Alexander Everke, CEO von ams

»Was wir heute entwickeln, wird auch in 15 Jahren gebraucht«

12. Februar 2019, 12:32 Uhr | Heinz Arnold
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Die Technologien auf mehreren Wellen reiten

Wenn alles gut geht, wäre damit das überdurchschnittliche Wachstum über die nächsten drei bis fünf Jahre abgesichert?

Sogar über einen viel längeren Zeitraum: Die Strategie ist langfristig angelegt, wir rechnen mit überdurchschnittlichem Wachstum über die nächsten 15 Jahre. Weil wir auf grundlegenden Techniken entwickeln, aus denen sich Produkte und Systeme ableiten lassen, die nicht nur auf einer Welle reiten, dann in die Sättigungsphase kommen und schließlich auslaufen. Wir können auf mehreren Wellen hintereinander reiten, weil die aus den Basisinnovationen resultierenden Techniken so flexibel und zukunftsfähig sind, dass sie sich auf immer neue Anwendungen und ganz unterschiedliche Anforderungen verschiedener Marktsektoren anpassen lassen. Was wir heute entwickeln, ist deshalb in 15 Jahren noch lange nicht obsolet.

Wie das 3D-Sensing?

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir früh in die Entwicklung einsteigen und uns an die Spitze im Markt setzen, technologisch wie wirtschaftlich. Über die vergangenen zwei Jahre ist das 3D-Sensing in den Fokus gekommen; wir waren die ersten, die diese Technik in die Mobiltelefone gebracht haben. Das wird uns über die kommenden Jahre in den Weltregionen, zunächst besonders in Asien, wachsen lassen. Aber das ist noch lange nicht alles. Denn die 3D-Sensing-Technik findet zunehmend Anwendungen in weiteren vielversprechenden Märkten, etwa sehr umfangreich im Auto, in der Industrie und nicht zuletzt in der Medizintechnik. Wir können damit viele Wellen reiten.

Gibt es aus den neuen Sektoren bereits Bedarf?

3D-Lidar wird im Auto kommen, denn vieles können Kameras und Radarsysteme alleine nicht sehen. Autonomes Fahren ist auf Level 5 ist ohne Lidar nicht denkbar. Wir haben bereits ein Design-in durchgeführt, das über die Lebenszeit des Produkts einen Umsatz von 1 Mrd. Dollar bringen wird.

Als grundlegend wichtig wird sich Lidar aber auch in der Robotik erweisen, als Interface für kollaborative Roboter, aber auch die großen Roboter werden damit ausgestattet. In der Medizintechnik können Kameras mit 3D-Funktion nicht nur ein Objekt erfassen, sondern beispielsweise in der Lunge auch Größe und Lage einer Anomalie messen. Das sind nur wenige Beispiele. Den großen Bereich der Gesichtserkennung habe ich noch gar nicht angesprochen; so kann automatisch bezahlt werden, was sich jetzt gerade sehr dynamisch entwickelt. Wir haben also auf die richtigen Techniken gesetzt und vorausschauend investiert. Das stimmt mich für die kommenden 15 Jahre optimistisch.

Welche Märkte wachsen, dürften die anderen Mitspieler auch erkennen, ein Selbstläufer dürfte es also nicht werden?

In allen der drei Säulen – optische Sensoren, Imaging und Audio – haben wir uns auf die vordere Position geschoben, wir sind Technologieführer, denn wir haben die Innovationen immer entscheidend vorangetrieben.

Zugang zu neuen Techniken hatte sich ams häufig über Zukäufe verschafft…

…was ebenfalls zu unserer langfristigen Strategie gehört. So haben wir 2017 Princeton Optronics gekauft, die eine ganz spezielle VCSEL-Technik (Vertical Cavity Surface Emitting Lasers) entwickelt hat. Das war erforderlich, um unser Know-how im Bereich der optischen Sensorik um ein wesentliches Element zu ergänzen. Eingestiegen war ams mit der Übernahme von TAOS schon 2011 in diesen Bereich, das hat sich mit dem Kauf von MAZeT und Heptagon im Jahr 2016 fortgesetzt. Zum optischen Subsystem fehlten aber noch die Lichtquellen. Wir hatten uns für Princeton Optronics entschieden.

Firmenübernahmen und ihre Integration kosten Geld. Wie sieht die finanzielle Situation von ams aus, welche Verpflichtungen müssen bedient werden?

Auswirkungen der außerordentlich hohen Fertigungsinvestitionen der letzten beiden Jahre sind derzeit in der Bilanz sichtbar, doch sind wir zum ganz überwiegenden Teil mittel- und langfristig finanziert. M&A bleibt für uns ein wichtiges Instrument zur weiteren erfolgreichen Umsetzung unserer Strategie.

Fundamentale Technologien plus Systemwissen – das Rezept für die Zukunft

Warum hat ams auf dem Sektor der Lichtquellen Princeton Optronics ausgewählt?

Weil das Unternehmen eine sehr interessante VCSEL-Technik entwickelt hatte und damit allein auf weiter Flur stand. Einer ihrer Vorteile: Die resultierenden Systeme sind sehr klein. Das und die übrigen technischen Vorteile machen sie geeignet, um in viele unterschiedliche Anwendungsgebiete vorzudringen. Weil ams über umfangreiches Systemverständnis verfügt, können wir die Technik sinnvoll in die jeweiligen Wertschöpfungsketten integrieren, denn wir kennen die Spezifikationen und das System im Ganzen.

So können wir unseren Partnern Subsysteme liefern, über die sie sich hochgradig differenzieren können. Inzwischen freuen wir uns über viele Design-Wins, für die die VCSEL-Technik der entscheidende Faktor war. Wir können schon heute sagen, dass wir auf diesem Gebiet schnell wachsen werden, aber nicht schnell in die Sättigungsphase kommen – eben weil die grundlegende VCSEL-Technik sich in vielen unterschiedlichen Sektoren anwenden lässt, von denen einige erst noch entstehen werden.


  1. »Was wir heute entwickeln, wird auch in 15 Jahren gebraucht«
  2. Die Technologien auf mehreren Wellen reiten
  3. Lidar wird ein großes Thema bleiben

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