Energy Harvesting

Energiemanagement statt nur Spannungswandler

17. August 2016, 14:51 Uhr | Von Frederik Dostal
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Zweiter DC/DC-Wandler für bessere Speicherausnutzung

Das SIDO-Konzept (Single Inductor Dual Output) erlaubt den Betrieb von zwei Spannungswandlern mit nur einer Induktivität
Bild 4. Das SIDO-Konzept (Single Inductor Dual Output) erlaubt den Betrieb von zwei Spannungswandlern mit nur einer Induktivität.
© Analog Devices

Um den nutzbaren Spannungsbereich des Zwischenkreisspeichers zu vergrößern oder um eine zweite, sehr genau geregelte Spannung zu erzeugen, kann ein SIDO-Konzept (Single Inductor Dual Output), wie im ADP5091 von Analog Devices, verwendet werden. Ohne weitere Induktivität kann damit eine zweite, sehr präzise geregelte Spannung erzeugt werden. Bild 4 zeigt den Spannungsverlauf am Ausgang des Aufwärtswandlers mit Regelung der Eingangsimpedanz sowie den Verlauf der zweiten, genau geregelten Spannung. Ein Teil des Induktivitätsstromes wird mit zusätzlichen Schalttransistoren abgegriffen, um daraus eine zweite Spannung zu erzeugen.

Die Ansteuerung der zusätzlichen Schalttransistoren erfolgt anhand einer zweiten Regelschleife. Sie misst die geregelte Ausgangsspannung und hält ihren Wert stabil. Während Energie geerntet wird, funktioniert dieses Konzept sehr gut. Was passiert aber, wenn gerade keine Energie vom Mikrogenerator, beispielsweise einer Solarzelle geliefert wird? Dann kann auch für die Erzeugung der geregelten Spannung kein Spulenstrom abgegriffen werden. Um dennoch eine stabile Spannung zu erzeugen, verfügt der ADP5091 über einen Linearregler (LDO), der in dieser Betriebssituation zugeschaltet wird und aus der Spannung des Zwischenkreisspeichers die geregelte Spannung erzeugt (Bild 5). Wenn die Spannung des Zwischenkreisspeichers nur leicht über dem Wert der geregelten Spannung liegt, ist dies mit hohem Wirkungsgrad möglich. Bei einer wesentlich höheren Zwischenkreisspannung, führen die Linearreglerverluste zu einem niedrigeren Wirkungsgrad.

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Erst wenn die Zwischenkreisspannung einen Mindestwert erreicht hat, startet der zweite Spannungswandler (SIDO-Modus) und versorgt die Lastelektronik
Bild 5. Erst wenn die Zwischenkreisspannung einen Mindestwert erreicht hat, startet der zweite Spannungswandler (SIDO-Modus) und versorgt die Lastelektronik. Schaltet der DC/DC-Wandler ab, übernimmt ein Linearregler (LDO) die Versorgung.
© Analog Devices

Schneller Kaltstart

Bei energieautarken Geräten mit Energy Harvestern kann es vorkommen, dass nicht genügend Energie geerntet wird um die Elektronik zu betreiben. In einem solchen Fall würde Energie bis zu einer einstellbaren minimalen Spannungsschwelle aus dem Zwischenkreisspeicher entnommen werden. Die einstellbare minimale Spannungsschwelle sorgt dafür, dass der DC/DC-Wandler genügend Energie im Speicher zurückhält, damit ein erneuter Anlauf mit der gespeicherten Restenergie erfolgen kann, um die vom Mikrogenerator erzeugte Energie auch wandeln zu können.

Je nach Auswahl des Zwischenkreisspeichers kann die Spannung bedingt durch Leckströme aber auch wesentlich tiefer sinken. Beispielsweise wenn über Wochen oder gar Monate keine neue Energie geerntet wird. Eine Solarzelle kann beispielsweise mit Schmutz bedeckt sein und wird erst durch den nächsten Regenfall gereinigt. Es kann also durchaus sein, dass der Zwischenkreisspeicher keine oder nur eine geringe Spannung aufweist. Ein ähnlicher Zustand ist die erstmalige Inbetriebnahme eines Gerätes mit Energy Harvester, hier liegt die Spannung am Zwischenkreisspeicher bei 0 V.

