Gipfel zu schützen. Damals hat es noch kein Drohnendetektions- und Abwehrsystem gegeben.«

Daraus hat sich das Guardion-Konsortium entwickelt. Guardion zeichnet sich unter anderem durch die offene Interface-Architektur und die ausgeklügelten Algorithmen für die Sensorfusion aus und stellt alle Funktionen zur Verfügung, die erforderlich sind, um in Szenarien mit gleichzeitig mehreren Bedrohungen erfolgreich agieren zu können.

Wie lassen sich unkooperative Drohnen abwehren?

Wobei wir bei einem weiteren entscheidenden Punkt angelangt wären: Ist es schon schwierig genug, die Drohnen aufzuspüren und zu identifizieren, so stellt ihre Abwehr die Ingenieure vor besondere Probleme. Wie lassen sie sich vom Himmel holen, und zwar sicher, also ohne dass sie jemandem auf den Kopf fallen oder größere Kollateralschäden verursachen?

Das naheliegendste Abwehrmittel besteht darin, die Drohnen zu jammen, also den Funkverkehr zwischen Drohne und Operator durch einen zusätzlichen Sender zu stören, was über eine Entfernung von mehreren 100 m funktioniert. Dann kann die Drohne je nach Programm, mit dem sie ausgestattet ist, sicher landen oder – wenn sie über GPS verfügt – automatisch zum Startpunkt zurückfliegen. Damit können Drohnen am Überflug gehindert werden – werden aber nicht unschädlich gemacht. Macht dann der Störsender nicht den gesamten Funkverkehr über dieses Gebiet platt, sodass dort nicht mehr kommuniziert werden kann, was meist höchst unerwünscht ist? Nicht in jedem Fall. »Heute gibt es die Möglichkeit, sehr gezielt nur die Frequenzen zu stören, auf die es ankommt«, erklärt Ulrich-Joachim Müller von der ESG.

Dedrone hat zwei Jamming-Systeme entwickelt, den »DroneDefender« für den militärischen Sektor und den »DeDroneDefender« für den zivilen Einsatz in Städten. Der DedroneDefender wird ähnlich wie eine Pistole benutzt, das Gerät sendet ein präzises Störsignal in Richtung der Drohne. Ein in das Gerät integriertes Display zeigt dem »Schützen« an, in welche Richtung er das Störsignal schießen muss. Je nachdem, wie die Drohne vorprogrammiert ist, wird sie daraufhin sicher auf dem Boden landen oder zurück zum Piloten fliegen.

Ein Nachteil im zivilen Bereich: Privatpersonen dürfen in Europa und in den USA nicht jammen, das bleibt staatlichen Stellen vorbehalten, also im Wesentlichen der Polizei und dem Militär. Und es gibt einen weiteren gravierenden Nachteil: die Drohnen könnten auf Absturz programmiert sein und dann je nach Nutzlast beträchtlichen Kollateralschaden anrichten.

Der Trick mit den Netzen

Wie lassen sie sich also sicher einfangen? Bei dieser Frage liegt die Idee nahe, sie einfach mit Netzen abzufangen, beispielsweise zwei eigene Drohnen loszuschicken, die ein Netz aufspannen, um die feindliche Drohne einzuwickeln und sicher landen zu lassen. Erst vergangene Woche hat die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr zusammen mit Partnern aus der Industrie eine Abfangdrohne vorgestellt, die unautorisierte Drohnen mit Netzen einfängt und sicher vom Himmel holt. Dazu ist die Abfangdrohne »Falke« mit zwei Abschusseinrichtungen ausgerüstet, von denen aus sie Netze auf gegnerische Drohnen abschießt. Sie funktionieren ausschließlich mit Druckluft, nicht mit Explosionsmunition, weshalb die Falke-Drohnen in Umgebungen Einsatz finden können, in denen Explosionsgefahr besteht.

Es gibt aber auch transportable Abschussgerät, ähnlich wie eine Panzerfaust, von denen aus befugte Personen das Netz auf Drohnen abschießen können. Eine wenig sinnvolle Idee, weil die erste Methode wohl bei schlechter Witterung wenig bringt und die zweite nur auf sehr kurze Distanzen funktionieren kann? »Es verhält sich mit den Effektoren ähnlich wie mit den Sensoren. Erstens können sie nur im Zusammenspiel wirklich gute Ergebnisse liefern und zweitens bestimmt das jeweilige Szenario, welche Effektoren zum Einsatz kommen. Die ‚Netzwerfer’ können durchaus sinnvoll sein, wir haben schon gute Erfahrungen damit gemacht«, sagt Ulrich-Joachim Müller.

Ebenfalls nur auf kurze Distanzen wirkt der elektromagnetische Puls, der die Elektronik der Drohnen lahmlegt. Auch derartige Systeme sind bereits Bestandteil von einigen Drohnenabwehrsystemen.

Ein weiteres derzeit einsatzfähiges Verfahren ist das Spoofing: Der unkooperativen Drohne werden GPS- und Geo-Daten vorgegaukelt. Damit können Drohnen von Dritten übernommen und gesteuert werden und die Daten sowie die Fotos, die die Kamera aufgenommen hat, lassen sich herunterladen. Alle Unternehmen, die auf der Perimeter vertreten waren, haben solche Möglichkeiten bereits im Programm oder arbeiten daran.

So bietet Securiton zur Abwehr auch Klassiker wie z. B. Jamming an. »Wir setzen auf eine ausgereifte HF-Cyber-Technologie. So sind wir mit SecuriDrone Sentinel und SecuriDrone Fortress in der Lage, die Steuerung der Drohne vollständig zu übernehmen und die Drohne ähnlich wie an einem Schutzschild zum Stillstand zu bringen oder an einem sicheren Ort eigener Wahl zu landen.«

Auch Aaronia kann mithilfe des neuen X-2 die Drohne übernehmen, ohne dass es der Operator auf der anderen Seite überhaupt merkt. »Das nenne ich ein wirklich intelligentes Drohnen-Detektionssystem!«, so Thorsten Chmielus. 


  1. Die Technik dazu ist weitgehend einsatzbereit
  2. "Das System ist keine Black Box"
  3. "Kein System ist bei uns wie das andere"

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