Im Rahmen der Mobilitätswende soll der europäische Schienenverkehr harmonisiert und interoperabel gestaltet werden. Doch dies stellt auch neue, strengere Anforderungen an die Stromversorgungen, denn die eingesetzten DC-DC-Wandler sollen sämtliche Spannungsbereiche abdecken.
Um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren und gleichzeitig die Sicherheit, Kapazität und Interoperabilität des Schienenverkehrs über Grenzen hinweg zu erhöhen, müssen weitere erhebliche Investition fließen [1]. Das betrifft nicht nur neue Installationen, sondern auch die Modernisierung bestehender Systeme. In Europa beispielsweise soll der laufende Übergang zu einem einheitlichen Zugsicherungssystem (European Train Control System, ETCS [2]) als Herzstück des Europäischen Eisenbahn-Verkehrsleitsystems (European Rail Traffic Management System, ERTMS [3]) dazu beitragen, die Interoperabilität der nationalen Eisenbahnsysteme zu maximieren und die Geschwindigkeit, Kapazität und Sicherheit des Schienenverkehrs zu erhöhen.
Nach Angaben der Analysten von Research and Markets [4] wird der weltweite Eisenbahnmarkt, einschließlich des Personen- und Güterverkehrs, von rund 500 Mrd. US-Dollar im Jahr 2022 auf rund 846 Mrd. US-Dollar im Jahr 2030 ansteigen. Die Elektrifizierung der Netze ist ein Bereich der Expansion, der die allgemeine Abkehr von fossilen Brennstoffen widerspiegelt. Gleichzeitig wird die Fernüberwachung von Zuständen, die Automatisierung und die Kommunikation ausgebaut. Das Europäische Zugsicherungssystem (ETCS) beispielsweise, ein automatisches Zugsicherungssystem (Automatic Train Protection, ATP), das die bestehenden nationalen ATP-Systeme ersetzt, überwacht kontinuierlich den Zugverkehr, um die Sicherheit zu maximieren. Außerdem erwarten die Fahrgäste mehr Annehmlichkeiten wie Infotainment und drahtlose Konnektivität.
Weiter werden die Investitionen in die Schienennetze durch das Future Railway Mobile Communications System (FRMCS [5]) angekurbelt. Dieser Standard für die digitale Kommunikation wird das bestehende, erfolgreiche GSM-R-System [6] ersetzen, mit dem letztendlich mehr als 200.000 km Gleise betrieben werden sollen. Die Unterstützung für GSM-R läuft jedoch im Jahr 2030 aus, was die rasche Entwicklung von FRMCS veranlasst, das sich zum weltweiten Standard entwickeln soll.
In allen Bereichen des Schienenverkehrs, ob im Personen- oder Güterverkehr, ob ober- oder unterirdisch, werden Spannungswandler für diese Zusatzfunktionen benötigt, die oft sicherheitskritisch sind, sodass die Anlagen auch in einer schwierigen Umgebung zuverlässig funktionieren müssen.
In der Vergangenheit gab es bei Schienenfahrzeugen auf allen Märkten mehrere Nennwerte für die Gleichspannung der Systembatterie von 24 V bis 110 V, wobei die Abweichungen und Toleranzen auch von der geografischen Lage abhängen. Die europäische Norm EN 50155 ist weit verbreitet, ebenso wie die französische Norm NF-F 01-510, die einige Abweichungen aufweist, während ältere Normen wie die aus dem Vereinigten Königreich stammende RIA12 weiter bestehen. In den USA sind die Toleranzen für die Systemspannungen 24 V und 72 V wiederum unterschiedlich. Bild 1 zeigt eine Auswahl der beobachteten Nennspannungen, ihre statischen Toleranzen sowie die dynamischen Einbrüche und Überspannungen.
Eine schwierige Spezifikation, die es zu erfüllen gilt, ist die Anforderung der RIA12, der 3,5-fachen Nennspannung bzw. 385 V in 110-V-Systemen über 20 ms standzuhalten, und das bei einer relativ niedrigen Quellenimpedanz von 0,2 Ω. Ein Varistor oder eine Suppressordiode (Transient Voltage Suppressor, TVS) kann aufgrund der hohen abzuführenden Energie diese Spannung nicht klemmen, weshalb sie im normalen Spannungsbereich der zu versorgenden Ausrüstung geregelt werden muss. Zusätzlich zu den aufgelisteten energiereichen Überspannungen gibt es schnelle Störungen mit hoher Spannung, aber niedriger Energie, wie in der Norm EN 50121-3-2 für die EMV-Verträglichkeit von Schienenfahrzeugen definiert, die auf die EMV-Normenreihe IEC 61000-4 verweist. So sind beispielsweise ±2 kV mit einer Anstiegs- und Abfallrate von 5 ns bzw. 50 ns mit einer Wiederholrate von 5 kHz ohne Funktionsunterbrechung oder Beschädigung zu überstehen.
