Kältebereitstellung

Vakuumkältespeicher versorgt Institut mit Kälte

17. Oktober 2016, 15:04 Uhr | Hagen Lang
© Kurt Fuchs Fraunhofer IISB

Ein welweit in seiner Größenklasse einmaliger Kaltwasserspeicher mit Vakuumisolation wurde im Fraunhofer IISB in Erlangen errichtet und im Rahmen des Energieforschungsprojektes SEED betrieben.

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Zu großen Kältewasserspeichern mit Vakuumisolation gibt es bislang im Gegensatz zu Wärmespeichern keine wissenschaftlichen Untersuchungen. Der Speicher am Fraunhofer IISB ist ein Schritt beim Ausbau des Instituts als Demonstrationsplattform  für Energieeffizienz. Alle Komponenten müssen sich unter realen Betriebsbedingungen bewähren und werden beispielsweise sehr genau auf ihre Zuverlässigkeit und die tatsächlich realisierbaren Effizienzgewinne untersucht. Die direkte Verbindung mit der vorhandenen und im laufenden Betrieb genutzten Infrastruktur unterscheidet die Entwicklungen des Projekts SEEDs deutlich von klassischen Labordemonstratoren.

Prinzipiell lässt sich mit einem Kaltwassertank die energieintensive Kältebereitstellung in die Nachtstunden verlagern. Die geringeren Außentemperaturen verursachen eine größere Temperaturspreizung zwischen der über die Rückkühlwerke abzuführenden Abwärme der Kältemaschinen und der Außenluft, was günstigere Arbeitspunkte für den Betrieb der Kälteanlagen ermöglicht.

Das in der Nacht heruntergekühlte Wasser wird im Pufferspeicher vorgehalten und zu den Spitzenlastzeiten am Tag bereitgestellt. Im Ergebnis steigt die Gesamteffizienz, so dass für die Kälteversorgung am Fraunhofer IISB eine Einsparung von jährlich 15 % – bezogen auf den elektrischen Energieeinsatz – prognostiziert werden kann.

Gut – besser – Vakuum

Gerade für Kälte­anwendungen sind höchste Isolationsgüte und geringe thermische Verluste entscheidend. Bereits eine geringe Erwärmung des Wassers führt zu einer deutlichen Verringerung der Speicherkapazität. Für einen effizienten Betrieb des Kältesystems sind jedoch möglichst hohe Pufferkapazitäten anzustreben und Verluste im Speicher unbedingt zu vermeiden. Durch die hier verwendete Vakuumisolation lassen sich auch vergleichsweise einfach zu installierende oberirdische Tankspeicher ohne aufwändige bauliche Maßnahmen verlustarm im Freien betreiben.

Speicher vorausschauend nutzen

Neben einer möglichst guten thermischen Isolation des Speichers bedarf es jedoch ausgeklügelter Betriebsstrategien, um die angepeilten Effizienzgewinne auch praktisch umsetzen zu können. Dafür wird eine am Fraunhofer IISB entwickelte intelligente Steuerung für das Speichersystem sorgen. Für einen möglichst wirtschaftlichen Einsatz des Speicher­volumens lassen sich beispielsweise Kälte-Lastprofile aus Energie­monitoringdaten erstellen und Lastspitzen identifizieren. Daraus abgeleitete Prognosen für die Kältelast am nächsten Tag, die auch Wetterdaten berücksichtigen, ermöglichen den Betrieb der Kältemaschinen und das Beladen des Kältespeichers zum jeweils günstigsten Zeitpunkt. Ein dynamischer Abgleich mit den tatsächlichen, in der Praxis gemessenen Verbrauchsdaten erlaubt wiederum eine stetige Verbesserung der Betriebsstrategien.

Spitzen ausgleichen und Kosten senken

Vor allem mittlere und große Industriebetriebe bezahlen ihren Bedarf an elektrischer Energie auf der Grundlage von Spitzenlasttarifen. Für Großverbraucher ist ein Ausgleich elektrischer Lastspitzen in vielen Fällen gleichbedeutend mit einer unmittelbaren Kostenersparnis. Am Fraunhofer IISB wird deshalb in weiteren Experimenten untersucht, wie sich der Kältespeicher zur Reduktion der elektrischen Spitzenlasten des gesamten Instituts einsetzen lässt. In den Sommermonaten werden z.B. die elektrischen Lastspitzen vor allem von den Kälteanlagen hervorgerufen. Das große Puffervolumen von 80 Kubikmetern könnte die Kälteversorgung des Instituts über mehrere Stunden gewährleisten, ohne dass eine Kältemaschine in Betrieb geht. Somit ließe sich die Kältebereitstellung flexibilisieren und ein Teil der Kälteerzeugung aus der verbrauchsintensiven Mittagszeit in die Nachtstunden verschieben, wenn der Bedarf an elektrischer Energie ohnehin gering ist.

Auf die Spitze getrieben: Kopplung mit Batteriespeichern

In der Praxis wird das Tagesprofil des elektrischen Energiebedarfs von schwer vorhersagbaren, kurzeitigen elektrischen Bezugsspitzen überlagert. Das Fraunhofer IISB verfügt über leistungsfähige, selbst entwickelte stationäre elektrische Energiespeicher. Durch eine intelligente Verknüpfung der thermischen und elektrischen Speicher lassen sich – zusätzlich zum Tageslastgang – auch diese elektrischen Bezugsspitzen effektiv ausgleichen. In der Summe wird hierdurch gewährleistet, dass die angestrebte Lastreduktion auch sicher erreicht und in einem insgesamt größeren Umfang umgesetzt werden kann.

Vom Leuchtturmprojekt zur Keimzelle

Die Integration des vakuumisolierten Kaltwasserspeichers in die Versorgungsinfrastruktur des Fraunhofer IISB soll die Praxistauglichkeit des Konzepts unter industriellen Randbedingungen beweisen. Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn wird eine deutliche Verringerung des Einsatzes an elektrischer Energie für die Kälteerzeugung und damit mittel- und langfristig eine spürbare Kostenersparnis erwartet. Durch die Möglichkeit zum Ausgleich elektrischer Spitzenlasten ist das Speicherprinzip speziell auch für Gewerbebetriebe interessant. Mit dem vakuumisolierten Kaltwasserspeicher gewinnt das Fraunhofer IISB einen weiteren „Leuchtturm“ hinzu, der das ambitionierte Ziel des Energieforschungs­projektes SEEDs verdeutlicht: Den Aufbau technologischer Keimzellen für eine industrielle Energiewende.

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