Die relativ hohe Fehlerquote bei den von den Kunden angegebenen Lademetern führte dazu, dass die LKW-Touren-Planung nicht optimal erfolgen konnte. Dies führte entweder zu nicht ausgelasteten Fahrten oder dazu, dass zusätzliche LKWs angefordert werden mussten, was die Marge nach unten trieb.
Den entscheidenden Innovationsimpuls, den das Unternehmen von 3L erhielt, um ihr Problem zu lösen, war die Ikea-App. Sie erlaubt, Möbelstücke aus dem Katalog virtuell in die eigenen Räume zu projizieren, um zu sehen, wie sie am besten hineinpassen. Genau diese Methode ließ sich auf die Problemstellung der Verzinkerei anwenden. Im vorherein sollte so sicher bestimmt werden, welche und wie viele LKWs erforderlich sind, um die Werkstücke zu transportieren. 3L identifizierte ein Unternehmen, das Apps erstellen kann, die ähnlich wie die Ikea-App funktionieren, und stellte für die Umsetzung einen sogenannten agilen Projektmanager zur Verfügung, der entlang der Wertschöpfungskette durch das Programm führte. »Nach zwei Tagen wurde mithilfe der Erfahrung der Logistikmitarbeiter von Coatinc, dem Fachwissen des App-Herstellers und dem Methodikwissen des agilen Projektmanagers ein funktionsfähiger Prototyp entwickelt, der das Problem gelöst hat«, so Gabriele Riedmann. Jetzt arbeitet die Firma daran, weitere Verbesserungen mithilfe der neuen Methodik durchzuführen.
Gabi Wilwers, die Finanzvorständin von Coatinc, beschreibt ihr Erlebnis mit diesem Vorgehen so: »Ich habe durch unser erfolgreiches Projekt gelernt, dass die digitale Transformation nicht immer gleich bedeutet, das große Ganze in Frage stellen zu müssen, sondern es gerade in traditionell geprägten Unternehmen als Chance anzusehen ist, mit neuen Technologien, Denk- und Arbeitsweisen Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen zu begeistern und so Schritt für Schritt unternehmerisches Entwicklungspotenzial zu generieren.«
»Die Anwendung steht immer im Vordergrund, die digitale Transformation ist nur der abstrakte Überbegriff«, so das Fazit von Riedmann. Wer dagegen als „Methoden-Tiger“ unterwegs sei, egal ob als externer Berater oder als akademische Kapazität über Präsentationen auf Konferenzen zur digitalen Transformation, könne das nicht leisten.
»Wir dagegen verstehen uns als Prozessbegleiter, der mit dem Value-Creation-Framework einen Regelprozess liefert, um es Unternehmen zu ermöglichen, mit den eigenen Mitarbeitern niederschwellig konkret anstehende Probleme zu lösen – ohne großen finanziellen Aufwand und innerhalb von Tagen.«
Offenbar mit Erfolg. 3L ist unter anderem am Techboost-Programm der Deutschen Telekom beteiligt, das KMUs bei Cloud-basierten Anwendungen unterstützt; auch die Deutsche Bahn ist ein wichtiger Partner. Über 40 Kunden nutzen bereits die Zukunftsimpulse von3L. Cornelius Fischer, Mitglied des Bahn-Thinktanks Digitalisierung und Technik, der das Tools schon vor geraumer Zeit bei der Deutschen Bahn eingeführt hat: »Das erste Tool, das dem hohen Thron der Megatrends anwendungsbasierte Zukunftsimpulse an die Seite stellt. Das enorme Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft – Digitalisierung anschaulich machen, Transferleistungen fördern, Ideengeber identifizieren, Crowdintelligenz nutzen.«
Umgekehrt stellen Unternehmen, die schon mit 3L zusammengearbeitet haben, die eigene Mitarbeiter gerne mal für ein paar Tage frei, um an Projekten von 3L teilzunehmen, die wiederum anderen Firmen helfen. »Das tun sie natürlich nicht aus reinem Altruismus, sondern weil es den eigenen Mitarbeitern hilft, sich weiterzubilden, sie motiviert und schlussendlich der eigenen Firma zugute kommt. Es handelt sich also um ein sehr sinnvolles Weiterbildungsprogramm, das den Mitarbeitern Spaß macht.« Denn interessierte und motivierte Mitarbeiter, die gerne über den Tellerrand hinausschauen, andererseits aber durch den konkreten Bezug zu den anstehenden Problemen geerdet sind – das sei der Schlüssel für die Unternehmen, um sich nachhaltig digital transformieren zu können.
Inzwischen beschäftigt 3L zehn feste Mitarbeiter; darüber hinaus kooperiert die Firma mit externen Mitarbeitern und kann auf mehr als 100 Trainer zurückgreifen. Die Firma ist komplett eigenfinanziert, worauf Riedmann großen Wert legt: »Von Anfang an wollten wir nicht, dass uns irgendjemand etwa darüber belehrt, was Daten sind und wie wir sie verwenden müssen, oder uns irgendwelche sonstigen Geschichten erzählt, wie sie im Industrie-4.0-Umfeld gerade so en vogue sind.« Denn 3L käme es ausschließlich darauf an, konkrete Maßnahmen umzusetzen, schnell, kostengünstig, ohne großen Aufwand.