Ausfälle vermeiden

Optimal und fehlerfrei mit dem VNA messen

23. März 2015, 13:20 Uhr | Von Adam Purkiss
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Der Zusammenhang zwischen Kalibrierung und Genauigkeitsgrad

Die physischen Eigenschaften eines Messaufbaus mit einem VNA führen von Natur aus zu Einschränkungen bei der Rohdatenausgabe. Eine ideale Kalibrierung würde die Auswirkungen dieser Einschränkungen ausgleichen. Die Einschränkungen können in folgenden Parametern auftreten:

Anpassung: Da es sich um ein Breitband-Messgerät handelt, bietet der VNA eine Grobanpassung, die zu Messfehlern von über 1 dB führen kann. Eine Korrektur von Fehlanpassungen mindert den Betrag dieses Fehlers erheblich. Richtfaktor: Der an einem VNA vorhandene Richtkoppler ermöglicht die Trennung des am Messobjekt (DUT) anliegenden Signals von dem vom DUT reflektierten Signal. Selbst wenn VNA-Hersteller hochwertige Verbinder zum Einsatz bringen, wird immer ein gewisser Rest von ungewollten Kopplungen zwischen den Signalpfaden bleiben. Dies kann sich auf Tests auswirken, die zum Messen von reflektierten Signalen mit sehr kleiner Amplitude angedacht sind.

Frequenzgang: Werden Kalibrierkabel für Messzwecke verwendet, können diese Auswirkungen auf den gesamten Frequenzgang haben. Dieser Frequenzgang muss erneut auskalibriert werden.

Zweck der Kalibrierung einer Messanordnung ist es, die Auswirkungen von Anpassungs-, Richtfaktor- und Frequenzgangfehlern zu verkleinern. Eigentlich sollte diese Art von Kalibrierung besser „Vektorfehler-Korrektur” genannt werden; Diese Kalibrierung unterscheidet sich gänzlich von der periodisch (im Normalfall im Jahresturnus) durchgeführten Kalibrierung seitens des Herstellers, die zur Erhaltung der Wertigkeit eines VNA notwendig ist.

Die Kalibrierung durch den Hersteller wiederum ist eine Verifizierung. Das Verfahren verlangt eine Kalibrierung des VNA unter Anwendung bekannter Kalibriernormale. Idealerweise sollte es sich dabei um spezifische Kalibriernormale für den betreffenden VNA handeln, wie sie vom Hersteller in seinen Kalibrierungs-Kits geliefert werden. Zur Kalibrierung werden zudem kundeneigene Kalibrierkabel verwendet, wenn diese vorhanden sind. VNA und Kabel werden anschließend auf spezielle Verifizierungsnormen hin getestet und es werden S-Parameter-Messungen vorgenommen. Entsprechen die Ergebnisse der gewünschten Spezifikation, hat der Test bestätigt, dass VNA, Kalibriernormale und Kalibrierkabel geeignet sind.

Die Bedeutung von Kalibrierkoeffizienten

Angenommen, es wird ein verifizierter VNA verwendet, dann besteht der erste Schritt des Ingenieurs zur Realisierung eines exakten Messaufbaus darin, eine genaue Bezugsebene zu definieren, von der aus die Messung vorgenommen wird. Dies ist nur möglich, wenn die Kalibrierkoeffizienten, die im Lieferumfang der meisten Kalibrier-Kits enthalten sind, vor der Durchführung einer Kalibrierung in den VNA eingegeben werden. Für die Kalibrierung von Koaxialkabeln, Hohlleitern und Mikrostreifenleitungen werden separate Koeffizientendatensätze zur Verfügung gestellt. Deren Verwendung gewährleistet die exaktesten Messergebnisse.

