»Im Vergleich zu AOI- sind die Unterschiede bei AXI-Systemen deutlich gravierender«, so Kokott. »Hier gelangen 2D- und 2,5D-Technologien beispielsweise hinsichtlich der Fehlererkennung an doppelseitig bestückten Baugruppen schnell an Grenzen. Aber auch bezüglich der Prüfprogrammerstellung und Inspektionsgeschwindigkeit geht das Feld angebotener Systeme weit auseinander.«
Auch Römer sieht im Röntgenbereich ganz unterschiedliche Ansätze und Bedürfnisse – hier hätten 2D-, 2,5D- und 3D-Technologien je nach PCB-Technologie durchaus parallele Existenzberechtigung. Das sei auch in den verschiedenen Technologien sichtbar, wie die Laminografie, Tomosynthese oder CT im 3D-Bereich. »Einseitig bestückte PCBs können bei der Suche nach Einschlüssen sehr wohl mit 2D-Röntgen gehandhabt werden«, unterstreicht Römer. »Kommen allerdings mehrreihige Komponenten wie Stecker oder BGA-Bälle ins Spiel, ist nur noch 2,5D machbar. Bei modernen Boards allerdings wird beidseitig bestückt oder Komponenten werden übereinander oder gar in die Leiterplatte verbracht. Hier kann nur 3D-Röntgen, und in einigen Fällen sogar nur noch die CT-Technologie helfen. Hier scheiden sich die Geister allerdings am Inline- oder Offline-Gerät, weil ja auch Taktzeiten wichtig sind. Beim Röntgen geht es keineswegs um Details – hier sind es ganz und gar andere technologische Ansätze und der Bedarf, die den Unterschied ausmachen.«
Die modernste Technologie im Röntgenbereich ist die Computertomografie (CT). Off-Line oft recht arbeitsintensiv, aber mit besten Auswertemöglichkeiten für die Analyse, bedarf es einer hohen Rechenleistung. In-line war das bislang noch nicht möglich, weil die Technologie nur in der Medizin sicher anwendbar war. Omron und GE haben jedoch gerade neue Lösungen für die Elektronikproduktion vorgestellt. Damit ist nicht nur die 3D-Inspektion in der Linie möglich, sondern auf dem Verifizierplatz wird nun auch eine Analysemöglichkeit bereitgestellt, die bislang nur in der AOI nutzbar war.
In der Pasteninspektion stellt sich die Situation nochmals anders dar. »Bei SPI-Installationen sind die meisten Geräte in der Lage, im µm-Bereich genau zu messen«, führt Römer aus. »Das macht den Unterschied zur AOI aus, wo berechnet oder verglichen wird: Bei der SPI werden hochgenaue Messungen durchgeführt. Der Kunde wird aber entsprechend des dynamischen Druckprozesses recht hohe prozentuale Toleranzen zulassen müssen, wenn er nicht jede Leiterplatte als fehlerhaft aus dem Prozess ziehen will. Wer 150-µm-Schablonen verwendet, muss nicht auf 0,5 µm genau messen, wenn die Körnung eines einzelnen Pastenbällchens schon über 8 µm liegt.«
Was beeinflusst die Kaufentscheidung?
Welche weiteren Faktoren entscheiden im Rennen um die Gunst des Kunden? Zu den wichtigsten Aspekten gehören sicherlich die Flexibilität und Erweiterbarkeit eines Testsystems hinsichtlich Prüfgeschwindigkeit und Fehlererkennung, und dass sie sich nahtlos in bestehende Strukturen einpassen lassen. Ein weiteres wichtiges Schlagwort ist »Traceability«. Die Datenanbindung an verschiedene QMS- und MES-Systeme stellt laut Jens Kokott immer mehr eine unabdingbare Anforderung der Anwender dar.
Volker Pape hält individuell angepasste Systeme für essentiell, um dem Markt gerecht zu werden. »Kunden möchten für jeden Einsatzfall und Geldbeutel das passende System bekommen«, erläutert er. »Darauf haben wir uns in den vergangenen Jahren konzentriert. Wir haben kleine und mittelständische Kunden mit geringen Stückzahlen, die aber hoch spezialisiert sind. Sie haben oft nur ein geringes Budget und brauchen dafür die passende Inspektionsleistung. Andererseits haben wir Kunden, die vergleichsweise hohe Anforderungen haben und auch ein angemessenes Budget dafür. Wir bieten beiden die entsprechende Lösung. Wir können bei den kleinen Kunden mit den Erfahrungen in der Großserienfertigung reüssieren, bei den großen dagegen mit den immer wieder besonderen Technologien der kleineren Spezialisten. Das ist, glaube ich, heute die Leistungsfähigkeit, die der Kunde sucht. Das ist für uns die Strategie für die Zukunft.«
Weitere wichtige Aspekte bringt Olaf Römer auf den Punkt: »Branding ist in lokalen Märkten oft mit das Wichtigste für die Anbieter. Die Kunden schauen auch oft nach den Support-Strukturen – manchmal mehr als nach dem Produkt selbst. Nicht zuletzt sind die Kosten ein wichtiger Punkt für produzierende Kunden, und wie wir ja alle wissen, ist die Qualitätssicherung, das Inspizieren und Analysieren oft eher ein unangenehmer und schwer zu berechnender Faktor, der sich meist erst dann deutlich zeigt, wenn er eben ausgelassen wurde und spätere Kosten im Prozess oder gar erst beim Endkunden entstehen – dann wird es deutlich teurer.«