Deutsch-australische Koproduktion

Biosensoren finden Krebszellen

15. November 2016, 8:01 Uhr | Prof. Andreas Offenhäusser
© Forschungszentrum Jülich

Ein neues Verfahren auf Basis von Biosensoren soll Krebs-Schnelltests ermöglichen. In Laborversuchen ist das bioelektrochemische Sensorverfahren schneller und sensibler als herkömmliche Tests.

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Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto besser sind in der Regel die Heilungschancen. Eine wichtigen Schritt zur Früherkennung haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich gemacht: Gemeinsam mit Forschern der University of South Australia haben sie ein bioelektronisches Sensorverfahren entwickelt, dass beispielsweise entartete Zellen bei Brust- und Darmkrebs schnell erkennt: Von der Aufbereitung der Probe bis zum Ergebnis braucht es nach Aussagen des Forschungszentrums keine 30 Minuten. Damit könnte das Verfahren dem Chirurgen künftig noch im Operationssaal Ergebnisse über weitere Tumorzellen in den Lymphknoten liefern. Das Sensorsystem sei so empfindlich, dass es unter Versuchsbedingungen sogar eine einzelne Krebszelle in einem Lymphknoten anzeigt. Auch im Blut zirkulierende Tumorzellen von Darmkrebspatienten soll es aufspüren können.

Forscher vom Jülicher Peter Grünberg Institut lieferten das Know-how: Sie entwickelten hochempfindliche Silizium-Nanodraht-Transistoren als Basis des Verfahrens. »Wir haben einen hochempfindlichen Test entwickelt, der klinischen Standards überlegen sein könnte«, sagt Prof. Andreas Offenhäusser vom Peter Grünberg Institut, Mitautor der deutsch-australischen Studie, »das müssen wir noch in klinischen Studien belegen.« Dass die mikroelektronischen Bauelemente aufgrund ihres Oberflächen-Volumen-Verhältnisses sehr sensitiv sind, ist der Wissenschaft allgemein bekannt. »Dass wir damit sogar einzelne Krebszellen nachweisen können, hat uns dann doch sehr überrascht.«

Zum Diagnostizieren der Tumorzellen haben die Bioelektroniker die Silizium-Nanodraht-Transistoren mit Antikörpern bestückt. Die Gewebe- oder Blutprobe mit den Tumorzellen von Darmkrebspatienten oder humanisierten Mäusen wird als Zelllösung aufbereitet, die die Forscher langsam und gezielt über den Mikrochip mit den Sensoren fließen lassen. Die Antigene der Krebszellen binden sich nun an die Antikörper: »Die Krebszelle bleibt sozusagen hängen«, erklärt Offenhäusser. Dadurch verändert sich das Oberflächenpotenzial am Gate des Transistors, was zu einer veränderten Stromstärke im Nanodraht-Transistor führt. »Und genau diese Veränderung lässt sich messen«, sagt der Forscher.

»Mit dieser Methode könnte sich die Zahl der Krebsfolge-Operationen von Brust- und Darmkrebspatienten deutlich reduzieren lassen«, sagt Dr. Duy P. Tran, der an dem Verfahren mitgewirkt hat. Während seiner Promotion in Australien hat der Vietnamese an dem Thema gearbeitet und war in dieser Zeit zweimal je sechs Monate als Gastwissenschaftler am Forschungszentrum Jülich. Mittlerweile arbeitet er bei einem Startup-Unternehmen in Deutschland.

Auch als Schnelltest für Darmkrebs könnte sich das Verfahren in einigen Jahren eignen. »Bis die Nanodraht-Transistoren als Schnelltest in der Arztpraxis oder im OP eingesetzt werden, müssen wir die Technologie noch robuster und sensibler machen: doch die bisherigen Testergebnisse sind sehr vielversprechend«, freut sich Offenhäusser. Die Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich und der University of South Australia wollen die Zuverlässigkeit nun mithilfe von Studien am Menschen belegen. Läuft alles nach Plan, starten die klinischen Studien in sechs bis 18 Monaten.

Über den Autor:

Prof. Andreas Offenhäusser vom Peter Grünberg Institut

 

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