Mikroscanner finden in der Medizintechnik zahlreiche Anwendungen. KMU profitieren dabei von Evaluations-Kits, um die Möglichkeit der Mikroscannertechnologie in der Produktentwicklung zu testen - ohne aufwendige und kostspielige Eigenentwicklung einer Ansteuerelektronik.
Mikroscanner sind kleinste optische Bauelemente, die in der Lage sind, winzige Spiegel um eine oder mehrere Achsen auszulenken, um ein sehr schnelles und präzises Scannen oder Projizieren zu ermöglichen. In der Medizin kommen die Scannerspiegel beispielsweise in der Bildaufnahme für medizinische Endoskope oder der konfokalen Mikroskopie Zum Einsatz. Mit einem geringen Volumen und Gewicht sowie einer hohen Energieeffizienz eignen sie sich auch für mobile Einsätze - und überzeugen mit einer berührungslose Arbeitsweise.
Für kundenspezifische Anwendungen hat das Fraunhofer IPMS in Dresden bereits mehr als 200 unterschiedliche Mikroscanner-Designs entwickelt. Das Leistungsangebot für Medizingeräte-Hersteller erstreckt sich von der Konzeption über die Prototypentwicklung bis hin zur Pilotfertigung in eigenen Laboren und Reinräumen. Mit neuartigen und patentierten Designlösungen sowie anwendungsspezifischen Technologiemodulen, die zunehmend auch mit künstlicher Intelligenz (KI) ergänzt werden, erweitert das Fraunhofer IPMS kontinuierlich den Anwendungsbereich der Scannerspiegeltechnologie.
Vorteile der IPMS-spezifischen Mikroscanner sind die im Bauelement integrierte Positionssensorik, die mögliche Adaption hochreflektierender Verspiegelungen und die ausschließliche Verwendung einkristallinen Siliziums für die mechanisch beanspruchten Elemente. Sie zeichnen sich deshalb durch eine hohe Robustheit gegenüber Umgebungseinflüssen aus. So weisen die am Fraunhofer IPMS entwickelten Mikroscanner eine Schockfestigkeit von mindestens 2500 Gramm auf. Bei entsprechender staub- und feuchtigkeitsdichter Verkapselung sind sie wartungsfrei und können für einen Temperaturbereich von ca. -40 bis 200 °Celsius ausgelegt und betrieben werden.
Aufgrund der zahlreichen Einsatzmöglichkeiten von Mikroscannern in der Medizintechnik, konnten sich in den letzten Jahren viele Entwicklungen des Fraunhofer IPMS bei mehreren Partnern in der Praxis qualifizieren.
So hat das Fraunhofer IPMS vor einigen Jahren doppelresonante MEMS-Scanner entwickelt, die das Herzstück eines kompakten Röntgenfolienscanners für die digitalisierte Zahnmedizin sind. Diese Mikroscanner werden im hauseigenen Reinraum im Rahmen einer Pilotfertigung bis zu einigen 1000 Stück pro Jahr qualifiziert für das Kundenprodukt hergestellt. Die Montage auf einem eigens entwickelten Bauelementträger mit integrierter Elektronik und anschließendem Test wird ebenfalls am Fraunhofer IPMS durchgeführt. Dass auch Qualität nach Industriestandard im Fokus steht, garantiert die Zertifizierung des Instituts nach ISO 9001.
Weitere Applikationen der Medizintechnik des Fraunhofer IPMS sind die für die Firma Norlase entwickelten Laserscanner, welche in der Ophthalmologie in der Behandlung von Netzhaut- und Glaukom-Patienten zum Einsatz kommen. Durch den Einsatz der MEMS-Scanner des Fraunhofer IPMS ist eine zuvor unerreichte Miniaturisierung des Systems und eine höhere Auflösung möglich.
Für das Startup Envision Diagnostics entwickelt das Institut Mikroscanner für einen standardisierten, schnellen und zuverlässigen Augentest, welcher alle qualitativen Parameter erfasst, auswertet und darstellt. Dies liefert Ärzten umfangreichere und zuverlässigere Patientendaten, sodass sichere Entscheidungen getroffen werden können.
Auch in der medizinischen Mikroskopie finden Mikroscannerspiegel zahlreiche Anwendungen. Dank optischer Kohärenztomografie können die Oberflächen- und Tiefenstruktur von Objekten mit einer Auflösung im Mikrometerbereich analysiert werden. Die Mikroscannerspiegel des Fraunhofer IPMS ermöglichen damit eine neue Art der Erfassung von Umgebungsparametern und sind Herzstück eines neuartigen Laser-Scanning-Mikroskops zur Tumorabgrenzung. Mit dessen Hilfe können Krebsoperationen schneller, präziser und sicherer gemacht werden. Noch im Operationssaal kann die Ärztin oder der Arzt mithilfe des Mikroskops das Gewebe untersuchen, aus dem der Tumor gerade herausgeschnitten wurde. Ein vorher aufgebrachter Fluoreszenz-Marker macht alle Krebszellen sichtbar, die nach dem Schnitt eventuell noch zurückgeblieben sind. Diese lassen sich dann restlos und präzise entfernen. Das umliegende Gewebe wird dabei geschont, weil man im Mikroskop-Display genau sieht, wo das gesunde Gewebe anfängt. Und niemand muss mehr auf ein Laborergebnis warten.
