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DVB-T2-Empfänger zuverlässig testen

17. Mai 2010, 9:01 Uhr | Von Peter Lampel
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Entwicklung und Test von DVB-T2-Empfängern

Mit DVB-T2 steht also ein Standard zur Verfügung, der eine effiziente terrestrische HDTV-Übertragung möglich macht. In vielen Unterhaltungselektronikfirmen läuft jetzt die Entwicklung von DVB-T2-Empfängern an, und es stellt sich die Frage, wie man diese prüft und qualifiziert. Die Tests müssen nachweisen, dass der Empfänger unter realen Empfangsbedingungen funktioniert, das heißt:

  • bei starken und schwachen Empfangssignalen,
  • bei verrauschten Signalen,
  • im Gleichwellennetz sowie
  • bei Nachbarkanalstörungen.

Für einen Test wird zuerst ein aussagekräftiges Fehlerkriterium benötigt, üblicherweise eine bestimmte Bildqualität, die der Zuschauer subjektiv als noch akzeptabel empfindet. Das D-Book [4], die Spezifikation der britischen Digital TV Group, fordert, dass im Schnitt höchstens zwei Bildfehler pro Minute auftreten, wobei in einem Zeitraum von zehn Sekunden nur ein Fehler erlaubt ist und die beiden darauf folgenden 10-Sekunden-Abschnitte fehlerfrei sein müssen. Solche visuellen Fehlerkriterien erfordern immer einen menschlichen Betrachter.

Messtechnisch leichter zu erfassen ist das Bitfehlerverhältnis (BER, Bit Error Ratio). Allerdings ist das BER am Ausgang des Decoders auf Grund des leistungsfähigen Fehlerschutzes von DVB-T2 sehr gering und erfordert lange Messzeiten für verlässliche Aussagen. Deshalb wird das BER zwischen der inneren und der äußeren Fehlerschutzdecodierung gemessen. Für DVB-T2 erlaubt das D-Book hier ein BER von höchstens 1 × 10–7.

Die im Folgenden beschriebenen Tests müssen nachweisen, dass der Empfänger unter realen Bedingungen das Fehlerkriterium einhält. Zum Test des Dynamikbereichs des Empfängers dient eine Eichleitung. Moderne Signalgeneratoren haben eine eingebaute Eichleitung, die den gesamten Aussteuerbereich eines Empfängers abdeckt. Der Signal-Rausch-Abstand (SNR) des DVB-T2-Testsignals lässt sich mit einem Rauschgenerator gezielt verschlechtern. Dieser Test überprüft in erster Linie, ob der Empfänger bis zu einem festgelegten SNR das DVB-T2-Signal unter Einhaltung des Fehlerkriteriums decodieren kann.

Bei DVB-T2 kommt ein weiterer Effekt hinzu. Die LDPC-Decodierung ist ein iteratives Verfahren, dessen Rechenaufwand mit abnehmendem SNR steigt. Ein Empfangssignal mit minimalem SNR ist damit gleichzeitig ein Stresstest für den Empfänger, mit maximaler Rechenleistung und maximaler Stromaufnahme. Neben dem weißen Rauschen tritt in der Praxis auch impulsförmiges Rauschen auf. Es entsteht im Haushalt z.B. durch elektrische Geräte oder beim Betätigen von Lichtschaltern. Ein Signalgenerator simuliert dieses impulsförmige Rauschen durch getastetes weißes Rauschen. Dabei ist die Impulslänge kürzer als die Dauer eines OFDM-Symbols, und die Impulse sind innerhalb eines bestimmten Zeitraums statistisch verteilt.

