Wenn es um die Modernisierung von Berufsbildern im technischen Bereich geht, zeigen sich die Verbände meist recht zufrieden mit der Einbindung neuer technischer Trends in die betriebliche Ausbildung. Bei welchen Berufen fällt das schwerer?
Viele »alte« Berufe fallen heute weg oder gelten eher als »Kunst« denn als Beruf, Handwerk bzw. Gewerk. An die Grenzen kommt man auch mit Weiterbildung beim Schriftsetzer, beim Tante-Emma-Laden, der Schreibkraft, dem KfZ-Mechaniker (der vom Mechatroniker abgelöst wird) und bei Traditionsberufen wie Schuster, Schmied, Sattler, um nur einige zu nennen.
Wen sehen Sie am stärksten in der Pflicht, wenn es um die Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit in der Digitalisierung geht?
Das Thema »Digital Literacy« und der selbstverständliche Umgang mit »Digitalisierung« ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dies beginnt in der Erziehung und damit auch in den Schulen und Ausbildungseinrichtungen. Hier hat sich in den letzten Jahren zwar viel getan, im Vergleich zu vielen anderen Ländern liegt aber noch viel vor uns.
Die Gestaltung des Wandels, in dem wir uns befinden, ist Aufgabe von Politik, Unternehmen und Sozialpartnern gleichermaßen, um akuten Veränderungsdruck schnell in nachhaltige Modelle umzusetzen, die flexibel auf neue Entwicklungen reagieren können – denn die Veränderung und Anpassung wird zum Normalzustand werden. Insofern sehe ich hier die größte Herausforderung, weil grundlegender Handlungsbedarf besteht.
Aktuelle Bemühungen charakterisieren die neuen Herausforderungen aber eher als »Ausnahme« bzw. »Sonderlocke« – wie beispielsweise die im Entwurf zum Nationalen Reformprogramm 2017 des Bundeswirtschaftsministeriums. Hier werden flexible Arbeitsverhältnisse bspw. klassisch und grundsätzlich noch als »atypisch« bezeichnet. Wir müssen uns darauf einlassen, dass sich die Arbeitswelt und -weise vieler Beschäftigungsgruppen grundlegend verändert und von traditionellen Vorstellungen abweicht. Dafür einen Gestaltungsrahmen zu bieten ist Aufgabe von Politik und Unternehmen. Es kann nicht darum gehen, Symptome zu bearbeiten, die sich aus unzureichenden Regelungen ergeben und die nicht mehr Schritt halten mit der Realität.
Aber auch der Einzelne ist ebenso und künftig immer deutlicher auch selbst in der Pflicht, sich der Veränderung und Weiterentwicklung zu stellen und diese bewusst anzugehen. Stichwort »Lebenslanges Lernen« und »Qualifikation fürs Leben statt nur für den Job«.
Wie häufig haben Sie private Selbstzahler an Ihrer Akademie und wie ist die Tendenz?
Grundsätzlich sind wir B2B aufgestellt und fokussieren sehr stark betriebliche Aus- und Weiterbildung – die zu nahezu 100% von Betrieben finanziert wird. In einigen Bereichen gibt es Privatfinanzierer, bspw. in den Meisterkursen, in unseren berufsbegleitenden Studiengängen und einzelnen Seminarangeboten. Diese Tendenz ist allerdings eher rückläufig: Wir kombinieren für Firmen duale Systeme, sprich die Firma finanziert dem Mitarbeiter den Meisterkurs oder das Studium – eine Tendenz, die sicher auch dem Fachkräftemangel und dem gesteigerten Interesse der Unternehmen an der Weiterbildung bereits vorhandener Mitarbeiter zuzuschreiben ist.