Auch das von Zeiss entwickelte ZEISS Lattice Lightsheet 7, welches vom Bundespräsidenten mit dem Deutschen Zukunftspreis 2022 ausgezeichnet wurde, beinhaltet die Mikroscanner-Technologie des Fraunhofer IPMS. Das Mikroskopsystem zur schonenden 3D-Abbildung lebender Zellen nutzt unter anderem das vom Institut entwickelte Scannermodul Light Deflection Cube (LDC). Dieses wurde qualifiziert und wird ebenfalls im Rahmen einer Pilotfertigung dem Kunden Zeiss jährlich für das aktuelle Produkt zur Verfügung gestellt.
Mikroscanner-Technologien des Fraunhofer IPMS: |
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Vektorscannermodule – die neuste Generation der Spiegeltechnologie Eine der neuesten Entwicklungen des Instituts sind die ersten hybriden 2D-Vektorscannermodule mit elektromagnetischem Antrieb. Sie erlauben die zweidimensionale, quasistatische Auslenkung bei größeren Spiegelaperturen sowie eine hohe vektoriellen Positioniergeschwindigkeit. »Dieser neue Ansatz erweitert den Parameterraum der bisherigen monolithischen Scanner deutlich. Dabei bleiben die etablierten Vorzüge der Fraunhofer IPMS-Scannerspiegeltechnologie – hohe optische Planarität und Entkopplung der Scanachsen durch kardanische Aufhängung sowie die Ermüdungsfreiheit der Federelemente – erhalten«, erklärt Dr. Jan Grahmann vom Fraunhofer IPMS. Das Modul stellt die Spiegelposition in Form analoger Signale zur Verfügung, um ein geregeltes System realisieren zu können. Die bekannten zusätzlichen Features wie das Aufbringen einer kundenspezifischen, hochreflektierenden dielektrischen Verspiegelung oder die Realisierung der Spiegelplatte als Beugungsgitter sind auch für diese Bauelemente durchführbar. Um die Performance des Scanmoduls auszureizen, ist die geregelte Ansteuerung des Bauteils empfehlenswert. Die benötigten und feinmaschig an die mechanischen Eigenschaften des Moduls angepassten Regelalgorithmen wurden am Fraunhofer IPMS entwickelt und können auf die digitale Ansteuerung der kundenseitigen Systemelektronik (FPGA oder Mikrokontroller) übertragen werden. Ergänzend steht eine kompakte Ansteuerelektronik mit einer präzisen analogen Treiberstufe und Eingangsstufen für die Positionssignale zur Verfügung. Sie kann sowohl analog als auch über eine digitale Schnittstelle angesprochen werden. Quantenkaskadenlaser mit extremer Auflösungserhöhung für die Spektrometrie Weitere Forschungsarbeiten des Fraunhofer IPMS befassen sich mit der sensorischen Erfassung der Umgebung mittels Quantenkaskadenlaser-Spektroskopie. Die gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF entwickelten miniaturisierten Quantenkaskadenlaser decken einen großen Wellenlängenbereich und einen breiten spektralen Abstimmbereich bei hoher Scanrate ab. Das am Fraunhofer IPMS entwickelte mikromechanisch gefertigte Beugungsgitter dient als externer Resonator des Quantenkaskadenlasers mit variabler Frequenz. Es ermöglicht die Abstimmung von Laserwellenlängen mit wählbarer Geschwindigkeit oder indem Wellenlängen angefahren und für gewählte Zeiträume gehalten werden. Dabei können spektrale Bereiche auch modensprungfrei und daher sehr hoch aufgelöst abgestimmt werden. |
Basierend auf langjähriger Erfahrung entwickelt das Fraunhofer IPMS kundenspezifische, hochminiaturisierte, quasistatisch oder resonant betriebene MEMS-Scannerbauelemente, die als ein- oder zweidimensional ablenkende Elemente oder auch zur optischen Weglängenmodulation eingesetzt werden. Sie bestehen aus einer optisch aktiven Fläche – einem Spiegel oder einem Beugungsgitter – die entweder um eine oder zwei Rotationsachsen gekippt oder translatorisch bewegt werden können. Die Bauelemente zeichnen sich durch große Scanwinkel und hohe Scanfrequenzen aus und zeigen eine hervorragende Langzeitstabilität. Alle mechanisch beanspruchten Elemente sind in einer einkristallinen Silizium-Funktionsschicht definiert und auf einem BSOI-Substrat in einem volumenmikromechanischen Fertigungsprozess hergestellt. Dieses Material zeichnet sich durch exzellente elastische und bruchmechanische Eigenschaften aus. Insbesondere treten aufgrund der Einkristallinität keine Ermüdungserscheinungen im Betrieb auf.
Das Fraunhofer IPMS unterstützt Kunden entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der ersten Idee über die Konzeption über die Prototypentwicklung bis hin zur Pilotfertigung qualifizierter Bauelemente im institutseigenen, hochmodernen Reinraum. Die Unterstützung der Kunden bei der Entwicklung spezifischer Modulaufbauten sowie elektronische Lösungen zur kontrollierten hochpräzisen Ansteuerung runden das Leistungsspektrum des Instituts ab. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen bieten die verschiedenen Evaluations-Kits des Fraunhofer Instituts die Möglichkeit, die Mikroscannertechnologie in ihre Produktentwicklung einzubeziehen, ohne dass eine aufwendige und kostspielige Eigenentwicklung einer Ansteuerelektronik zur Erfüllung der Spezifikationen notwendig ist. (uh)