Renesas Electronics

«NFC ist eine Technologie, die uns noch fehlte«

27. März 2023, 7:11 Uhr | Iris Stroh
Dr. Sailesh Chittipeddi von Renesas: »Bei allen Übernahmen geht es darum, unser eigenes Know-how zu ergänzen und Technologien zuzukaufen, die komplementär zu unseren Möglichkeiten in unserem Kernbereich „Embedded Processing“ sind. Das gilt auch für die Übernahme von Panthronics.«
© Renesas

Renesas Electronics hat Panthronics übernommen. Dr. Sailesh Chittipeddi, Executive Vice President und General Manager der IoT und Infrastructure Business Unit von Renesas, ist überzeugt, dass dadurch eine wichtige Lücke bei Renesas geschlossen wurde.

Markt & Technik: Renesas Electronics war wieder einmal „shoppen“, dieses Mal hat das Unternehmen die österreichische Firma Panthronics übernommen, ein Spezialist für NFC. Ist das eine Technologie, die für Renesas wirklich wichtig ist?

Sailesh Chittipeddi: Auf alle Fälle. Diese Übernahme ist ein weiteres Puzzle-Teil, das für unsere Strategie wichtig ist, denn wir wollen alle wichtigen Kommunikationstechnologien sowohl im Short- als auch im Long-Range-Bereich abdecken können. Und im Hinblick auf NFC hatten wir definitiv eine Lücke, die wir schließen mussten. Wir verfügen dank diverser Übernahmen wie Celeno oder Dialog Semiconductor aber auch eigenen Entwicklungen mittlerweile über Wi-Fi, UWB, Bluetooth und Sub-GHz-Technologien wie Wi-SUN oder 6LoWPAN. Mit Panthronics können wir jetzt auch die NFC-Kommunikation abdecken, die eine kurze Reichweite von 10 cm und Datenraten von 424 kbps umfasst.

Aber gibt es viele Anwendungen, in denen NFC eingesetzt wird und die für Renesas wichtig sind?

Ganz sicher, denn NFC spielt in vielen Anwendungsbereichen, die Renesas adressiert eine Rolle. Ein Beispiel ist das »NFC Laden«. Hier ist Renesas bereits aktiv und hier hilft uns die NFC-Technologie auf alle Fälle. Aber wir sind auch ein wichtiger MCU-Anbieter in den Bereichen Automotive sowie Industrie, und auch in diesen Absatzmärkten stellt die NFC-Technologie eine wichtige Kommunikationstechnologie dar. Sie wird in vielen Anwendungen eingesetzt, angefangen bei mPOS-Terminals, über Verkaufsautomaten, bis hin zu drahtlosen Headphones oder Smart-Watches - in all diesen Anwendungen wird NFC genutzt. Oder denken Sie an das Laden von Elektrofahrzeugen, auch hier spielt NFC eine wichtige Rolle, wenn es um das Bezahlen geht. Hier können wir bereits viele Technologien anbieten, außer eben NFC, jetzt ist diese Lücke geschlossen. Aber es gibt noch viele weitere Möglichkeiten. Denken Sie an intelligente Schlüsselsysteme und schlüssellose Zugangssysteme, hier spielt die NFC-Technologie eine wichtige Rolle.

NFC ist in vielen Anwendungsbereichen wichtig, so dass wir diese Technologie beispielsweise zur Ergänzung unseres Mikrocontroller-Geschäfts, aber auch für unsere Produktpalette in allen Embedded-Processing-Bereichen nutzen können. Das heißt: Mit Panthronics können wir eine Technologie anbieten, die wir bislang nicht hatten, und das gilt sowohl in Hinblick auf unsere Winning Combinations als auch langfristig, wenn es um die Integration dieser Technologie in unsere Produkte wie Mikrocontroller und Mikroprozessoren geht. Das heißt aber auch, dass wir unsere Security-Funktionen in Zukunft mit NFC ergänzen können.

Es gibt bereits etablierte Anbieter, die NFC im Portfolio haben, wie kann hier Renesas als Späteinsteiger punkten?

Stimmt, es gibt Wettbewerber, die hier bereits gute Arbeit geleistet haben. Aber ich denke, dass es auf dem Markt genug Platz für eine größere Anzahl von Akteuren gibt. Außerdem ist die NFC-Technologie von Panthronics mehr als wettbewerbsfähig.

Inwiefern?

Panthronics nutzt eine Sinuswelle, das ist einzigartig. Die Sinuswelle hat entscheidende Vorteile. Dazu gehört beispielsweise eine Reduktion in Hinblick auf Komplexität, Größe und Kosten, denn dank der Sinuswellentechnik sind keine EMI-Filter notwendig. Damit erhält der Entwickler aber auch mehr Spielraum. Denn damit ist ein Rx-Anschluss direkt an der Antenne möglich, so dass die Empfindlichkeit um einen Faktor von über 2 steigt. Hinzu kommt noch, dass die Tx-Verbindung direkt an der Antenne es möglich macht, dass die abgegebene Leistung über 2 W liegt, also höher als die typischen 1,8 W. Und dank der überflüssigen Filter fällt auch eine Resonanzschaltung weg, das heißt, dass die Entwicklung einfacher und damit schneller wird. Außerdem erlaubt die Panthronics-Technologie eine genaue Steuerung der Wellenformung für Über/Unterschwinger und damit eine einfachere Zertifizierung.

Wie bewerten Sie TouchBase als Alternative zu NFC?

TouchBase kam irgendwann um 2013 auf den Markt und damals hieß es, dass es NFC verdrängen wird. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass es genau umgekehrt der Fall ist, denn NFC erlaubt eine sichere bidirektionale Kommunikation mit begrenzter Datenrate, ein Punkt, der in vielen Fällen absolut entscheidend. Bei TouchBase fallen zusätzliche Kosten an, wie beispielsweise die Verwendung von leitfähigen Druckfarben, die nie wirklich einen breiten Nutzerkreis angesprochen haben. Aus meiner Sicht gelang TouchBase aus diesem Grund auch niemals der wirkliche Durchbruch.

Spielt die NFC-Technologie beiden Business-Units in die Hände, oder liegt der Vorteil mehr auf der Seite Ihrer IIBU?

Sie hilft in beiden Geschäftsbereichen, denn die NFC-Technologie ist ganz grundsätzlich eine wichtige Kommunikationstechnologie, die einfach hervorragend zu unserem bestehenden Produktportfolio passt. Aus Panthronics Sicht wiederum verfügen wir über Vertriebskanäle, die das Unternehmen bislang nicht hatte. Darüber hinaus besteht Bedarf im Markt, auch unsere Kunden sind an dieser Technologie interessiert. Das heißt, dass wir mit dieser Kommunikationstechnik unseren adressierbaren Gesamtmarkt vergrößern können. Ein tolles Beispiel dafür sind Ladestationen für Elektrofahrzeuge, für die es mehrere Produkte im Rahmen unserer Referenzdesigns gibt. Dank der NFC-Technologie von Panthronix haben wir nun auch die Möglichkeit, den Bezahlvorgang zu unterstützen. Mit Panthronics können wir diese Anwendung mit mehr Produkten abdecken, aber das gilt natürlich auch für Anwendungen jenseits von Automotive.

Das Interview führte Iris Stroh

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