Spectaris-Jahresausblick 2025

Deutsche Photonik-Branche bleibt vorsichtig optimistisch

21. Januar 2025, 8:00 Uhr | Nicole Wörner
Dr. Wenko Süptitz, Spectaris: »Die Vielseitigkeit der Photonik-Anwendungen schafft auf Branchensicht beständig neue Möglichkeiten, um Einbrüche in einzelnen Bereichen aufzufangen und überzukompensieren.«
© Spectaris

Nach Jahren stabilen Wachstums hat sich die Dynamik in der deutschen Photonik-Industrie verlangsamt. Dennoch bieten Technologien wie Laserfusion und Quantentechnologien vielversprechende Chancen. Kann die Branche ihre Innovationskraft nutzen, um auch in Zukunft global wettbewerbsfähig zu bleiben?

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Von Dr. Wenko Süptitz, Leiter des Fachverbands Photonik bei Spectaris

Die Photonik-Industrie in Deutschland ist eine erfolgsverwöhnte Branche. Das langjährige jährliche Umsatzwachstum liegt bei sechs bis sieben Prozent und damit deutlich über den Wachstumsraten der deutschen Wirtschaft insgesamt. Im abgelaufenen Kalenderjahr ist es vielen Unternehmen jedoch nicht gelungen, dieses durchschnittliche Wachstum zu erreichen. Vielmehr lagen die Jahresumsatzzahlen von zahlreichen Photonik-Unternehmen zuletzt nur noch bei ein bis zwei Prozent, in Einzelfällen sogar darunter. Krisendämpfend wirkt sich für viele Photonik-Unternehmen aus, dass sie in unterschiedlichen und nur schwach korrelierenden Marktsegmenten tätig sind und ihre Kundenbasis über mehrere Kontinente verteilt ist.

Endgültige Zahlen für die deutsche Photonik-Industrie im Jahr 2024 liegen zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch nicht vor. Der Branchenverband Spectaris rechnet jedoch auf Jahresbasis mit einem Branchenumsatz von 53 Milliarden Euro, der von rund 190.000 Beschäftigten erwirtschaftet wurde. Für das Jahr 2025 wird ein moderates Umsatzwachstum von rund zwei Prozent bei leicht steigender Beschäftigung erwartet.

Die wichtigsten Marktsegmente der deutschen Photonik

Die Märkte der Photonik-Hersteller sind stark fragmentiert. Für Deutschland sind drei Bereiche von besonderer Bedeutung: Produktionstechnik, Medizintechnik und Messtechnik einschließlich des maschinellen Sehens. Bei der Produktionstechnik sind nochmals die Lasermaterialbearbeitung (Schneiden, Schweißen, Markieren) und die Mikrolithografie zu unterscheiden.

Strukturelle Probleme im Automobil- und Maschinenbau haben in jüngster Zeit zu Auftragsrückgängen bei den Herstellern von Lasersystemen geführt. Dies wurde zum Teil noch durch gut gefüllte Auftragsbücher aus den Vorjahren kompensiert. Bei den Anbietern von Mikrolithografie, deren Umsätze sich ganz überwiegend beim niederländischen Weltmarktführer für Waferstepper ASML kumulieren, scheint die zyklische Talsohle durchschritten zu sein und für 2025 wird mit steigenden Auftragszahlen gerechnet.

Die Hersteller von optischen Produkten für die Medizintechnik sind in weitaus geringerem Maße von zyklischen Marktbewegungen betroffen. Der weltweite demografische Trend einer alternden Bevölkerung, einer wachsenden zahlungskräftigen Mittelschicht und einer steigenden Lebenserwartung lässt ein mehr oder weniger kontinuierlich wachsendes Marktvolumen erwarten. Wichtige Anwendungsfelder sind die Ophthalmologie, die mikroinvasive Chirurgie und die Laserdermatologie einschließlich kosmetischer Laserbehandlungen.

In der optischen Messtechnik sind die Produkte und Anwendungen stark fragmentiert. Nahezu alle photonischen Technologien von optischen Fasern über hyperspektrale Kameras bis hin zu frequenzstabilen Lasern werden je nach Situation messtechnisch eingesetzt. Diese Spezialisierung bietet insbesondere hochspezialisierten mittelständischen Unternehmen profitable und stabile Marktnischen.

In großvolumigen Marktfeldern wie der optischen Datenkommunikation (Glasfasertechnologie inklusive Sender/Empfänger/Koppler) und der Consumer Optics (Smartphones, Displays, AR/VR) hinken Deutschland und Europa dagegen insbesondere gegenüber asiatischen Wettbewerbern deutlich hinterher.

Der durch die globalen Rahmenbedingungen stark steigende Bedarf an militärischer Wehrtechnik eröffnet den Herstellern von Optik und Photonik auch neue beziehungsweise wiederbelebte Geschäftsfelder. Geänderte Ausrüstungsanforderungen wie Optoelektronik für Aufklärungs- und Kampfdrohnen sowie Lasertechnologie für entsprechende boden- und luftgestützte Gegenmaßnahmen bieten den Unternehmen Raum für innovative Entwicklungen.

Technologieimpulse aus Laserfusion und Quantentechnologie

Im Bereich der zukünftigen Energiesicherheit wurden in jüngster Zeit wichtige Meilensteine in der Fusionsforschung erreicht, wie etwa die Demonstration eines Nettoenergiegewinns im Laserfusionsprozess. Diese Erfolge haben der Entwicklung der Laserfusion neue Impulse gegeben. Höchste Anforderungen an energieeffiziente Hochleistungsdiodenlaser und optische Beschichtungen eröffnen zunächst den Forschungsausrüstern - und mittelfristig auch den Herstellern der genannten Kernkomponenten - neue Geschäftsmöglichkeiten.

Ähnlich verhält es sich bei den Quantentechnologien. Von der massiven Forschungsförderung in diesem Bereich profitieren zunächst vor allem Anbieter von Speziallasern, Sensoren und anderen optischen Komponenten für den Einsatz in Forschung und Entwicklung. Welche Technologieansätze sich kommerziell durchsetzen werden, ist noch nicht absehbar. Weil die Photonik aber fast überall einen wichtigen Anteil an der Lösung hat, versprechen die Quantentechnologien perspektivisch ein attraktives Marktsegment der Photonik zu werden.

Fokus auf integrierte optoelektronische Komponenten

Die weitere staatliche Forschungsförderung im Bereich der Photonik – national wie europäisch - konzentriert sich aktuell stärker auf die Erforschung und Entwicklung von integrierten optoelektronischen Komponenten. Dazu gehören photonische integrierte Schaltkreise PICs und optische Schaltkreisverbindungen (Optical Interconnects). Hintergrund sind stark steigende Bedarfe an energieeffizienten und sehr schnellen digitalen Komponenten, die in den in großen Mengen benötigten KI-optimierten Systemen in Datencentern zu Einsatz kommen. Während dabei die Forschung und Entwicklung in Europa weiter Weltspitze ist, fehlt es leider hierzulande vermehrt an Risikokapital und an schnell skalierenden Unternehmen, um den Bedarf an solchen Komponenten ohne Rückgriff auf asiatische und amerikanische Anbieter abdecken zu können.

Ausblick: Optimismus dank Diversität

Zusammenfassend blickt die deutsche Photonik vorsichtig optimistisch in das neue Jahr 2025. Die Vielseitigkeit der Photonik-Anwendungen schafft auf Branchensicht beständig neue Möglichkeiten, um Einbrüche in einzelnen Bereichen aufzufangen und überzukompensieren.

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