Patentstreit eskaliert

WSJ: Apple will Qualcomm rauswerfen

2. November 2017, 8:39 Uhr | Frank Riemenschneider
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Qualcomm will iPhone-Einfuhr nach Deutschland verbieten lassen

Anders als in den USA geht es bei den hier anhängigen Klagen darum, den Import aller iPhone-Modelle zu stoppen und nicht nur solcher mit Chips des Konkurrenten Intel, wie Qualcomm-Chefjurist Rosenberg der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die deutschen Gerichte gelten im Vergleich zu amerikanischen als deutlich schneller bei ihren Entscheidungen und freundlicher gegenüber Patentinhabern. Rosenberg sagte: „Deutschland hat ein besonders attraktives Rechtssystem für diejenigen, die an Rechte auf Eigentum glauben.“ Die Gerichte seien zudem bekannt für eine strikte Rechtsdurchsetzung.

Bei den Klagen in Deutschland gehe es ähnlich wie in den USA um Patente für Technologien, die Geräte effizienter und leistungsstärker machten, sagte Rosenberg. Es seien keine Patente, die zum Grundstock technischer Standards gehören, betonte er. Für solche Patente gelten besondere Regeln und Lizenzen auf sie müssen zu „fairen“ Konditionen und ohne Diskriminierung gewährt werden. Deshalb kann man mit ihnen auch keine Verkaufsverbote erwirken.

Zugleich gehe es in den deutschen Klagen um relativ neue Patente, die noch nicht von Lizenzvereinbarungen zwischen Qualcomm und Apples Auftragsfertigern abgedeckt seien, sagte Rosenberg. Qualcomm streitet vor Gericht auch mit den Produzenten, die keine Zahlungen mehr leisten – weil sie kein Geld von Apple dafür bekämen. Der iPhone-Konzern steht den Unternehmen in den Konflikten rechtlich bei.

Qualcomm
Diese sechs Patente betreffende Technologien, mit denen sich die Batterielaufzeit eines iPhone verlängern lässt, soll Apple laut Qualcomm verletzen.
© Qualcomm

Qualcomm will iPhones in China verbieten

Dieses Verbot hat nichts mit der chinesischen Regierung zu tun, sondern mit der Behauptung von Qualcomm, dass Apple Patente gestohlen hat. Laut einem Bloomberg-Bericht hat der Chiphersteller nun Papiere eingereicht, um sowohl den Verkauf als auch die Herstellung des beliebten Smartphones in China zu verbieten.

Apple setze Technologien ein, die von Qualcomm erfunden wurden, ohne dafür zu bezahlen. Die Power-Management- und Force-Touch-Funktionen des iPhones seien nur einige der vielen Qualcomm-Technologien, die Apple nutzt, um seine Geräte zu verbessern.

Apple hat diese Behauptungen zurückgewiesen, wobei ein Sprecher erklärte: "In unseren vielen Jahren der laufenden Verhandlungen mit Qualcomm wurden diese Patente nie diskutiert. Wir glauben, dass diese jüngsten rechtlichen Bemühungen ebenso wie ihre anderen Gerichtsverfahren scheitern werden. "

Es wäre in der Tat eine Überraschung, wenn ein chinesisches Gericht dem Antrag von Qualcomm nachkäme, da es keinen historischen Präzedenzfall für einen solchen Schritt gibt.

Qualcomm fordert US-Handelsregulierer auf, iPhone-Importe zu verbieten

Am 7. Juli reichte der Chiphersteller eine Beschwerde bei der US-amerikanischen Internationalen Handelskommission und dem US-Bezirksgericht für den Südbezirk von Kalifornien ein und forderte, neue iPhones vom Import in das Land auszuschließen. Er forderte die Regulierungsbehörden außerdem auf, weitere Verkäufe von bereits importierten iPhones zu verbieten.

Qualcomm behauptet, dass Apple gegen sechs Patente verstößt, die mit der Verlängerung der Akkulaufzeit zu tun haben (Bild). Entscheidend ist, im Gegensatz zu den anderen Patentstreitigkeiten der Unternehmen, dass auch hier keines "essentiell für einen Standard" ist und dass Qualcomm durch kein Gesetz verpflichtet sei, diese Patente an Dritte zu lizensieren.

"Die Erfindungen von Qualcomm sind das Herzstück jedes iPhone und reichen weit über moderne Technologien oder Mobilfunkstandards hinaus", sagte Don Rosenberg in einer Stellungnahme. "Apple nutzt weiterhin Qualcomms Technologie und weigert sich, dafür zu bezahlen."

Apple behauptet, dass Qualcomm ein "illegales Geschäftsmodell" betreibt

Apple hat die Klage gegen Qualcomm im Juni 2017 vor Bundesgericht in San Diego erhoben. Es hieß, es gebe "zunehmende Beweise" dafür, dass Qualcomm ein "illegales Geschäftsmodell" betreibe und dass es versuche, Lizenzgebühren für jedes drahtlose Gerät zu erheben, das seine Chips enthält.

