Zurück zum Thema CIS: Gab es auch Interessenten oder Überlegungen, die CIS-Technologie an einen Wettbewerber und nicht an einen Anlagenbauer zu verkaufen?
Bernd Sprecher: Als wir im Vorjahr unser neue Unternehmensstrategie mit dem Fünf-Säulen-Modell entwickelt haben, stand auch das Kaufinteresse anderer Solarzellenhersteller im Raum. Wir haben uns aber letztlich gegen diese Variante entschieden. Zum einen, weil wir unsere Fertigung nicht verkaufen wollten, und zum anderen, weil uns der mit Manz Automation ausgehandelte Know-how-Lizenzierungs- und Kooperationsvertrag die Möglichkeit bietet, weiterhin entscheidend zur Weiterentwicklung dieser nach wie vor leistungsstärksten am Markt erhältlichen Dünnschichttechnologie beizutragen.
Schließlich blicken wir bei Würth Solar auf über 14 Jahre Entwicklungs- und Aufbauarbeit beim Thema CIS zurück. Zudem bietet uns diese Vereinbarung die Möglichkeit, vom zukünftigen Markterfolg unserer Technologie zu profitieren, und davon sind wir überzeugt!
Welchen Einfluss haben die Insolvenzen einzelner Firmen und der Rückzug von Applied Materials aus dem Dünnschicht-Geschäft auf die zukünftigen Marktchancen der CIS-Technologie?
Bernd Sprecher: Ein direkter Einfluss dieser Ereignisse ist sicherlich nicht zu konstatieren, vielmehr handelt es sich um einen normalen Vorgang auf einem in den letzten Jahren deutlich überhitzten Markt. Letztlich werden sich am Markt die Technologien und Hersteller durchsetzen, deren Produkte wirklich »bankable« sind. Wenn die Banken nicht bereit sind, Photovoltaik-Farmen mit entsprechenden Dünnschichtlösungen zu finanzieren, wird es schwierig. Wir können hier auf ein Jahrzehnt Felderfahrung verweisen. Mit 12,8 Prozent Wirkungsgrad bei unseren Standardprodukten liefern wir heute schon die Dünnschichtzellen mit dem höchsten Wirkungsgrad. Mittel- bis langfristig werden wir diesen Prozentsatz mit der 2007 hierfür eigens gegründeten Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Würth Elektronik Research sowie in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg auf 14 bis 16 Prozent verbessern. Auf diesem Weg ist das Ziel eines Wattpreises von unter 1 Euro erreichbar - und das ohne Subventionen!
Sie sprachen davon, dass Sie die CIS-Technologie weiter entwickeln werden. Wie werden Sie diese Fortschritte, neben der Weitergabe an Ihren Kooperationspartner, am Markt umsetzen?
Karl-Heinz Groß: Wir können nur durch Innovationsführerschaft im Technologiewettbewerb der Dünnschichttechnik bestehen. Mit der Fokussierung darauf können wir Forschung für die zukünftigen Manz-Kunden leisten. Wir werden Technologie-Upgrades und Servicedienstleistungen für den CIS-Fertigung anbieten. Auch das waren Gründe, warum wir uns für Manz als Partner entschieden haben. Auf diese Weise sind wir in der Lage, einen geschlossenen Kreis von der Forschung über die Produktion bis zur Automatisierung einer Massenfertigung anzubieten. Ein solches Leistungsspektrum ist in diesem Markt bisher weltweit einmalig.
Eine Art geschlossenen Kreis dürfte es wohl auch in anderer Hinsicht geben: Für den Bedarf Ihres Anfang 2010 gegründeten strategischen Geschäftsbereichs Solarkraftwerke werden Sie bei Bedarf wohl auch bei Ihren CIS-Kunden einkaufen?
Bernd Sprecher: Das ist natürlich denkbar. Zwar haben wir bei den bisher fertiggestellten fast 40 MW, die Würth Solar bisher in Spanien, Griechenland und Deutschland realisiert hat, primär auf kristalline Solarzellen zurückgegriffen. Im Bedarfsfall haben wir aber auch schon CIS eingesetzt. Der Bereich Solarkraftwerke ist ein hervorragendes Beispiel dafür, welche Synergien sich aus der Akquisition von SolarMarkt und der Kooperation mit Manz für die Zukunft ergeben können. Als Unternehmensgruppe mit einem Umsatz von bald einer halben Milliarde Euro haben wir natürlich auch im Projektgeschäft der Solarkraftwerke sicherlich gewisse Vorteile.
Eines der Themen, das Sie bei Würth Solar vorangetrieben haben, war die Fassaden-integrierte Photovoltaik. Halten Sie weiter daran fest? Werden Sie sich als Hersteller auf solche hochwertigen, kundenspezifischen Lösungen fokussieren?
Karl-Heinz Groß: Wir halten das weiterhin für einen volumenträchtigen Zukunftsmarkt, gerade für Dünnschicht-Lösungen in Form der CIS-Technologie. Leider entwickelt sich dieses Marktsegment langsamer, als ursprünglich erwartet. Wir rechnen aber in Zukunft speziell in Frankreich mit einer verstärkten Nachfrage. Dort wurde ein Förderprojekt aufgelegt, das sich speziell an Photovoltaik-Lösungen für Architekturanwendungen wendet.
Als architektonisches Multifunktionselement führt in Zukunft wohl kein Weg an in der Gebäudehülle-integrierten Photovoltaiklösungen vorbei. Erfolg setzt in diesem Segment aber jahrelange Überzeugungsarbeit und einen langen Atem voraus.