Interview

Alles, was Recht ist

16. November 2009, 7:54 Uhr | Andrea Gillhuber, Elektronik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Schadensersatzforderung gegen Piraten

Manche fordern ein Bußgeld für Käufer von Plagiaten. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Meines Erachtens ist es für Käufer häufig sehr schwierig, Originalprodukte und Piraterieprodukte auseinanderzuhalten. Allein vor diesem Hintergrund halte ich ein Bußgeld für Käufer von Plagiaten für problematisch. Ich würde es für sinnvoller halten, die Käufer über den volkswirtschaftlichen Schaden aufzuklären, der durch den Kauf von Pirateriewaren entsteht, und auch über die häufigen Qualitätsmängel und Gefahren für Gesundheit und Eigentum zu informieren. Gerade bei Produkten wie Pharmazeutika oder sicherheitsrelevanten Waren wie zum Beispiel Ersatzteilen für Fahrzeuge können Qualitätsmängel verheerende Folgen für die Käufer haben. Aber auch beim Kauf von Konsumgütern kann es für den Käufer enttäuschend sein, wenn sich schnell Qualitätsmängel zeigen, beispielsweise der günstig erstandene Pullover nach einmal Waschen bereits verblichen ist. Der Verbraucher in Deutschland sollte noch mehr darüber aufgeklärt werden, dass es sich nicht lohnt, Pirateriewaren zu kaufen. Dies würde ich für sinnvoller erachten, als Bußgelder einzuführen.

Kann ein von Plagiaten betroffenes Unternehmen Schadensersatzforderungen gegen den Produktpiraten stellen?

Der Inhaber von eingetragenen Schutzrechten, etwa einer Marke oder eines Patents, oder von Urheberrechten kann von Produktpiraten Schadensersatz verlangen, und zwar auf allen Ebenen der Vertriebskette, also vom Hersteller über die Groß- und Zwischenhändler bis hin zum Einzelhändler. Dabei können von jedem, der am Vertrieb der Pirateriewaren beteiligt war, Angaben über Umsätze, Stückzahlen, Lieferanten, Kunden, etc. verlangt werden. Auf diese Weise können Schadensersatzansprüche gezielter geltend gemacht werden.

Durch eine EU-Richtlinie und auch die Rechtsprechung des BGH ist zu beobachten, dass die Schadensersatzsummen, die von den Verletzern von Patent-, Marken und Designrechten erstritten werden konnten, in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. So sind Schadensersatzzahlungen bei Patentverletzung in der Größenordnung von 40 Prozent des Umsatzes, der mit dem patentverletzenden Produkt erzielt wurde, kein Einzelfall mehr.

Sehen Sie noch Handlungsbedarf auf Seiten der nationalen und internationalen Gesetzgebung im Kampf gegen die Produktpiraterie?

In Deutschland gibt es zwar die Möglichkeit, von Produktpiraten Schadensersatz zu verlangen. Die Schadensersatzpflicht ist aber maximal auf den Gewinn beschränkt, welchen die Produktpiraten mit dem Verkauf der Piraterieware erzielt haben. Das finanzielle Risiko der Hersteller und Vertreiber von Piraterieware ist daher relativ begrenzt. Dadurch wird das Geschäft mit Pirateriewaren wirtschaftlich erst recht interessant.

In vielen Ländern ist daher eine deutlich höhere Schadensersatzpflicht von Produktpiraten gesetzlich verankert. Die Hersteller und Vertreiber von Piraterieware haben dort ein wesentlich höheres finanzielles Risiko, so dass der Anreiz, solche Geschäfte zu tätigen, geringer ist. In Deutschland ist dieser Weg bislang leider nicht gewählt worden. Hier wäre eine Korrektur des Gesetzgebers meines Erachtens sinnvoll.

Letzte Frage: Was ist Ihre Motivation im Kampf gegen die Produktpiraterie?

Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dem Thema Produkt- und Markenpiraterie und habe viele deutsche mittelständische Unternehmen kennengelernt, die in die Entwicklung ihrer Produkte viel Zeit und Geld investieren. Ich habe dabei auch erfahren, in welche Probleme diese Unternehmen gestürzt werden, wenn ihre Produkte kurz nach Serienstart nachgebaut und zu Dumpingpreisen angeboten werden. Ich kann nicht akzeptieren, wenn mühsam erarbeitetes Know-How von Produktpiraten einfach so ausgebeutet wird. Ich arbeite sehr gerne mit meinen Mandanten in einem gemeinsamen Team zur Sicherung ihres wirtschaftlichen Erfolges, aber auch zum Schutz von Arbeitsplätzen und des Technologiestandorts Deutschland.

Außerdem muss auch der Verbraucher vor Täuschungen über Herkunft und Qualität der Ware sowie vor den Gefahren mangelhafter Produkte geschützt werden. Dies gilt ganz besonders in sensiblen Bereichen wie Kinderspielzeug, Arzneimittel oder Flugzeug- und Autoersatzteile.


  1. Alles, was Recht ist
  2. Bestrafung für Produktpiraten
  3. Schadensersatzforderung gegen Piraten

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