Während des Kalibriervorgangs entfernt der Analysator mathematisch die Offsetdaten, um an der Messbezugsebene für den Verbinder einen Null- oder Referenzpunkt zu setzen. (Die Messbezugsebene eines Verbinders wird als Kontaktstelle des Außenleiters betrachtet.) Sind keine Kalibrierkoeffizienten von Kalibriernormalen verfügbar, werden Durchschnittsstandarddefinitionen, welche im VNA gespeichert sind, verwendet. Diese können für einige Messungen ausreichen, jedoch müssen damit unweigerlich Abstriche bei der Messgenauigkeit gemacht werden. Die Verwendung spezieller Kalibrierkoeffizienten ist vorzuziehen, wenn eine hohe Genauigkeit gefordert ist.

Vorbereitung der Messungen

Wie oben beschrieben, wird üblicherweise davon ausgegangen, dass ein Fehler am VNA vorliegt, wenn Testmessungen deutliche Abweichungen von den erwarteten Ergebnissen zeigen. Bevor von solch einem Fehler ausgegangen und ein Servicetechniker angefordert wird, ist es klug, wenn der Anwender überprüft, dass der Fehler nicht anderswo zu suchen ist.

Der Anwender sollte die Kalibrierung zur Vektorfehlerkorrektur ein zweites Mal durchführen. Damit wird bestätigt, dass der VNA und seine Kalibrierkabel ordnungsgemäß funktionieren.

Ein verschmutztes Kalibriernormal kann Messergebnisse verfälschen
Bild 3. Ein verschmutztes Kalibriernormal kann Messergebnisse verfälschen.
© Anritsu GmbH

Durch verschmutzte Kalibriernormale werden Kalibrierergebnisse beeinträchtigt, insbesondere bei hohen Frequenzen (Bild 3). Diese Kalibriernormale sind mit Hilfe von alkoholgetränkten Tupfern zu reinigen (reiner Medizin- oder technischer Alkohol). Es muss überprüft werden, dass die richtigen Kalibriernormale verwendet werden und in der richtigen Reihenfolge zum Einsatz kommen.

Bei Durchführung einer Vektorfehlerkorrektur ist es hilfreich, ein Kalibrier-Kit des Herstellers anzuwenden, das auf den betreffenden Steckertyp zugeschnitten ist. Das Kit enthält die richtigen Kalibriernormale, die zu Beginn des Kalibriervorgangs in den VNA angeschlossen werden müssen. Diese Normale versorgen den VNA mit präzisen Daten, so dass die Bezugsebene im Laufe des Kalibriervorgangs exakt festgelegt werden kann.

Wer ist schuld: Mensch oder Maschine?

Auch ist zu beachten, dass die Gefahr von Fehlbedienungen besteht, wenn Kits für die manuelle Kalibrierung angewendet werden. Da manuelle Kalibrierungen lange dauern können, können die Kalibrierergebnisse verfälscht werden. Bei Kalibrierungen zahlt sich Geduld aus: Man muss akzeptieren, dass das Verfahren nicht in Eile durchgeführt werden kann. Außerdem lohnt sich eine methodische Vorgehensweise. Wird eine Kalibrierung nämlich vom Ingenieur sorgfältig durchgeführt, spart man dadurch Zeit ein, die ansonsten in die wiederholte Durchführung des Kalibrierverfahrens investiert werden müsste.

Fazit: Wie in nahezu allen Bereichen, in denen Technik verwendet wird, ist bei VNAs der Mensch häufiger die Fehlerquelle als die Maschine. Glücklicherweise eliminiert die genaue Beachtung der eben erläuterten Methoden in Kombination mit der Verwendung hochwertiger und unbeschädigter Baugruppen, wie z.B. Kabel und Verbinder, sämtliche üblicherweise auftretenden Quellen für vom Anwender generierte Fehler und ermöglicht fast ausnahmslos ein für viele Jahre störungsfreies und exaktes Messen mit einem VNA.

 

Der Autor

 

Adam Purkiss

 
ist erfahrener VNA-Support-Ingenieur bei Anritsu in Großbritannien. 

 


  1. Optimal und fehlerfrei mit dem VNA messen
  2. Der Zusammenhang zwischen Kalibrierung und Genauigkeitsgrad

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