Power für Homecare-Geräte

Sicherheitsstandards für zuhause

6. September 2023, 8:30 Uhr | Ron Stull, CUI - Redaktion Ute Häußler
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Homecare wächst und wächst - Medizingeräte für zuhause müssen jedoch anderen Nutzungsbedingungen und strengeren MDR-Anforderungen entsprechen. Ob Blutdruck oder Schlafapnoe, Patienten in nicht-klinischen Umgebungen werden durch die IEC 60601-1-11 und weitere Normen geschützt – ein Überblick.

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Die verbesserte Versorgung von Patienten außerhalb von Kliniken oder Pflegeeinrichtungen ist einer der Haupttrends der medizinischen Digitalisierung – und soll das Gesundheitswesen stark entlasten. Mit der Entlassung von Patienten aus dem Krankenhaus, die jedoch daheim weiter versorgt werden müssen, steigt der Bedarf an Medizingeräten, die für den Homecare-Betrieb zugelassen sind. Mit medizintechnischen Geräten für zuhause lässt sicher der Gesundheitszustand einer Person effektiv überwachen und bewerten. Darüber hinaus stellen die Heimgeräte medizinische Daten für Ärzte bereit, die damit den Heilungsfortschritt überwachen, eine Frühdiagnose und bzw. Prognose für künftige Behandlungen leisten können.

Medizinischen Technologien in außerklinischen Umgebungen sind unterschiedlich komplex und reichen von einfachen Materialien für die Erste Hilfe bis hin zu hochentwickelten Geräten für fortschrittliche Behandlungen. Elektrische medizintechnische Geräte für den Hausgebrauch müssen die strengen Sicherheitsnormen gemäß IEC 60601-1 für den Patientenschutz erfüllen. Darüber hinaus müssen sie zusätzliche Anforderungen in Bezug auf Risiken erfüllen, die im und um den Haushalt bestehen, z. B. ungeschulte Benutzer und eine unkontrollierte häusliche Umgebung.

Im Folgenden werden am Beispiel elektrisch betriebener Blutdruck- und CPAP-Systeme, die mit einem IEC-60601-1-konformen Netzteil und Sensorsystem ausgestattet sind, Geräte für den Heimgebrauch und deren Sicherheitsstandards vorgestellt, die während der Medizingeräteentwicklung und für eine MDR-Zertifizierung einzuhalten sind.

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Blutdruckmessung

Den Blutdruck zuhause messen ist eine recht triviale Homecare-Anwendung, die aber einige technische Herausforderungen bietet, insbesondere zur korrekten Gerätenutzung und den strengen 2MOPP-Regelungen der Medical Device Regulation (MDR).

Der Blutdruck ist ein wichtiges Vitalzeichen, das für akute und langfristige klinische Entscheidungen maßgeblich ist. Bei der Blutdruckmessung werden der systolische und der diastolische Druck erfasst. Der systolische Druck ist der arterielle Spitzendruck während der Systole oder wenn der Herzmuskel Blut aus den Kammern in die Arterien pumpt. Das Minimum des arteriellen Drucks liegt während der Diastole vor, d. h. wenn sich der Herzmuskel entspannt und die Kammern mit Blut füllt (diastolischer Druck). Die Berechnung des mittleren arteriellen Drucks erfolgt aus dem systolischen und dem diastolischen Druck (Gleichung 1).

MAP = DP + 1/3 (SP - DP) oder MAP = DP + 1/3 (PP)     
mit MAP = mittlerer arterieller Druck, DP = diastolischer Druck, SP = systolischer Druck, PP = Pulsdruck

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Die Blutdruckmessung zuhause ist eine recht einfache Anwendung, unterliegt aber strengen Anforderungen.
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Ein Drucksensor misst den systolischen und diastolischen Druck des Patienten, wenn der Druck in der Manschette abgelassen wird. So verfügt z. B. ein netzbetriebenes, rollstuhlgerechtes Blutdruckmessgerät über eine Manschette und einen Ellbogensensor im Inneren des Geräts, der sich automatisch anpasst. So wird sichergestellt, dass sich der Patient in der richtigen Position befindet und jedes Mal genaue Ergebnisse erzielt werden (Bild 1).

Das Blutdruckmessgerät benötigt ein AC/DC-Netzteil, das den medizinischen elektrischen Sicherheitsanforderungen für die Stromversorgung zu Hause nach IEC 60601-1 entspricht und die Anforderungen für den Heimgebrauch gemäß der ergänzenden Norm IEC 60601-1-11 erfüllt – dies gilt für integrierte AC/DC-Netzteil wie auch externe Netzteile (Bild 2).

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Bild 2. Für Medizingeräte ausgelegte Netzteile müssen erweiterten Anforderungen entsprechen.
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Gemäß IEC 60601-1-11 müssen Stromversorgungen der IEC-Schutzklasse II entsprechen, da davon ausgegangen wird, dass in der elektrischen Umgebung kein oder nur ein schlechter Schutzleiter vorhanden ist. Netzteile der Schutzklasse II bieten ein angemessenes Schutzniveau, ohne auf eine Schutzerdung angewiesen zu sein, indem sie eine doppelte oder verstärkte Isolierung aufweisen.

