Alternative Rechtsform Genossenschaft

7. Januar 2008, 15:45 Uhr | Christine Demmer, Markt+Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Zahl an Neugründungsanfragen wächst

Tatsächlich berichten die genossenschaftlichen Prüfungsverbände in diesem Jahr von einer wachsenden Zahl an Neugründungsanfragen. Die Verbände freut das und sie liefern gerne Hilfestellung. Insgesamt gibt es aktuell rund 7500 Genossenschaften in Deutschland, der Großteil im Kreditgeschäft (Raiffeisenbanken), im Wohnungswesen (Wohnungsgenossenschaften), im Handel (Rewe, Edeka) und in der Landwirtschaft (Winzer-, Erzeugergenossenschaften). Seit der Jahrtausendwende sind die meisten neuen Kooperationen im Zusammenhang mit der Erzeugung und Vermarktung erneuerbarer Energie, in der Medizin und im Dienstleistungssektor entstanden. Bei den Neugründungen von Gewerbetreibenden und Freiberuflern lässt sich geradezu von einem Boom sprechen. Allein 2006 wurden 78 Neueintragungen vorgenommen. Damit umfasst die Genossenschaften freier Berufe und sonstiger Berufsgruppen heute 159 Kooperationen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 5,7 Milliarden Euro. Ein Großteil des Umsatzes entfällt allerdings auf die Apothekergenossenschaften und die Steuerberatungsgenossenschaft datev.

Die Aussicht auf gute Geschäfte hat ihren Preis. »Ein Stück Vorsorge, nämlich die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und Krankheit, für die beim Angestellten zum Teil der Staat oder der Arbeitgeber sorgt, muss der Selbständige eigenverantwortlich übernehmen«, mahnt 7-it’ler Horst Härtel. Darin unterscheiden sich die Genossen freilich nicht von freiberuflich tätigen Ingenieuren und Gewerbetreibenden. »Für die Partnerschaft spricht aber die Erfahrung dass der Mensch kein Einzelwesen ist«, weiß Härtel, »er lebt und arbeitet lieber in einer Gemeinschaft. Kommunikation und gemeinsame Problembearbeitung spielen hier eine wichtige Rolle.« Zudem sind die Partner sehr daran interessiert, weitere Mitglieder zu gewinnen. »Wir sind aber im Lauf der letzten Jahre zu der Erkenntnis gekommen, dass die altehrwürdige Einrichtung der ‚Verlobung’ ganz sinnvoll ist. Gerade in kleinen Genossenschaften ist der persönliche Kontakt sehr wichtig. Die Chemie muss stimmen.«

Das ist Lebensweisheit pur. Wie stabil die Verbindung nämlich wirklich ist, zeigt sich erst im Ernstfall. Wenn die Stimmung brodelt, kann der Genosse schneller und umkomplizierter das Weite suchen als der Teilhaber an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft: Er verkauft seine Anteile einfach an die Gemeinschaft zurück. Brisantere Konfliktszenarien als solche kennt das Genossenschaftsrecht gar nicht. Denn anders als zum Beispiel bei einer oHG, KG oder GmbH können Genossenschaftsanteile weder vererbt noch verkauft werden. Ausgeschlossen also, dass sich die Witwe oder der Sohn eines Mitglieds über Nacht zu neuen Obergenossen aufschwingen.

Die Regelungen nach dem neuen GenG
Ausgewogene Rechte und Pflichten:
• Um eine Genossenschaft zu gründen, müssen mindestens drei natürliche oder juristische Personen zueinander finden. Bei bis zu 20 Mitgliedern genügen ein gewählter Vorstand und ein Aufsichtsrat. Auf letzten dürfen die Genossen sogar verzichten, wenn die Generalversammlung dessen Job übernimmt und dem Vorstand auf die Finger schaut.
• Wer wenig Geld, aber gute Maschinen oder Patente hat, kann statt der Bareinlage für seinen Genossenschaftsanteil auch eine Sacheinlage leisten. Die muss aber korrekt bewertet werden, denn wenn der Prüfungsverband – er besteht aus Mitgliedern der Genossenschaftsverbände – erklärt, dass die Teile überbewertet sind, lehnt das Gericht den Eintrag der Genossenschaft in das Genossenschaftsregister ab.
• Ab einer Bilanzgröße von einer Million Euro und Umsatzerlösen von mehr als zwei Millionen Euro muss der Prüfungsverband die Buchführung und den Lagebericht der Genossenschaften durchleuchten. Bei einer Bilanzsumme von mehr als zwei Millionen Euro wird jährlich, bei weniger Kapitel jedes zweite Jahr geprüft.
• Wer sich mit einer größeren Einlage als die Kollegen beteiligen will, hat nach der Gesetzesnovelle ein größeres Stimmrecht. Das macht die Genossenschaft für kapitalkräftige Investoren attraktiv und nützt auch dem kleinen Gründer. Gerade in der Startphase kann ein höheres Kapital nicht schaden.

Tipp: Der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. in Berlin (www.dgrv.de), der Genossenschaftsverband Frankfurt (www.genossenschaftsverband.de) und der Genossenschaftsverband Bayern (www.gv-bayern.de) verschicken auf Anfrage eine kostenlose CD-ROM mit Informationen für Gründungswillige. Informationen und weiter Hinweise findet man unter www.neuegenossenschaften.de. Christine Demmer


  1. Alternative Rechtsform Genossenschaft
  2. »Genossenschaften sind bodenständiger, kooperativer, sozialer«
  3. Zahl an Neugründungsanfragen wächst

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