Und Sie gehen davon aus, dass das funktioniert?
Ja. Neben unseren aktuellen erfolgreichen Simulationen hat auch Google dieses kryptographische Verfahren ausprobiert und auf einer Demoversion des Chrome-Browsers erfolgreich nachgewiesen, dass er auf herkömmlichen Prozessoren läuft. Das war ein wichtiger Schritt.
Worin genau besteht der Durchbruch, der Infineon jetzt gelungen ist?
Wir haben einen weiteren wichtigen Schritt nach vorne getan, indem wir nachgewiesen haben, dass der Algorithmus auf einem kontaktlosen Chip für Smartcards funktioniert. Das ist nicht trivial, denn die kleinen Chips haben nur begrenzte Ressourcen: Es stehen nur wenige KByte RAM und Speicher für Software zur Verfügung; und weil sie kontaktlos sind, müssen sie ihre Energie aus dem elektromagnetischen Wellen gewinnen, die das Lesegerät aussendet. Sie müssen also mit nur sehr wenig Energie auskommen. Auch muss es möglich sein, die verschlüsselten Daten in Bruchteilen von Sekunden zu übertragen. Wir mussten den Algorithmus für diese Art von Anwendung weiterentwickeln und optimieren. Denn das ist schlussendlich das große Ziel: Den Schutz vor Quantencomputern auch für all die kleinen Geräte wie Geldkarten, Gesundheitskarten oder elektronische Pässe verfügbar zu machen. Zu zeigen, dass genau das in der Realität funktionieren kann, ist Infineon jetzt als erstem IC-Hersteller gelungen. Infineon ist damit ein Pionier und produziert nicht nur wissenschaftliche Vorträge über PQC, sondern auch Prototypen mit dieser neuen Fähigkeit!
Ein neuer Algorithmus – und dann ist alles gut?
Nicht ganz. Weil die PQC-Algorithmen anders sind, tun sich auch andere Möglichkeiten für Angriffe von außen auf. Wie werden die Schlüssel im IC gesichert? Wie groß sind sie? Solche und ähnliche Fragen müssen geklärt werden, um ein schlüssiges Sicherheitskonzept erstellen zu können.
Wenn jetzt bereits ein funktionierender Chip zur Verfügung steht, ist das dann nicht doch ein wenig zu früh?
Wie gesagt, wir haben früh angefangen uns mit neuen Verschlüsselungsmechanismen auseinander zu setzen, um den Herausforderungen der Quantencomputer gewachsen zu sein. Bei dem jetzigen Chip handelt sich um einen Prototypen, der zeigt, dass wir den „New Hope“-Algorithmus prinzipiell in der Praxis einsetzen könnten. Von einem realen Produkt sind wir aber noch weit entfernt.