Kontaktlose Energieübertragung:

Stromversorgung aus dem HF-Feld

5. Februar 2010, 11:52 Uhr | Von Peter Wambsganß und Prof. Dr.-Ing. Nejila Parspour
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Energieübertragung über kurze Distanzen

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Bild 6. Das magnetische Feld lässt sich durch Ferrit schirmen und bündeln. Nur im Zwischenraum und in der unmittelbaren Umgebung der gekoppelten Spulen herrscht eine für die Energieübertragung ausreichende magnetische Flussdichte.

Die beschriebenen Schwierigkeiten – Effizienz und Begrenzung der Leistung durch ICNIRP-Referenzwerte – bei der Energieübertragung über große Distanzen können umgangen werden, wenn der Abstand zwischen Sender und Empfänger auf wenige Millimeter bis Zentimeter reduziert wird. Bei geeigneter konstruktiver Auslegung der Spulensysteme konzentriert sich das Feld im Raum zwischen den Spulen. Hohe Feldstärken treten nur lokal auf, z.B. dort, wo das Feld seitlich aus dem Bereich zwischen den Spulen austritt. In größerer Entfernung ist nur ein vergleichsweise schwaches Streufeld vorhanden, das durch Einsatz von Ferriten noch weiter verringert werden kann. In Bild 6 ist die Verteilung der magnetischen Flussdichte eines geschirmten Spulensystems dargestellt. In dem dunkelviolett eingefärbten Bereich berschreitet die Induktion B zwar den ICNIRP-Referenzwert für Dauerexposition. Jedoch in einem Abstand, der etwa dem Radius der Spule entspricht, ist B bereits um eine Größenordnung geringer. Da sich die Spulensysteme im Inneren von Geräten befinden, können durch konstruktive Maßnahmen Bereiche, in denen hohe Feldstärken auftreten, während der Energieübertragung unzugänglich gemacht werden. Zudem wirkt in diesem Fall das Feld nur lokal, z.B. beim Anfassen des Gerätes auf Finger und Hände. Bei lokaler Exposition soll nach ICNIRP bei der Bewertung des EMF-Risikos auf die Basisgrenzwerte zurückgegriffen werden. Die Basisgrenzwerte für lokale Exposition sind 25- bis 50-mal höher als die Grenzwerte für Ganzkörperexposition.

Schutz und Überwachungsfunktionen

Die Energieübertragung darf erst dann aktiviert werden, wenn der Sekundärteil erkannt und identifiziert wurde. Bei nicht vorhandenem Sekundärteil ist der magnetische Kreis offen, und das Magnetfeld könnte sich unkontrolliert ausbreiten, so dass die Einhaltung von Magnetfeldgrenzwerten nicht gewährleistet wäre. Die sichere und schnelle Identifikation des Sekundärteils ist aber auch wichtig, um den Energietransfer in leitfähige Objekte zu verhindern, die in die Nähe der Primärspule gebracht werden. Durch induzierte Wirbelströme könnten sich diese Objekte so stark aufheizen, dass Brandgefahr bestünde.

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Bild 7. Der von der RRC power solutions GmbH gebaute Demonstrator kann Leistungen bis zu 50 W kontaktlos mit einem Wirkungsgrad bis zu 92 % übertragen und benötigt nur eine Leiterplattenfläche von 8 cm2 – gelb eingerahmt.

Die Identifikation kann entweder passiv oder aktiv erfolgen. Zur passiven Identifikation kann die durch die Ferritabschirmung der Sekundärspule hervorgerufene Induktivitätsänderung einer Spule im Primärteil genutzt werden. Durch diese Induktivitätsänderung wird ein Resonanzkreis verstimmt und die resultierende Spannungs- bzw. Stromänderung ausgewertet. Neben der Identifikation kann dieses System auch zur Positionserkennung genutzt werden. Eine sichere Fremdobjekterkennung ist mit passiver Identifikation jedoch schwierig. Zuverlässiger ist die aktive Identifikation, die auf einem Datenaustausch zwischen Primär- und Sekundärteil beruht.

Praktische Umsetzung

Um nachzuweisen, dass bei kleinem Abstand zwischen Primär- und Sekundärteil eine Integration von kontaktlosen Energieübertragungssystemen in mobile Geräte möglich ist, wurde bei RRC power solutions [10] ein Demonstrator entwickelt (Bild 7).