DVB-T2-Spektrum
Bild 4. Im Idealfall sollte das gemessene DVB-T2-Spektrum rechteckig aussehen. In der Praxis jedoch sorgen Mehrwege- ausbreitung und Signale anderer Sender im Gleichwellennetz für Fading – das Spektrum zeigt Einbrüche.
© Rohde & Schwarz

Digitale Fernsehsender werden oft bei gleicher Frequenz – als Gleichwellennetz – betrieben, was beim Empfang zu Problemen führen kann. Die Signale der verschiedenen Sender kommen zu unterschiedlichen Zeitpunkten am Empfänger an und überlagern sich (Bild 4). Mit einem Fadingsimulator lässt sich diese Situation nachbilden, indem verschiedene Pfade mit unterschiedlichen Laufzeiten und Dämpfungen zur Simulation der einzelnen Sender verwendet werden.

Zuletzt gilt es nachzuweisen, dass der Empfänger auch in Anwesenheit von Nachbarkanalstörern funktioniert. Dabei kommt es auf zwei Eigenschaften des Empfängers an: Selektivität und Linearität. Die Selektivität wird mit einem starken Fernsehsendersignal im Nachbarkanal des Nutzsignals getestet. Das Kanalfilter des Empfängers muss den Nachbarkanal so unterdrücken, dass dieser das Nutzsignal decodieren kann.

Zum Testen der Linearität dienen zwei starke Fernsehsendersignale im zweiten und im vierten Nachbarkanal (Bild 5). Im Empfänger entsteht dadurch ein Intermodulationsprodukt dritter Ordnung, das im gleichen Kanal liegt wie das Nutzsignal. Der Empfänger kann es deshalb nicht ausfiltern, es wirkt wie zusätzliches Rauschen. Für alle diese Tests legen Prüfspezifikationen wie das D-Book Grenzwerte fest, bei denen der Empfänger das eingangs festgelegte Fehlerkriterium – höchstens zwei Bildfehler pro Minute – einhalten muss.

Linearität eines Fernsehtuners
Bild 5. Um die Linearität des Tuners zu testen, werden zum Nutzsignal starke Sendersignale als Störsignale im zweiten und im vierten Nachbarkanal erzeugt und zusammen in den Tunereingang eingespeist – hier 16 und 32 MHz oberhalb der Empfangsfrequenz.
© Rohde & Schwarz

Integriertes Rundfunk-Testsystem

Ein moderner Fernsehsignalgenerator wie das Rundfunk-Testsystem R&S SFU von Rohde & Schwarz [5] ermöglicht es, diese Tests mit einem einzigen Messgerät durchzuführen. Wesentlich ist dabei ein präziser DVBT2- Modulator, der ein hochstabiles Testsignal erzeugt. Ein integrierter Transportstromgenerator liefert die Video- und Audio-Inhalte in Echtzeit. Mit einer verschleißfreien elektronischen Eichleitung wird der Ausgangspegel über den gesamten Dynamikbereich des zu testenden Empfängers eingestellt. Das Ausgangssignal des Signalgenerators kann mit weißem Rauschen, impulsförmigem Rauschen und Phasenrauschen definiert verschlechtert werden. Der 40-Pfad-Fadingsimulator bildet praktisch alle denkbaren Kanalbedingungen reproduzierbar nach.

Eine große Stärke des R&S SFU ist die Interferer-Management-Funktion, die neben dem Nutzsignal ein oder mehrere Nachbarkanalsignale erzeugen kann. Man braucht dadurch auch für Selektivitäts- und Linearitätsmessungen nur einen Signalgenerator. Alle Funktionen des Testsystems lassen sich fernsteuern, um den Testablauf für eine Prüfspezifikation wie das D-Book vollständig zu automatisieren. Der R&S SFU vereint alle Funktionen, die der Hersteller für Entwicklung und Test von DVB-T2- Empfängern braucht. Damit trägt er dazu bei, dass in Zukunft auf großen Fernsehbildschirmen gestochen scharfe Bilder zu sehen sind.


  1. DVB-T2-Empfänger zuverlässig testen
  2. Entwicklung und Test von DVB-T2-Empfängern
  3. Literatur und Autor

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