Wussten Sie, dass Sie von Produktpiraten Schadensersatz fordern können? Was passiert eigentlich, wenn ein Plagiat entdeckt wurde? Das und warum es sich lohnt rechtliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen, erklärt Dr. Alexander González, Rechtsanwalt.
Dr. Alexander González ist Rechtsanwalt in der auf gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Münchner Kanzlei Prinz & Partner. Er ist Autor des Buches Marken- und Produktpiraterie und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei Problemen mit Nachahmungen.
Herr Dr. González, wie kann sich ein mittelständisches Unternehmen international rechtlich vor Produktpiraterie schützen?
Es gibt verschiedene rechtliche Maßnahmen, mit denen man sich gegen Produktpiraterie schützen kann. Diese Maßnahmen wirken gegen Händler in Deutschland, gegen Importeure, gegen Aussteller auf Messen und schließlich auch gegen die Hersteller im Ausland.
Durch Abmahnungen oder einstweilige Verfügungen kann die Herstellung, aber auch die Ein- und Ausfuhr von Piraterieware sehr schnell gestoppt werden. Beispielsweise in Deutschland kann eine einstweilige Verfügung binnen weniger Tage erwirkt werden. Diese kann auch auf Offenlegung des Vertriebswegs gerichtet sein, so dass die gesamte Vertriebskette der Pirateriewaren aufgedeckt und gegen Hersteller und Händler vorgegangen werden kann. Daneben stehen den Inhabern von Schutzrechten wie Marken oder Patenten auch Schadensersatzansprüche zu.
Voraussetzung jedweder rechtlicher Maßnahmen ist aber, dass die Originalhersteller zum Schutz ihrer Produkte Marken, Geschmacksmuster (Designrechte) oder Patentrechte eintragen lassen. Nur derartige eingetragene Schutzrechte ermöglichen die effektive Unterbindung der Herstellung und des Vertriebs von Pirateriewaren. Andernfalls muss auf das nationale Wettbewerbsrecht im jeweiligen Land zurückgegriffen werden, welches oftmals nicht geeignet ist, Abhilfe zu verschaffen.
Neben nationalen Schutzrechten erfordert ein internationaler Piraterieschutz auch die Eintragung von Schutzrechten in anderen Ländern, insbesondere in den typischen Herstellerländern, allen voran in China.
Kann ein Unternehmen überhaupt verhindern, dass Plagiate auf den deutschen und europäischen Markt angeboten werden?
Um zu verhindern, dass Piraterieware überhaupt auf den deutschen und europäischen Markt gelangt, kann zusätzlich ein Antrag auf Grenzbeschlagnahme gestellt werden. Wenn der Hersteller der Originalprodukte über eingetragene Patente, Marken, Geschmacksmuster (Designrechte) oder Urheberrechte verfügt, kann er diese bei den Zollbehörden registrieren lassen. Der Zoll überwacht dann zumindest stichprobenartig oder im Verdachtsfall gezielt die Wareneinfuhren, welche besonders über die großen europäischen See- und Flughäfen in die EU gelangen. Werden verdächtige Waren festgestellt, benachrichtigt der Zoll den Schutzrechtsinhaber. Wenn sich der Verdacht der Piraterie bestätigt, kann die Piraterieware direkt vor Ort vernichtet werden.
Das Instrument der Grenzbeschlagnahme ist zum einen recht kostengünstig und zum anderen sehr effektiv. So wurden von den deutschen Zollbehörden beispielsweise im Jahr 2008 Pirateriewaren im Wert von über 430 Mio. EUR aufgegriffen. Am stärksten betroffen waren hierbei die Bereiche Bekleidung, Schuhe, Uhren und Schmuck, elektrische Geräte, Datenträger und Software, Parfüm und Kosmetik, aber auch andere Waren wie zum Beispiel Maschinen- oder Geräteersatzteile. Nach den Statistiken des Zolls ist jeder zweite Antrag "erfolgreich" dahingehend, dass der Zoll aktiv wird und Piraterieware beschlagnahmt.
Auch auf Messen werden Plagiate angeboten. Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es in diesem Fall?
Der Versuch von Herstellern, ihre Pirateriewaren auf Messen anzubieten und Kontakte zu potentiellen Abnehmern zu knüpfen, kann mit Hilfe der Staatsanwaltschaft, des Zolls, der Polizei und Gerichtsvollziehern unterbunden werden. Abgesehen von einstweiligen Verfügungen, die gegen Aussteller auf Messen in der Regel binnen Stunden oder zumindest weniger Tage erwirkt werden können, sind einige Staatsanwaltschaften bereit, neue und sehr effektive Wege gegen Produktpiraten zu gehen. Zumindest an einigen Messestandorten wie zum Beispiel Frankfurt oder Hannover können Piraterieprodukte, welche an Messeständen angeboten werden, binnen weniger Stunden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft von der auf der Messe anwesenden Polizei entfernt werden. Solche Maßnahmen sind natürlich dann am wirkungsvollsten, wenn sie unmittelbar bei Eröffnung der Messe ablaufen. Daher sollten solche Einsätze bereits vor Messebeginn sorgfältig geplant und mit der Staatsanwaltschaft abgestimmt werden.