Die digitaler Transformation verläuft etwas schleppend. Warum? Den Mitarbeitern wird laut platform3L die Neugierde abtrainiert. Das ließe sich ändern.
Ist der Eindruck falsch oder was genau läuft schief?
Gabriele Riedmann de Trinidad hat darauf eine Antwort: Die Lähmung sei systemimmanent. Die Mitarbeiter seien in ihre Prozesse im Tagesgeschäft so eingebunden, dass die Zeit fehlt, um über den Tellerrand zu schauen.
Über Jahrzehnte war es auch die Strategie der Beratungsfirmen, die Prozesse in den Unternehmen zu optimieren, um ihre Effizienz zu steigern. Alles andere wurde der Effizienzsteigerung geopfert. »Dieser Effizienzwahn lähmt uns in Deutschland heute«, so ihre Analyse. »Den Mitarbeitern wird die Neugierde geradezu abtrainiert, der Blick über den Tellerrand fehlt. Gerade also das, was jetzt im Zeichen der digitalen Transformation so dringend gebraucht würde.«
Dabei weiß sie, wovon sie spricht, denn sie hat selber viele Jahre in großen Unternehmen gearbeitet, unter anderem bei der Telekom, wo sie das Konzerngeschäftsfeld Energie aufgebaut hat, und als Innovationschefin bei der Metro.
Schon in dieser Zeit hat sie sich gefragt, woran es wohl liegt, dass viele Mitarbeiter einfach keine Neugierde entwickeln. Sicherlich hat dies mehrere Ursachen. Es fängt leider schon in der Ausbildung an. In Schulen, in der Lehre und im Studium kommt es ihrer Ansicht nach immer noch zu viel darauf an, Fachwissen abzuspeichern. In den Unternehmen geht es dann in dieser Richtung weiter: Sie trainieren die Mitarbeiter vor allem darauf, die Prozesse zu beherrschen und effektiv abzuarbeiten.
Doch das wird in Zeiten von Industrie 4.0 und KI nicht reichen. Erst kürzlich hat IBM prognostiziert, dass sich das Wissen schon bald alle paar Stunden verdoppeln wird. »Wer über die alten Ansätze lernt und sich nicht weiterbilden kann, wird unausweichlich abgehängt werden«, ist sich Gabriele Riedmann de Trinidad sicher. Das sei nicht nur für die Mitarbeiter traurig, das sei vor allem für die Firmen selber schädlich, weil sie ein Großteil des Potenzials ihrer Mitarbeiter einfach nicht ausschöpfen und ungenutzt liegen lassen.
Dabei probiert jeder Mensch neue Methoden gerne aus, wenn er erkennt, dass sie für die eigenen Bedürfnisse nützlich sind. Zudem sind die Mitarbeiter in Deutschland grundlegend gut ausgebildet, sie verfügen über reichhaltig Erfahrung im Unternehmen, denn bei einer Verweildauer von durchschnittlich elf Jahren sammelt sich einiges an spezifischem Wissen an.
Das System krankt laut Gabriele Riedmann vor allem daran, dass sich Berater genauso wie die Unternehmen selber – trotz so mancher Sonntagsreden – vorwiegend mit Prozessoptimierung beschäftigen und eben nicht mit den Menschen.
»Ich habe in vielen Fällen live erlebt, dass man Teams aus ganz normalen Mitarbeitern aufbauen kann, die, wenn sie wieder neugierig sein und neue Methoden lernen dürfen, zuvor als fast unüberwindlich erscheinende Probleme innerhalb kurzer Zeit lösen können«, sagt Riedmann. »Sie entsprechen zwar nicht immer den formalen Bewerbungskriterien einer ausgefeilten Stellenausschreibung, dafür können sie ihre gesamte Erfahrung nutzbringend einsetzen. Da braucht man keine Cracks aus dem Silicon Valley!«