Nach der EN 50155 kann es am anderen Ende der Skala zu vollständigen Unterbrechungen bei der Stromversorgung kommen, die in die Stufen S1, S2 und S3 eingeteilt sind, wobei S3 eine sichere Versorgung ohne Leistungsminderung für einen Ausfall der Stromversorgung von 20 ms fordert. Es wird davon ausgegangen, dass diese Unterbrechungen durch kurzzeitige Kurzschlüsse in der Stromversorgung verursacht werden, sodass jeder Stromrichter einen umgekehrten Stromfluss am Eingang vermeiden muss.
Auch kann es erforderlich sein, dass Geräte ohne Unterbrechung weiterlaufen, wenn die Versorgung umgeschaltet wird, zum Beispiel bei redundanten Stromversorgungen, wenn die Versorgung kurzzeitig unterbrochen ist. In diesem Fall werden zwei Klassen definiert:
Die verschiedenen Stufen der Störfestigkeit und die zulässige Reaktion der Geräte auf Überspannungen, Transienten, Einbrüche und Unterbrechungen sind von der Funktion des Endgeräts abhängig. Sie lauten für Infotainment anders als beispielsweise für sicherheitskritische Beschilderung.
In Schienenfahrzeugen gibt es verschiedene Umgebungen, in denen elektrische Geräte installiert sein können. Diese Orte sind in Klassen eingeteilt, die von Klasse 1 – der harmlosesten, typischerweise innerhalb der Fahrgasträume – bis zu Klasse 7 reichen, etwa an den Achsen, wo Geräte hohen Belastungen durch Stöße, Vibrationen, Wasser und Verschmutzung durch Bremsstaub, Kraftstoffe und Flüssigkeiten ausgesetzt sind.
Meist sind die elektronischen Zusatzgeräte, die DC-DC-Wandler benötigen, im Fahrzeuginneren untergebracht, hauptsächlich in den wettergeschützten Bereichen der Klassen 1 bis 3. Dies wären die Verschmutzungsgrade (Pollution Degree) PD2 und PD3 gemäß EN 50124-1 und die Kategorie 1B für Vibration und Schock gemäß EN 61373. Darüber hinaus gibt es Klassen für die Betriebsumgebungstemperatur der Geräte: von OT1 (−25 °C bis +55 °C) bis OT6 (−40 °C bis +85 °C). Auch kann die Temperatur schnell wechseln, beispielsweise beim Durchfahren von Tunneln, wobei die schlimmste Schwankung mit ±3 K/s (Kelvin pro Sekunde) festgelegt ist.
Neben den anspruchsvollen elektrischen und umwelttechnischen Spezifikationen müssen DC-DC-Wandler in Bahnanwendungen natürlich auch zuverlässig sein und lange leben, damit Betriebskosten und Ausfallzeiten möglichst niedrig ausfallen. Ebenso ist es wichtig, die Versorgungssicherheit mit Ersatzbaugruppen für zehn und mehr Jahre zu gewährleisten
Angesichts der typischen Spezifikationen für den Schienenverkehr sind Standardstromversorgungen nur selten eine gute Lösung. Auch wenn diese ausgewählte Leistungsparameter erfüllen können, gewährleisten die Hersteller in der Regel die Unterstützung nicht langfristig, und für verschiedene Schienenanwendungen werden verschiedene Produkte benötigt. Viele verfügbare Lösungen haben auch nur eine begrenzte Isolationsleistung – vielleicht nur eine funktionale, während häufig höhere Festigkeiten, einfache oder verstärkte, erforderlich sind. Standardstromversorgungen erfordern in der Regel auch umfangreiche Stützschaltungen, um die Spezifikationen hinsichtlich EMV und Schwankungen bei der Versorgungsspannung zu erfüllen, was Platz verbraucht und die Bauteil- und Montagekosten erhöht.