CPAP-Systeme

Der Standard zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) sind CPAP-Geräte (Continuous Positive Airway Pressure, kontinuierlicher Atemwegsüberdruck). Die netzbetriebenen Geräte sorgen für eine kontinuierliche Überdruckbeatmung bei nächtlichen Atembeschwerden wie Apnoen, Hypopnoen und Schnarchen (Bild 3).

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Beispielhaftes CPAP-Gerät am Nachttisch.
© ResMed

Das CPAP-Gerät ist direkt an den Patienten angeschlossen, sei es in der Klinik, im Krankenhaus oder eben im häuslichen Umfeld. Der Gebrauch durch ungeschulte Nutzer macht automatische CPAP-Funktionen erforderlich. Das Gerät reagiert Atemzug für Atemzug auf die Atmung des Patienten. Da die Nutzer zuhause meist Laien sind, sollten die Geräteeinstellungen nicht angepasst werden müssen, das Gerät muss diese Reaktionen automatisch erkennen. Darüber hinaus haben CPAP-Geräte eine Klimaregelung, um Luftfeuchtigkeit und Temperatur der zugeführten Luft automatisch anzupassen. Die Feuchtigkeits- und Temperaturmessungen schützen den Patienten vor Kondensation an Maske und Schlauch und sorgen für optimalen Komfort während der Behandlung.

In der häuslichen Umgebung findet sich eine Vielzahl von Geräten, die elektromagnetische Störungen (EMI) aussenden und die Funktion medizinischer Geräte und Sensoren stören können. Medizinische Homecare-Geräte müssen daher strengeren Anforderungen genügen als herkömmliche medizinische Geräte, um Emissionen und mögliche Störungen zu begrenzen. So müssen Geräte für Praxen und Kliniken die Emissionsklasse A nach CISPR 11 erfüllen, während medizinische Geräte für den Hausgebrauch die strengeren Grenzwerte der Klasse B einhalten müssen.

Mittels Telemedizin hilft eine Funkanbindung von CPAP-Geräten dabei, häufige Performance-Probleme wie mangelnden Komfort und Schwierigkeiten bei der Nutzung zu lösen. Das mit dem Patienten verbundene Gerät benötigt eine Stromversorgung, die dem medizinischen Sicherheitsstandard IEC 60601-1-11 entspricht. Diese Geräte sind daher mit einem isolierten AC/DC-Netzteil entsprechend dieser Norm ausgestattet (Bild 2).

Einige tragbare CPAP-Geräte werden auf Reisen mittels Batterie betrieben. Diese mobilen CPAP-Systeme und andere tragbare medizinische Geräte müssen strengeren Stoß- und Vibrationstests sowie zusätzlichen mechanischen Belastungstests standhalten. Die Konfiguration des AC/DC-Netzteils erfordert auch bei Batteriebetrieb einen Anschluss, der dem medizinischen Sicherheitsstandard IEC 60601-1-11 entspricht (Bild 4).

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Bild 4. Homecare-Netzteile müssen eine Netzschwankung zwischen +10 Prozent und -15 Prozent zulassen, um der weniger vorhersehbaren Stromversorgungsinfrastruktur in Wohngebäuden Rechnung zu tragen.
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In Bild 4 ist die Position des isolierten IEC-60601-1-Netzteils oben links dargestellt. Es muss eine Netzschwankung zwischen +10 Prozent und -15 Prozent zulassen, um der weniger vorhersehbaren Stromversorgungsinfrastruktur in Wohngebäuden Rechnung zu tragen. Dies erfordert einen Eingangsbereich von 85 bis 264 V (AC) für den universellen Betrieb.
Der Motor und die Sensoren befinden sich unterhalb des Batterieladegeräts und der nicht isolierten DC-Stromversorgung. Das Motorsystem besteht aus einem Gebläse, das die Luft in den Schlauch der Nasenmaske drückt. Das Sensorsystem verwendet mehrere Sensoren zur Messung von Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Nasenmaskenfluss.

Klinik versus Homecare

Homecare-Systeme sollen einen großen Beitrag zur Transformation im Gesundheitswesen leisten. Sie sollen die Digitalisierung und Remote-Medizin voranbringen wie auch den Fachkräftemangel ausgleichen. Dabei überwacht die Medizintechnik für zuhause wichtige Gesundheitsmerkmale und stellt Ärzten, Pflegern und medizinischem Fachpersonal gesammelte medizinische Informationen bereit. Doch die teils diffizilen und empfindlichen Geräte treffen auf unterschiedlichste und unvorhersehbare Wohnverhältnisse, ungeschulte Benutzer und geringere Sicherheits- und Wartungsaufwendungen – aufgrund der Unterschiede zwischen Privatgebrauch und Anwendung in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis müssen medizinische Geräte für den Heimgebrauch erhöhte Sicherheitsanforderungen erfüllen, welche auch die Entwicklung der jeweiligen Stromversorgung betrifft. (uh)


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