. Um schnell die für den Betrieb der Lastelektronik nötige Mindestspannung zu erreichen, lädt der DC/DC-Wandler nach einem Kaltstart zuerst den Filterkondensator an der Versorgungsspannung
Bild 6. Um schnell die für den Betrieb der Lastelektronik nötige Mindestspannung zu erreichen, lädt der DC/DC-Wandler nach einem Kaltstart zuerst den Filterkondensator an der Versorgungsspannung.
© Analog Devices

Für diese Fälle verfügt der ADP5091 über einen Betriebsmodus für den Kaltstart sobald die Solarzelle 380 mV oder mehr liefert. Im Kaltstartmodus arbeitet der Spannungswandler üblicherweise nicht mit hohem Wirkungsgrad, da Transistoren bei geringen Spannungen nicht im für die Schalterfunktion optimalen Arbeitspunkt betrieben werden können, sondern mehr im Verstärker-Arbeitspunkt angesteuert werden. Während des Kaltstartes würde der Zwischenkreisspeicher mit einem Wirkungsgrad von üblicherweise 10 % geladen werden, bis die Spannung am Zwischenkreisspeicher oberhalb von ca. 1,93 V liegt. Ab dieser Spannung kann der DC/DC-Wandler mit wesentlich höherem Wirkungsgrad arbeiten. Wenn nun ein Zwischenkreisspeicher mit hoher Kapazität verwendet wird, kann es sehr lange dauern, bis 1,93 V erreicht werden, besonders wenn der niedrige Wirkungsgrad von 10 % im Kaltstartmodus berücksichtigt wird.

Um die Zeit im Kaltstartbetrieb wesentlich zu verkürzen, hat der neue ADP5091 einen sogenannten beschleunigten Kaltstart. Hier wird der Zwischenkreisspeicher während des Kaltstarts abgeschaltet (Bild 6). Anstelle des großen Speichers wird zuerst der kleine Filterkondensator geladen, der die Versorgungsspannung der Lastschaltung filtert. Die Spannung an diesem kleinen Energiespeicher steigt bei gleicher verfügbarer Leistung von der Solarzelle wesentlich schneller an und die 1,93-V-Schwelle wird zügig erreicht, sodass der DC/DC-Wandler in den normalen Betriebsmodus mit wesentlich höherem Wirkungsgrad von über 90 % schaltet. In diesem Modus wird dann der große Zwischenkreisspeicher zugeschaltet und geladen. Bild 7 zeigt die Startsequenz mit beschleunigtem Kaltstart.

Beim Kaltstart ist der Zwischenkreisspeicher abgeschaltet. Erst wenn der an der Versorgungsspannung der Lastelektronik angeschlossene Filterkondensator aufgeladen
Bild 7. Beim Kaltstart ist der Zwischenkreisspeicher abgeschaltet. Erst wenn der Filterkondensator aufgeladen und die Schwelle für die maximale Betriebsspannung erreicht ist, wird der Zwischenkreisspeicher geladen.
© Analog Devices

Batterie als Notversorgung

Für einen sehr zuverlässigen Betrieb besteht häufig der Wunsch, zusätzlich zum Energy Harvester auch noch eine herkömmliche Primärzelle als Notstromversorgung vorzusehen. Die Batterie soll nur belastet werden, wenn nicht genügend Energie geerntet wird und auch nicht genügend Energie im Zwischenkreisspeicher vorhanden ist (Bild 8).

Die Notstromversorgung per Primärzelle wird nur dann zugeschaltet, wenn der Energy Harvester nicht arbeitet
Bild 8. Die Notstromversorgung per Primärzelle wird nur dann zugeschaltet, wenn der Energy Harvester nicht arbeitet und die Energie im Zwischenkreisspeicher nicht ausreicht, um die Lastelektronik zu versorgen.
© Analog Devices

Anwendungen sind batteriebetriebene Geräte, deren Batterielaufzeit durch den Einsatz von Energy Harvestern verlängert werden soll, um Batteriewechsel zu vermeiden. Das Hinzufügen einer Primärzelle zur Stromversorgung im Notfall ist nicht trivial, da auch hier darauf geachtet werden muss, keine hohen zusätzlichen Verluste zu generieren. Durch die Integration der hierfür nötigen Funktionen in einem IC lässt sich die Stromaufnahme für das Spannungs- und Strommanagement reduzieren. Beispielsweise kann die Referenzspannungsquelle, die für die Erzeugung der unterschiedlichen Schwellenspannungen benötigt wird, von vielen Schaltungsteilen gemeinsam verwendet werden. Die hohe Integration des Energiemanagements ist also nicht nur wegen des geringen Platzbedarfs wünschenswert.

 

Der Autor

 

Frederik Dostal
arbeitet seit 2009 als Experte für Stromversorgungsschaltungen bei Analog Devices in München. Er schloss sein Studium der Mikroelektronik an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen im Jahr 2001 ab. Seither arbeitete er in unterschiedlichen Positionen in der Halbleiterindustrie und war in der Zeit auch vier Jahre in Phoenix, Arizona, USA, tätig.

 

frederik.dostal@analog.com



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