Die Schwierigkeiten, die allgemeine Spezifikation für DC-DC-Wandler für die jeweilige Anwendung zu erfüllen, nehmen mit der Leistung zu: EMV-Filter werden größer und komplexer. Gleiches gilt für die Kondensatoren, um die Spannungseinbrüchen und -unterbrechungen zu überbrücken. Und auch einen breiten Eingangsbereich zu gewährleisten, ist bei höherer Leistung schwieriger, da die Wandler hohen Strömen bei niedrigen Eingangsspannungen standhalten müssen. Gleichzeitig müssen die Komponenten für die höchste Eingangsspannung ausgelegt sein, was zu Kompromissen bei Kosten und Wirkungsgrad zwingt. Im Ergebnis waren DC-DC-Wandler mit dem idealen weiten Eingangsbereich sowie passenden EMV- und Umwelteigenschaften nur für sehr niedrige Leistungen verfügbar oder bei höheren Leistungen sperrig und haben einen niedrigen Wirkungsgrad.
In jüngster Zeit hat der Hersteller Gaia Converter Produkte auf den Markt gebracht, die eine besondere Topologie verwenden. Damit lässt sich die Nennleistung von platinenmontierten DC-DC-Wandlern erhöhen, während die Stromversorgungen gleichzeitig sehr kompakt sind und die Spezifikationen der Hauptschiene mit hohem Wirkungsgrad erfüllen.
Ein Beispiel ist ein 80-W-Wandler in einem Gehäuse von nur 50 x 44 x 12,9 mm mit einem Eingangsbereich von 12 V bis 160 V (kurzzeitig 176 V) mit verstärkter Isolierung (Bild 2, [7]). Damit deckt dieses Modul alle statischen Abweichungen in der Eingangsspannung von nominal 24 V bis 110 V sowie die in der EN 50155 und der RIA12 definierten Transienten bis 154 V bzw. 165 V für eine Sekunde ab. Gleiches gilt für den in der Norm NF-F 01-510 definierten Transienten bis 176 V für 100 ms. Am unteren Ende liegen Spannungsabfälle mit einer Dauer von 100 ms in allen Normen bis zu einem Minimum von 12 V ebenfalls im Betriebsbereich des Wandlers.
Das abgebildete Produkt ist für eine Gehäusetemperatur von −40 °C bis +105 °C ausgelegt und eignet sich für jede Schienenfahrzeuganwendung, denn es ist vergossen, um auch rauen Umweltbedingungen standzuhalten. Die angegebene MTBF und Lebensdauer liegen bei über 1 Mio. Stunden gemäß MIL-HDBK-217F-GB, wo die übliche Werte eher bei 300.000 bis 500.000 Stunden für dieselben Standardbedingungen liegt. Das liegt auch an der magnetischen Rückkopplung, um Optokoppler und deren langfristige Degradationsprobleme zu vermeiden.
Hohen Spannungsspitzen bis zum 3,5-fachen Nennwert gemäß RIA12 müssen bei Bahnanwendungen nicht immer zwingend eingehalten werden. Diese lassen sich daher am besten durch eine optionale Vorkonditionierstufe handhaben, die die Spannung in der Regel auf unter 160 V herunterregelt (Bild 3). Eine solches Stufe bietet ebenfalls Gaia Converter als Modul im Format 48,5 × 40,7 × 12,7 mm an [7]. Dieses ist auf die DC-DC-Wandler mit 80 W, 40 W und 20 W abgestimmt, besitzt einen eingebauten Verpol- und Stromschutz, enthält einen Störfilter gegen schnelle Transienten auf der Versorgungsleitung und gegen leitungsgebundene Emissionen vom DC-DC-Wandler.
Außerdem verfügt das Modul über eine neuartige Topologie, bei der bis zu einer Eingangsspannung von 12 V ein kleiner Aufwärtswandler einen Kondensator auf einer konstant hohen Spannung hält. Fällt die Versorgung eingangsseitig aus, wird der Kondensator auf den nachgeschalteten DC-DC-Wandlereingang geschaltet, um den Ausfall zu überbrücken. Da die Energie bei hoher Spannung gespeichert wird und der DC-DC-Wandler bis 12 V arbeitet, bevor er ausfällt, ist nur ein relativ kleiner externer Kondensator (½CU2) erforderlich, um die Stufe S3 der EN 50155 zu erfüllen. Das Modul verfügt über einen Freigabeeingang, einen Fehlerausgang, einen Sanftanlauf (Softstart), eine Übertemperaturabschaltung und einen Überspannungsbegrenzungs-Schaltkreis zum Schutz vor Überlastung.
Literatur
European Train Control System (ETCS): https://www.ertms.net/about-ertms/ertms- in-brief/, ERMTS (aufgerufen am 6.2.2023)