Bild 8. EMV-Messungen der Testbaugruppe aus Bild 7 bestätigen, dass durch die Beschränkung auf kurze Distanzen hohe Leistungen kontaktlos übertragbar aind, ohne die Grenzwerte nach IEC/EN55022 und ICNIRP zu überschreiten.
© RRC Power Solutions GmbH

Die komplette Steuerung und die Signalgenerierung sind auf einer einseitig bestückten Leiterplatte von weniger als 8 cm2 untergebracht (gelb markierte Fläche in Bild 7). Die restlichen Baugruppen werden für die Durchführung von Experimenten benötigt. Um 50 W (15 V, 3,3 A) zu übertragen, hat das Spulensystem einen Durchmesser von 35 mm und eine Höhe von 8 mm. Der maximale Wirkungsgrad beträgt 92 %. Die Schaltung basiert auf einem digitalen Signalcontroller, dessen Hauptaufgabe die Regelung der Ausgangsspannung ist.

Zusätzlich übernimmt er die bidirektionale Übertragung von Daten, Fremdobjekt-, Wegnahme- und Überlasterkennung. Störfeldstärkemessungen ergaben, dass sowohl EMV-Grenzwerte nach IEC/EN 55022 (Bild 8) als auch die oben beschriebenen EMF-Grenzwerte nach ICNIRP eingehalten werden können. Die mit dem Demonstrator erzielten Messergebnisse zeigen, dass die Nutzung der kontaktlosen Energieübertragung in Serienprodukten in Reichweite rückt.

Dipl.-Ing. Peter Wambsganß
studierte in Saarbrücken und Hagen Elektrotechnik. Er leitete ab 1994 die Produktentwicklung bei der RRC power solutions GmbH und ist heute als Mitglied der Geschäftsführung für Forschung und Technologieentwicklung verantwortlich.

peter.wambsganss@rrc-ps.de


Prof. Dr.-Ing. Nejila Parspour
studierte an der TU Berlin Elektrotechnik und promovierte dort auf dem Gebiet der elektrischen Maschinen. Sie ist seit Oktober 2007 Professorin für Elektrische Energiewandlung am Institut für Leistungselektronik und elektrische Antriebe der Universität Stuttgart.

nejila.parspour@ilea.uni-stuttgart.de


Literatur

[1] Yang, Z; Liu, W.; Basham, E.: Inductor Modeling in Wireless Links for Implantable Electronics. IEEE Transactions on Magnetics, 43. Jahrgang, Nr. 10, October 2007, S. 3851 -- 3860.

[2] Liu, X.; Ng, W.M.; Lee, C.K; Hui, S.Y.: Optimal Operation of Contactless Transformers with Resonance in Secondary Circuits. Konferenzband Applied Power Electronics Conference and Exhibition (APEC) 2008, 24. -- 28. Februar 2008, S. 645 -- 650.

[3] http://www.elektroniknet.de/power/news/article/6663/0/Drahtlose_Stromversorgungszukunft/

[4] http://www.wikipedia.org/wiki/witricity

[5] http://www.icnirp.de

[6] ICNIRP: Guideline for limiting exposure to time-varying electric, magnetic and electromag-netic fields (up to 300 GHz), International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection, Health Physics, April 1998, 74. Jahrgang , Nr. 4.

[7] Empfehlung des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz -- 300 GHz), (1999/519/EG). http://eur-lex.europa.eu/pri/de/oj/dat/1999/l_199/l_19919990730de00590070.pdf

[8] Institute of Electrical and Electronic Engineers. IEEE Std C95.1. Standard for safety levels with respect to human exposure to radio frequency electromagnetic fields, 3 kHz to 300 GHz. New York: Institute of Electrical and Electronic Engineers.

[9] Waffenschmidt, E: Wireless power for mobile devices. Workshop “Kontaktlose Energie- und Datenübertragung für innovative Anwendungen”, Kontenda GmbH, Mageburg, 2008.

[10] http://www.rrc-ps.de

 


  1. Stromversorgung aus dem HF-Feld
  2. Wirkungsgrad – von vielen Faktoren abhängig
  3. Energieübertragung über kurze Distanzen

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