Konkret behauptete Apple, dass zumindest einige der Patente, für die Qualcomm bezahlt werden will, ungültig sind und dass der Chiphersteller seine Verpflichtung, faire und angemessene Preise zu verlangen, nicht erfüllt hat. Der iPhone-Hersteller wies auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs im Mai hin, dass die Möglichkeiten von Patentinhabern, die Verwendung ihrer Produkte nach dem Verkauf zu kontrollieren, einschränkte. Qualcomm, sagte Apple, lange illegalerweise zweimal hin, einmal durch den Verkauf der Chips und zum Zweiten Mal durch die Lizenzierung seiner Technologie.

"Wir fanden anhaltende und zunehmende Beweise dafür, dass Qualcomm ein illegales Geschäftsmodell aufrecht erhielt, das Innovation belastet", sagten Apples Anwälte. "Es läuft auf ein System der Erpressung hinaus, das es Qualcomm erlaubt, unfair sein bestehendes Monopol aufrechtzuerhalten.“

In einem separaten Antrag forderte Apple das Gericht auf, mehrere Gegenklagen von Qualcomm abzulehnen, darunter eine Klage, die Apple vorwarf, falsche Aussagen über die Qualität der von seinem Konkurrenten Intel hergestellten Chips zu machen. Apple bestritt Qualcomms Vorwürfe, dass Apple aufsichtsrechtliche Untersuchungen angestrengt habe und Qualcomms Verträge mit anderen Herstellern beeinträchtigt habe.

Qualcomm reicht Gegenklage gegen Apple ein

Qualcomm hat Apples Klagen mit einer eigenen beantwortet, bei der es konkret um 5 Punkte geht. Zum Beispiel wird Apple vorgeworfen, absichtlich nicht das volle Potenzial der Qualcomm-Chips im iPhone 7 auszunutzen, um zu verhindern, dass sie schneller als die Intel-Modems Daten übertragen. Das iPhone 7 war das erste Apple-Gerät seit dem iPhone 3 - in welchem die damalige Wireless-Sparte von Infineon zum Zuge kam - in dem teilweise statt Qualcomm-Chips auch Intel-Modems verbaut wurden.

Laut Qualcomm entschied sich Apple dafür, bestimmte Hochleistungsfunktionen der Qualcomm-Chipsätze für das iPhone 7 nicht zu nutzen, wodurch verhindert werde, dass die Kunden die gesamte Qualcomm-Innovation nutzen könnten. Apple behauptete, es gäbe "keinen erkennbaren Unterschied" zwischen den beiden Varianten.

Ein weiterer großer Teil von Qualcomms Klage dreht sich um Apples Rolle in verschiedenen Regulierungsklagen, und dass laut Qualcomm Apple "Fakten falsch dargestellt und falsche Aussagen gemacht hat".

Qualcomm will nicht nachgeben

Qualcomms CEO Steve Mollenkopf, sagte, Apple wolle nur so viel Geld wie möglich aus den Klagen holen.

"Die Beschwerde von Apple enthält viele Behauptungen, aber am Ende ist dies ein kommerzieller Streit über den Preis des geistigen Eigentums", sagte Mollenkopf. "Sie wollen weniger für den fairen Wert zahlen, den Qualcomm auf dem Markt für unsere Technologie etabliert hat, auch wenn Apple durch die Nutzung dieser Technologie Milliardengewinne erzielt hat."

Er sagte, die Qualcomm-Patente hätten "im Laufe der Zeit spürbar und bedeutsam zugenommen", aber das Unternehmen habe seine Lizenzgebühren nie angehoben. Derek Aberle, Präsident von Qualcomm, stimmte zu.

"Wenn man all die Argumente von Apple auseinander dividiert, glauben wir fest, dass sie alle ohne Substanz sind", sagte Aberle. "Am Ende des Tages wollen sie im Grunde weniger für die Technologie bezahlen, die sie verwenden. Es ist ziemlich einfach. "

Qualcomm senkt Gewinnprognosen

Als Folge der Entscheidung von Apple, keine Lizenzgebühren mehr zu zahlen, da beide Unternehmen auf die Ergebnisse ihrer jeweiligen Gerichtsverfahren warten, hat Qualcomm seine Gewinnprognosen gesenkt. Konkret erhält Qualcomm keine Zahlungen mehr von Apples Vertragsherstellern.

"Ohne eine vereinbarte Rate, um festzustellen zu können, wieviel geschuldet wird, haben wir Zahlungen ausgesetzt, bis der korrekte Betrag vom Gericht bestimmt werden kann", sagte ein Apple-Sprecher.


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