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Industrie und Maker ringen um den Raspberry Pi

18. September 2023, 15:30 Uhr | Karin Zühlke
Der Raspberry Pi 4 Model B
© Laserlicht/Wikimedia Commons

Alle wollen den Raspberry Pi. Lieferzeiten von einem Jahr für einige RaspPi Modelle waren die Folge. Sind die Raspberry Pi Foundation und deren Vertriebskanäle diesem Ansturm gewachsen? Markt&Technik hat nachgefragt.

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Die Lieferzeiten für begehrte Raspberry-Pi-Versionen, allen voran der Raspi 4, haben sich seit den pandemiebedingten Materialengpässen nicht vollständig erholt. Schuld daran sind aber nicht nur die über lange Zeit fehlenden Bauteile, sondern auch ein stark ansteigender Bedarf aus der Industrie. Ist die Raspberry Pi Foundation diesem Ansturm gewachsen? Wie sieht das Vertriebsmodell aus? Markt&Technik hat nachgefragt.

Maker, Hobby-Bastler, Studenten und Schüler waren ursprünglich die Kernzielgruppe und -abnehmer der Raspberry-Pi-Produkte. Nachdem die Raspberry Pi Foundation immer leistungsstärkere Pi-Boards auf den Markt gebracht hat, entdeckten aber auch Industriekunden zunehmend die Vorzüge des kleinen SBC und designten die Produkte in ihre Applikationen ein.

Der Ansturm aus der Industrie überrollte die Pi Foundation und führte dazu, dass beispielsweise der Raspberry Pi 4 beim Exklusiv-Distributor Farnell mit Lieferzeiten von bis zu einem Jahr gelistet war. Die Folge war schlichtweg ein Verteilungskampf zwischen Makern und Industriekunden. Die Maker- und Hobbybastler-Szene kommentierte im Netz die Verknappung mit teils heftigen Unmutsbekundungen, zumal bekannt wurde, dass Eben Upton, Erfinder des Pi und Leiter der Raspberry Pi Foundation, während der extremen Verknappungsphase 2022 bis Mitte 2023 über die Vertriebskanäle der Foundation Ware für die Industriekunden priorisiert zur Verfügung stellen ließ.

In einem Statement auf Youtube, das kürzlich veröffentlicht wurde, bezeichnet Eben Upton die getroffene Entscheidung als eine der schwersten in seiner gesamten beruflichen Laufbahn und bezieht klar Stellung: »Es ist äußerst schwierig, insbesondere für jemanden wie mich, der ein Maker ist und den Raspberry Pi für Bastler und Bildungszwecke entwickelt hat, einen anderen Markt zu priorisieren, nämlich den der industriellen Kunden.«

Upton erklärt weiter, dass die typischen OEMs unter den Pi-Kunden etwa 3000 Boards pro Jahr beziehen. Meist sind dies Firmen mit einem kleinen Team von ein bis zehn Mitarbeitern. Deren Produktentwicklungen mit dem Raspberry Pi lassen sich nicht einfach umdesignen. Wenn diese Kunden keinen Zugang zum Raspberry Pi haben, könnte ihre Wirtschaftlichkeit ernsthaft gefährdet sein. »Die eigentliche Frage lautete also: ‚Sollte ich einige dieser Kunden im Stich lassen oder sie so stark einschränken, dass sie ihr Geschäft aufgeben oder erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden?’ Ich hatte nicht das Gefühl, dass dies moralisch vertretbar ist.«

Inzwischen entspannt sich die Pi-Verfügbarkeitslage je nach Produkt mehr oder weniger langsam. Laut Eben Upton sollte sich ab Juli die Produktion auf eine Million Raspberry Pis pro Monat belaufen; das nicht zuletzt aufgrund der Unterstützung von Sony Manufacturing. Das Unternehmen fertigt in UK als Contract-Electronics-Manufacturing-, sprich EMS-Unternehmen für die Raspberry Pi Foundation. Die hohe Produktionsschlagzahl solle so lange aufrecht erhalten werden, bis der noch ausstehende Bedarf aufgeholt ist.

Ältere Modelle wie der Raspberry Pi 3A+ und die Zero-Reihe sind mittlerweile wieder gut verfügbar, während andere wie der Raspberry Pi Zero 2 W und das Compute Module 4 und der aktuelle Flagschiff-Raspberry Pi 4 bei Neubestellungen noch nicht kurzfristig zu bekommen ist. Dennoch verkündet der weltweite Pi-Exklusiv-Distributor Farnell gegenüber Markt&Technik eine deutliche Entspannung: »Die Lieferzeiten für den Raspberry Pi 4 haben sich in den letzten Monaten erheblich verkürzt, und wir gehen davon aus, dass wir das Produkt im September/Oktober auf Lager haben. Der aktuelle Lagerbestand wird nicht auf der Farnell-Website angezeigt, da wir gerade noch dabei sind, die rückständigen Bestellungen abzuwickeln. Unsere absolute Priorität ist es, sicherzustellen, dass unsere zugelassenen Wiederverkäufer ihre benötigten Bestände erhalten. Sobald dies geschehen ist, können zusätzliche Bestände über unsere Website verkauft werden. Die aktuellen Lieferzeiten für den Raspberry Pi 4 betragen 12 bis 16 Wochen, aber wir gehen davon aus, dass sich auch diese Zeitspanne in den nächsten Monaten verkürzen wird«, sagt Simon Wade, Farnell Product Segment Leader.

Timmermann Ulf
Ulf Timmermann, Reichelt elektronik: »Wir haben derzeit dafür gesorgt, dass der Raspi 3 für alle erhältlich ist, auch für Endverbraucher bzw. Maker. Beim Raspberry Pi 4 sind die Mengen noch sehr limitiert. Dieser ist aktuell vor allem im Bundle erhältlich.«
© Reichelt Elektronik

Auf der Reseller-Schiene sind die Pi-Produkte in Deutschland auch über den Distributor reichelt elektronik erhälltlich. Deren CEO Ulf Timmermann äußert sich zur Verfügbarkeit gegenüber Markt&Technik folgendermaßen: »Wir haben derzeit dafür gesorgt, dass der Raspi 3 für alle erhältlich ist, auch für Endverbraucher bzw. Maker. Beim Raspberry Pi 4 sind die Mengen noch sehr limitiert. Dieser ist aktuell vor allem im Bundle erhältlich.«

Zumindest bis Jahresende sieht Timmermann aber »Licht am Ende des Tunnels«. Um den Verkauf zu regulieren, hat reichelt hat die Abgabe für jedermann im Online-Shop derzeit auf »Haushaltsmengen« limitiert. Wie die Mengenvergabe für Industriekunden aussieht, lässt Timmermann offen.


  1. Industrie und Maker ringen um den Raspberry Pi
  2. Das Pi-Vertriebsmodell

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